Stückinfo

Uraufführung – Auftragswerk von Schalke 04 und MIR

Buch Michael Klaus
Musik Enjott Schneider
Liedtexte Bernd Matzkowski
Mitarbeit an Liedtexten Matthias Davids und Roman Hinze
Idee und Konzeption Matthias Davids, Johann Casimir Eule, Wiebke Hetmanek, Michael Klaus, Bernd Matzkowski, Michael Klaus

Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen
Premiere 09. Mai 2004

Medien

(Produktionsfotos: Rudolf Majer-Finkes)

Leitungsteam

Regie
Matthias Davids
Musikalische Leitung
Kai Tietje
Choreografie
Melissa King
Bühne
Knut Hetzer
Kostüme
Judith Peter
Dramaturgie
Johann Casimir Eule
Dramaturgie
Wiebke Hetmanek

Darsteller

Gott
Andreas Windhuis
Der Alte
Heinz W. Krückeberg
Jojo
Rasmus Borkowski
Louisa
Carina Sandhaus
Stephan Krause
Sören Kruse
Ümit
Evren Pekgelegen
Anna
Isabel Classen
Aurora
Richetta Manager
Mücke
Oliver Sekula
Gisela Schrader
Inez Timmer
Präsident
Niklaus Rüegg
Manager
Thorsten Tinney
Trainer
Charlie Serrano
Sigrid Stegemann
Gisela Kraft
Dipl. Ing. Berthold Stegemann
Heiner Dresen
Ensemble
Frank Berg
Ensemble
Korbinian Arendt
Ensemble
Friedrich Bührer
Ensemble
Adrian Hochstrasser
Ensemble
Andrew Hunt
Ensemble
Tamasz Mester
Ensemble
Till Nau
Ensemble
Aleksandar Prelic

Presse

Gott, steh auf, du bist ein Schalker

Hier ist das Theater wieder moralische Anstalt: Diese Aufführung soll der Mannschaft Vorbild sein. Denn wenn Schalke 04 in der neuen Saison nur annähernd so offensiv, dribbelstark, trickreich, begeistert und begeisternd auftritt wie das Musiktheater im Revier, ist sehr viel mehr drin als dieser schmähliche siebte Platz - hinter zwei Vereinen, deren Namen auch nur zu nennen sich verbietet.

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FAZ 11. Mai 2004 

Musical
Gott, steh auf, du bist ein Schalker
Von Andreas Rossmann

10. Mai 2004. War Yves Klein Schalke-Fan? Sind die berühmten blauen „Schwämme“, monochrome Reliefs, die das Foyer des Theaters in Gelsenkirchen zusammenhalten, eine Anspielung auf den Fußballclub? Jedenfalls kommt ihre Farbe dem Königsblau der „Knappen“ verdächtig nahe, und die waren 1958, als das von Werner Ruhnau entworfene Haus im Bau war, gerade zum letzten Mal deutscher Meister geworden.

So könnte es sein, daß Yves Klein sich von der Farbe, in die die Stadt damals getaucht wurde, inspirieren ließ. Doch mußten fünfundvierzig Jahre vergehen und Schalke 04 seinen hundertsten Geburtstag feiern, bevor uns das auffallen und dieses kleine Rätsel der Kunstgeschichte – die Rezeptur gilt als geheim – gelöst werden konnte.

Selbstironisch und liebevoll-kritisch

„Die ham mich für bekloppt erklärt“, sagt Rudi Assauer über die Mitglieder des Vorstands, als er vorschlug, zum Jubiläum ein Musical in Auftrag zu geben. Das war vor elf Monaten, und so mußte alles sehr schnell gehen. Inhaltliche Auflagen machte der „bekennende Kulturbanause“ keine und damit, wie sich herausstellen sollte, alles richtig.

Denn mag Schalke 04 die Qualifikation für den Uefa-Cup am Samstag mit der Niederlage in Mönchengladbach verspielt haben, den Fußballmusical-Cup hält es bereits in Händen. Keine dramatisierte Vereinschronik mit besungenen Jahreszahlen, sondern eine selbstironische, liebevoll-kritische Hommage an den „geilsten Club der Welt“ wurde in Szene gesetzt. Die Uraufführung versetzte nicht nur Assauer, der sie, während Rudi Völler ganz links saß, in der ersten Reihe Mitte genoß, ins Schwärmen. Und alles ward gut.

Bestechungsskandal und Abstiegsgespenst

Der Titel „Nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“ spielt auf ein Plakat an, das die Zeugen Jehovas 1973 in Gelsenkirchen aushingen – und das ein Schalke-Fan mit dem Zusatz versah: „außer Libuda“. Doch das bleibt Assoziation. Held ist nicht der legendäre Flankengott Reinhard „Stan“ Libuda, sondern ein siebzehnjähriges Talent namens Jojo Schrader, an das sich alle Hoffnungen knüpfen.

Noch aber führt Stephan Krause die Mannschaft, deren Stern im Sinken ist. Der Zocker ist hoch verschuldet und deshalb bereit, einen Elfmeter zu versemmeln. Schalke 04 in der frühen Achtzigern: Der Bestechungsskandal hallt noch nach, und das Abstiegsgespenst geht um. Stoff für ein Musical, das mit Love-Story und Intrigen, Generationenkonflikten und Fanfrustrationen, Kumpeltreue und Wettkampfkonkurrenz die Ingredienzien eines großen Dramas hat.

Ein Handel mit Gott

Gott tritt auch auf. Mit Rauschebart und blau-weißem Nachthemd öffnet er in der ersten Szene die Fensterläden und will den „Alten“ holen. Der, ein bärbeißiger Schalke-Fan mit aktiver Vergangenheit, hockt vor dem Lautsprecher, gegen den HSV sind es noch achtzehn Minuten. Ob die Mannschaft absteigt, will er aber noch wissen, und so handelt er eine Frist aus. Doch es bleibt beim Nullnull, die Entscheidung ist verschoben. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, in der Gott, wie er sich eingestehen muß, den Menschen näher kommt, und einer Rahmenhandlung, in der die beiden als Kommentarfiguren auftreten.

Es wird eine aufregende Woche: Die Fans beten, Trainer, Manager und Präsident streiten sich, und die Cello-Schülerin Louisa hat mit ihrer Vespa einen Unfall und fliegt, auch im übertragenen Sinn, auf Jojo, als der sich gerade in Auroras Tattooladen die Brust dekorieren läßt. Doch das ist erst der Anfang von Turbulenzen, in denen es sich der leichtsinnige Schnösel mit dem Trainer wie auch mit Louisa verscherzt, zum Schwarm der Frauen im Friseursalon seiner Mutter wird und nach vielen Komplikationen von Rocker Mücke, Kumpel Ümit und Louisas Freundin Anna auf den richtigen Weg gebracht wird. Auch eine schrille Milieusatire zwischen Schalker Markt und Louisas wohlbehütetem Elternhaus in Korschenbroich: Am Ende rettet Jojo mit einem Tor in letzter Minute Schalke vor dem Abstieg. Statt den Alten heimzuholen, aber hat der Herr Jahreskarten besorgt, um mit ihm ins Stadion zu ziehen. Gott wird Schalker.

Der Pott kocht über

Wenn das keine himmlische Botschaft ist! Wie Michael Klaus (Buch) und Bernd Matzkowski (Songtexte), zwei Gelsenkirchener Autoren und dem Verein seit Kindertagen verbunden, das mit bissigen Kommentaren, Pointen und Seitenhieben an den Mann und die Mannschaft bringen, wird aber kein glitzerndes Jubelmusical daraus. Die Musik von Enjott Schneider bedient sich eklektisch-routiniert bei Swing und Soul, Disko- und Türkpop, Opern- und Oratorienpathos, die witzige Story und mehrschichtige Dramaturgie aber bewahren das Musical vor der gefälligen Glätte, die dem Importgenre im deutschen Stadttheater meist anhaftet.

Die Gesänge der Fans werden mehrfach, so in der Hymne „Steh auf, wenn du Schalker bist“, aufgenommen, um anschließend „a cappella“ demontiert zu werden. Von Matthias Davids mit Schmackes inszeniert, von Melissa King temperamentvoll choreographiert, von Knut Hetzer mit rasanten Rollbühnenbildern möbliert und von Kai Tietje mit Verve dirigiert, entwickelt „Nullvier“ den Zug zum Kult. Die Liaison zwischen dem Kicker und der Cellistin wird auf der Bühne als Vermählung von Fußball und Musik vorweggenommen und läßt eine Euphoriewelle durchs Haus schwappen. Der Pott kocht über!

Was Rudi Assauer mit seiner bekloppten Idee ins Werk gesetzt hat, mußte jedem Premierenbesucher, ob Schalke-Fan oder nicht, klarwerden. Hier ist das Theater wieder moralische Anstalt: Diese Aufführung soll der Mannschaft, die fast vollzählig erschienen war, Vorbild sein. Denn wenn Schalke 04 in der neuen Saison, nur annähernd so offensiv, dribbelstark, trickreich, begeistert und begeisternd auftritt wie das Musiktheater im Revier, ist sehr viel mehr drin als dieser schmähliche siebte Platz – hinter zwei Vereinen, deren Namen auch nur zu nennen sich verbietet.

 

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FAZ

Gott ist ein Schalker

Dem Regisseur Matthias Davids gelingt es, Gags und Emotion in einer sympathischen Waage zu halten. Die Teilnahme am UEFA-Cup hat der FC Schalke am Wochenende verspielt. Aber seit Sonntag ist S 04 deutscher Musicalmeister.

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Frankfurter Rundschau 11. Mai 2004 

Gott ist ein Schalker

Ein Fußballclub gibt sich ein Musical: Die Uraufführung von Enjott Schneiders „Nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“

VON STEFAN KEIM

Ein alter Mann sitzt vor dem Radio und hört eine Fußballübertragung. Schalke kämpft in den 80er Jahren gegen den Abstieg. 18 Minuten sind noch zu spielen, es steht 0 : 0. Plötzlich greift sich der alte Mann ans Herz, ein Fenster öffnet sich, der liebe Gott schaut herein. „Jetz nich“ sagt der Alte und handelt eine Frist heraus. Bevor er stirbt, will er wissen, ob Schalke den Klassenerhalt schafft. Es fällt kein Tor, die Entscheidung ist verschoben.

Gott wandert mit dem Alten, den Heinz W. Krückeberg leicht angelehnt an Ruhrgebietscomedian Herbert Knebel mit knorriger Kauzigkeit spielt, über den Schalker Markt, lernt Spieler und Fans kennen, nähert sich den Menschen, die er lange aus weiter Ferne beobachtet hat. Librettist Michael Klaus legt den ungleichen Wanderern geistblitzende Pointen in den Mund, die Krückeberg und Andreas Windhuis als Märchengott mit weißem Nachthemd und Rauschebart herrlich beiläufig servieren. „Du musst eben mehr an mich glauben“ ist ein Argument des Alten Gott gegenüber, dann wählt er die Nummer der Schalker Geschäftsstelle, hält Gott den Hörer hin und sagt: „Komm, mach, dass die Lahmen gehen.“

Steht auf, wenn ihr Schalker seid

Nullvier – keiner kommt an Gott vorbei ist ein Auftragswerk des FC Schalke zu seinem hundersten Geburtstag. Das Musiktheater im Revier hatte volle künstlerische Freiheit, und so konnten Michael Klaus, Vizepräsident des deutschen PEN, und Songtexter Bernd Matzkowski, Sohn eines ehemaligen Schalker Bundesligaspielers, eine satirische und selbstironische Geschichte schreiben. Sogar den Korruptionsskandal der siebziger Jahre haben sie eingebaut. Ein zentraler Spieler hat Geldprobleme, lässt sich kaufen und verschießt absichtlich Elfmeter im Abstiegskampf.

Komponist Enjott Schneider, bekannt durch Filmmusiken und Literaturopern, mischt effektvoll verschiedene Stile vom klassischen amerikanischen Musical im eleganten Stile Cole Porters über türkischen Pop, erdigen Rock und auch Fangesänge kommen vor. Das Finale des ersten Aktes ist die mit voller Orchesterwucht intonierte Stadionhymne „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“, und niemand blieb bei der Premiere sitzen, auch Bundestrainer Rudi Völler nicht. Doch dann kommt ein Bruch, das Orchester hört auf zu spielen, und man hört die Grölmelodie als mehrstimmigen A-cappella-Chorsatz. Das Musiktheater befriedigt nicht nur die Erwartungen der Fußballfans, es zeigt Flagge. „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ kann auch ein subtiler Opernchor sein. Dem Regisseur Matthias Davids gelingt es, Gags und Emotion in einer sympathischen Waage zu halten. Nullvier ist auch eine Liebesgeschichte zwischen dem talentierten 17jährigen Fußballer Jojo (stimm- und ballsicher Rasmus Borkowski) und der Fabrikbesitzertochter Louisa (Carina Sandhaus), die eine Karriere als Cellistin anstrebt. Jojo taumelt durch sein Leben, hat sein Ziel noch nicht erkannt, und hält sich schon für einen Star, bevor er sein erstes Bundesligaspiel bestreitet. Die Fans und Funktionäre verbreiteten bei der Premiere eine Riesenstimmung. „Schalke“ riefen Besucher nach der Pause aus dem ersten Rang, „Nullvier“ donnerte die Antwort aus dem Parkett. Knut Hetzers Bühnenbild verwandelt sich rasant in immer neue Szenerien, Kai Tietjen dirigiert bei allem Schwung mit Gespür für Feinheiten.

Erst mal Dauerkarten

„Keiner kommt an Gott vorbei“ stand vor vielen Jahrzehnten auf einem Plakat in Gelsenkirchen. „Außer Stan Libuda“ hatte ein Fan dazu geschrieben. Am Ende von Nullvier schlägt Gott, der längst zum Schalker geworden ist, dem alten Fußballfan vor, das Sterben könne man ja zurück stellen, er wolle erst mal Dauerkarten fürs Stadion besorgen. „Nein, nein“, sagt der Alte, man solle nichts übertreiben, denn in Wahrheit komme keiner an Gott vorbei. Dann gehen sie zusammen in den königsblauen Schalkehimmel. Die Teilnahme am UEFA-Cup hat der FC Schalke am Wochenende durch die Niederlage in Mönchengladbach verspielt. Aber seit Sonntag abend ist S 04 deutscher Musicalmeister.

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Frankfurter Rundschau

«nullvier» - Schalke-Musical begeistert gefeiert

Am Ende der rund dreistündigen Vorstellung herrschte im Musiktheater im Revier eine Stimmung wie bei Heimspielen des traditionsreichen Revierclubs. "Schalke", riefen die Darsteller - "nullvier" brüllten die Zuschauer zurück, die schon zuvor dem Schlachtruf "Steht auf, wenn ihr Schalker seid" nachgekommen waren.

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Süddeutsche Zeitung 11. Mai 2004 

«nullvier» – Schalke-Musical begeistert gefeiert

Gelsenkirchen (dpa) – Das Thema war Neuland, die Zeit für die Umsetzung knapp – doch nach der Uraufführung des Musicals «nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei» gab es nur strahlende Gesichter.

Rund 1000 geladene Gäste bejubelten am Sonntagabend in Gelsenkirchen die Premiere eines weltweit einmaligen Projektes, das der Fußball- Bundesligist FC Schalke 04 anlässlich seines 100. Geburtstages in Auftrag gegeben hatte. Am Ende der rund dreistündigen Vorstellung herrschte im Musiktheater im Revier (MiR) eine Stimmung wie bei Heimspielen des traditionsreichen Revierclubs. «Schalke», riefen die Darsteller – «nullvier», brüllten die Zuschauer zurück, die schon zuvor dem Schlachtruf «Steht auf, wenn ihr Schalker seid» nachgekommen waren.

«Ich hatte hohe Erwartungen, aber die sind noch weit übertroffen worden», lobte Schalke-Präsident Gerd Rehberg, dem die temporeiche Inszenierung ebenso gefiel wie Rudi Assauer, der vor zehn Monaten die «bekloppte Idee» für das Musical hatte. «Ich als bekennender Kultur-Banause muss sagen: Es war genial, einfach klasse», schwärmte der Manager, der das gesamte Ensemble bei der anschließenden Premierenfeier spontan zu einem Schalke-Spiel einlud. Auch der Teamchef der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Rudi Völler, stimmte in den Jubelchor ein: «Das war eine ganz tolle Sache. Es hat großen Spaß gemacht, das zu sehen.» Schalkes Teammanager Andreas Müller hatte sogar «Tränen in den Augen».

Für die Verantwortlichen des Musiktheaters war das Schalke-Musical eine große Herausforderung. «Eigentlich braucht man für ein solch großes Projekt zwei Jahr Vorbereitungszeit», gestand Generalintendant Peter Theiler. Doch er fand schnell das richtige Team, um die Idee umzusetzen. Das Buch schrieb der Gelsenkirchener Michael Klaus, der sich als Hörspiel- und Drehbuchautor einen Namen machte. Bernd Matzkowski, dessen Vater Paul in den 50er Jahren Schalker Lizenzspieler war, lieferte die Songtexte. Und als Komponist konnte Enjott Schneider verpflichtet werden, der für zahlreiche Film- und Fernsehspiele («Stalingrad», «Herbstmilch») und TV-Produktionen («Tatort», «Stauffenberg») die Musik schrieb. So entstand unter der Regie von Matthias Davids und der musikalischen Leitung von Kai Tietje ein stimmiges und poppiges Werk, das mehr als eine Hommage an Schalke ist. «Zuletzt wurde noch vieles mit der heißen Nadel gestrickt», gestand Tietje, der «gemessen an der kurzen Zeit» mit dem Endprodukt und der Resonanz beim Publikum «sehr zufrieden» war.

«Nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei» erzählt die Geschichte des 17-jährigen Fußballtalents Jojo (Rasmus Borkowski), der Anfang der 80er Jahre die vom Abstieg bedrohten Schalker im letzten Saisonspiel (natürlich gegen den BVB) retten soll. Ausgerechnet jetzt verstrickt sich der schnöselige Hoffnungsträger in eine schwierige Liebesbeziehung zur jungen Cellistin Louisa (Carina Sandhaus) und wird von seiner eigentlichen Aufgabe auf dem Rasen abgelenkt.

Wahre Highlights sind die witzigen Dialoge zwischen Gott, der zu sehr menschelt und das Schalker Problem nicht lösen will, und einem Rentner und treuen Knappen-Fan. «Mach, datt die Lahmen wieder gehen», fleht «der Alte» im besten Ruhrpottslang um überirdische Hilfe und spricht damit auch dem bekennenden Schalke-Fan, Schauspieler Peter Lohmeyer («Das Wunder von Bern»), aus der Seele: «Schalke hat ja viel mit Religion und Glauben zu tun. Wenn man an den Verein glaubt, kommen auch bessere Zeiten.»

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Süddeutsche Zeitung

Göttlicher Dribbelwitz

Göttlicher Dribbelwitz - Der Verein hat das Stück beim Gelsenkirchener Musiktheater im Revier sich selbst zum 100. Geburtstag bestellt und sich eine überraschend kesse, dialogwitzige, von Matthias Davids quirlig inszenierte Satire eingefangen, deren Spott selbst Manager und Spielermütter nicht ausnimmt.

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Die Zeit, 13.5.04 

Göttlicher Dribbelwitz

Die Saison 2003/2004 hat Schalke 04 vergeigt, doch für Hoffnung ist es nie zu spät. Wie wäre es, wenn Gott die königsblauen Gebete erhörte? Und siehe, mit Rauschebart steigt er herab zu dem alten Fan am Kofferradio. ER hört die Bundesligakonferenz und steht am Spielfeldrand. ER begegnet dem Gespenst des Abstiegs und der Bestechlichkeit, fast ist ER verwundert, dass lahme Gelsenkirchener zu gehen beginnen, und lächelt, wenn das Supertalent Jojo Schrader, Olaf Thon ähnlich, in der 90. Minute den rettenden Treffer ins Netz jagt. Überhaupt wird im Musical nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei der Ball flach gehalten. Der Verein hat das Stück beim Gelsenkirchener Musiktheater im Revier sich selbst zum 100. Geburtstag bestellt und sich eine überraschend kesse, dialogwitzige, von Matthias Davids quirlig inszenierte Satire eingefangen, deren Spott selbst Manager und Spielermütter nicht ausnimmt (Texte von Michael Klaus und Bernd Matzkowski). Natürlich darf Romantik nicht fehlen, Jojo hat nämlich eine Liebschaft, Louisa, die Cellistin. Bald kennt er nicht nur Bananenflanken, sondern auch Vivaldi. Unterhalb dessen Spielklasse erweist sich Enjott Schneider als geschickter Stiljongleur zwischen Big-Band-Groove, Chorpolyphonie und Popsong. Der Anfeuerungshymnus „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ bleibt weiterhin von den Pet Shop Boys geborgt. Am Ende herrscht Seligkeit, und der Allmächtige kann den Alten in die Ewigkeit führen. Dort erwarten ihn Schalkes mythische Helden, allen voran Reinhard „Stan“ Libuda, der mit seinen Dribblings – so die Legende, die dem Titel seinen Pfiff gibt – sogar an Gott vorbeigekommen wäre. 

Wolfram Goertz

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Die Zeit

Gott ist ein Schalker

Regisseur Matthias Davids hat in einem rasant die Szenen wechselnden Bühnenbild ganze Arbeit geleistet. Die Dialoge (...) haben einen geistblitzenden Witz, als seien sie von Kurt Tucholsky. Bisher sind fast alle Versuche, Fußball auf das Theater zu bringen, missglückt. Das Musiktheater im Revier nutzt den Steilpass des FC Schalke, gerät nie ins Abseits und erzielt einen Treffer nach dem anderen.

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die deutsche bühne, Juni 2004

Gott ist ein Schalker
Das Musiktheater im Revier siegt mit dem Musical „nullvier“

Schalke steht vor dem Abstieg. Die Vereinsführung ist unfähig, der wichtigste Spieler bestochen, die Fans verzweifeln. Da kommt ein junger Spieler aus der Amateurmannschaft und gibt dem Verein neue Hoffnung. Das ist nur eine von vielen Geschichten, die Librettist Michael Klaus und Songtexter Bernd Matzkowski in ihrem Musical „nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“ erzählen. Sie entwerfen ein liebevoll-satirisches Bild von Gelsenkirchen in den achtziger Jahren. Fußball ist das Zentrum, am Balle hängt, zum Balle drängt doch alles. Nur Louisa (Carina Sandhaus) nicht, eine junge Cellistin aus großbürgerlichem Hause; doch das ändert sich, als sie Supertalent Jojo (glaubwürdig und ballgewandt: Rasmus Borkowski) kennen lernt. 

Der als Film- und Opernkomponist bekannte Enjott Schneider hat eine enorm wirkungsvolle Theatermusik geschrieben. Harter Rock steht neben anrührenden Schmalzmelodien, Anklänge an türkischen Pop wechseln mit schwungvoll-eleganten Nummern, die an Cole Porter erinnern. Die Stadiongrölhymne „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ mutiert zum mehrstimmigen Opernchor. Dirigent Kai Tietje und ausgezeichnete Sänger sorgen für hohes musikalisches Niveau. Die Figuren wirken sympathisch, die Pointen zünden, Regisseur Matthias Davids hat in einem rasant die Szenen wechselnden Bühnenbild ganze Arbeit geleistet.

Zum Zentrum der Aufführung wird ein von Heinz W. Krückeberg kauzig-authentisch gespielter alter Mann, der mitten in der Radioübertragung eines Fußballspiels sterben soll. Er handelt mit dem lieben Gott, will noch mitkriegen, ob Schalke den Klassenerhalt schafft. Der Rauschebartgott im weißen Nachthemd lässt sich darauf ein, ist fasziniert von der Fußballbegeisterung des Alten und seines Umfelds, taucht nach langer Distanz ins Leben ein – und wird natürlich zum Schalker. Die Dialoge des kleinen, alten Fußballfans mit dem ebenso wuchtigen wie weltfremden lieben Gott haben einen geistblitzenden Witz, als seien sie von Kurt Tucholsky.

Bei der Premiere herrschte eine Riesenstimmung. Fans brüllten „Schalke“ von den Rängen, und das Parkett antwortete „Nullvier“. Viele waren zum ersten Mal im Theater und begeistert von den kraftvollen Choreografien, der ebenso mitreißenden wie intelligenten Musik und dem furiosen Gelsenkirchener Ensemble. Bisher sind fast alle Versuche, Fußball auf das Theater zu bringen, missglückt. Das Musiktheater im Revier nutzt den Steilpass des FC Schalke, gerät nie ins Abseits und erzielt einen Treffer nach dem anderen.

Stefan Keim

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die deutsche bühne

Standing Ovations für "nullvier"

Das alles ist liebevoll und mit ausgesprochen viel Sinn für Witz, Details und die Besonderheiten des Ruhrgebiets inszeniert. Die Musik geht ins Ohr, alle Rollen sind hervorragend besetzt.

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WDR, 9.5.04 

Standing Ovations für „nullvier“

Schalke feiert sich mit eigenem Musical

Von Holger Schwesinger

Interessieren sich Musikfreunde für Fußball? Und kann man Schalke-Fans für ein Musical begeistern? Genau dieses Experiment wagt das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier – und das mit Erfolg. Zum 100. Geburtstag des FC Schalke ist dort das Musical „nullvier“ zu sehen.

Claus und Monika Kroll, Besucher der Preview; Rechte: WDR/Schwesinger
  Mit Fan-Schal im Theater: Claus und Monika Kroll
 

Vor der Aufführung wird über die Zwischenstände der Bundesliga diskutiert, im Theaterfoyer stehen viele Besucher mit blau-weißen Schals, in der Pause wird Currywurst gegessen. Es sind also offenbar jede Menge Fußballfans unter den Zuschauern der Preview von „nullvier“. Am Tag vor der offiziellen Uraufführung des Schalke-Musicals dürfen sie schon einmal mitfiebern mit dem jungen Fußballtalent Jojo, der auf der Bühne des Musiktheaters im Revier die Gelsenkirchener Fußballehre rettet. „Es gefällt mir super“, meint Claus Kroll, der mit seiner Frau zur Preview am Samstag (08.05.04) gekommen ist. „Schon beeindruckend, was für ein tolles Stück da in so kurzer Zeit entstanden ist“.

Revier-Tussi, Gelsenkirchener Barock und Treffpunkt Trinkhalle

Szene aus dem Musical; Rechte: MIR/Majer-Finkes
Fiebern mit Schalke: Szene aus „nullvier“  
 

Gerade mal ein Jahr hatte das Team um Komponist Enjott Schneider Zeit, um die ungewöhnliche Idee, ein Musical zum Jubiläum des FC Schalke zu schreiben, in die Tat umzusetzen. Herausgekommen ist ein Stück, das sehr liebevoll mit vielen Klischees des Ruhrgebiets spielt: Die blondierte und ondulierte „Revier-Tussi“ taucht ebenso auf wie der soziale Treffpunkt Trinkhalle, das Wohnzimmer im „Gelsenkirchener Barock“ oder der spießig-gepflegte Vorgarten, der dem Gruga-Park Konkurrenz zu machen versucht. Im Mittelpunkt steht aber natürlich die Begeisterung für Fußball im Allgemeinen und für Schalke im Besonderen.

„Steht auf, wenn ihr Schalker seid!“

Die Hauptdarsteller Rasmus Borkowski (Jojo) und Carina Sandhaus (Louisa); Rechte: MIR/Majer-Finkes
  Fußballer Jojo und Cellistin Louisa
 

Das Stück spielt in der 80er Jahren: Der Verein dümpelt am Ende der Tabelle dahin, die Rettung vor dem Abstieg soll der junge Nachwuchsspieler Jojo Schrader bringen. Bis das entscheidende Tor fällt, muss sich Jojo gegen dunkle Machenschaften seines ehemaligen Idols wehren, den Besuch im Tattoo-Studio überstehen, den altbackenen Friseursalon seiner Mutter aufpolieren und das Herz der jungen Cellistin Louisa gewinnen. Das alles ist liebevoll und mit ausgesprochen viel Sinn für Witz, Details und die Besonderheiten des Ruhrgebiets inszeniert. Die Musik geht ins Ohr, alle Rollen sind hervorragend besetzt. Spätestens, wenn von der Bühne zum ersten Mal „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ zu hören ist, springt der Funke vollends aufs Publikum über: Auf den Rängen und im Parkett erheben sich „die Schalker“ von ihren Plätzen und klatschen mit – ein eher ungewöhnliches Bild in einem Musiktheater.

Als eine Art Running-Gag taucht Rentner Karl immer wieder während des Stücks auf. Seine Zeit auf Erden wäre eigentlich abgelaufen. Doch sterben, bevor der FC Schalke vor dem Abstieg gerettet ist – das geht nun wirklich nicht. Davon überzeugt er schließlich sogar den lieben Gott. Zum Ende der Preview gibt es stehenden Applaus für „nullvier“.

"nullvier"-Plakat an einer Haltestelle; Rechte: WDR/Schwesinger
Soll auch die Fan- Gattin ansprechen: „nullvier“-Plakat  
 

„In Wirklichkeit fluchen die Fans mehr“

Vieles an dem Stück mag den Schalke-Fan an das reale Leben erinnern: Die eingespielten Kommentare von WDR-2-Reporter Manni Breuckmann oder die Schlachtrufe zum Beispiel. Für Susanne Domnik – nach eigener Einschätzung „ein hundertprozentiger Schalke-Fan“ – wird manches aber „zu schön“ dargestellt: „In Wirklichkeit fluchen die Fans viel mehr“, meint sie lachend. Und wen lockt „nullvier“ nun ins Musiktheater? Den Schalke-Fan oder doch eher dessen Ehefrau, die sich bislang kaum für Fußball begeistern konnte? „Das ist auf alle Fälle nicht nur was für Schalke-Anhänger“, meint Preview-Besucher Kroll. Seine Ehefrau Monika nickt zustimmend.

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WDR

Fahrt hin, wenn ihr Schalker seid!

Die Texte von Michael Klaus und Bernd Matzkowski sind witzig, flott und böse, das Stück hat satirisches Potenzial, was umso mehr zu bestaunen ist, als Schalke das Musical in Auftrag gegeben hat. Der Präsident hohl, der Manager pomadig, der Stürmer bestechlich: Das ist dem Leben abgeguckt, und der Saal schüttelt sich vor lachendem Grausen. Die Musik hat Enjott Schneider geschrieben, eine scheckige, doch ungemein flotte Stilmixtur aus Big-Band-Groove, Chorfuge und Popsong... Den Jojo singt und spielt Rasmus Borkowski phänomenal, ein elastischer Typ mit einer schmeichelnden Stimme... Fahrt hin, wenn ihr Schalker seid!

Hannoversche Allgemeine Zeitung

Schalke 04 - das Herz vom Revier

Matthias Davids treibt sein exzellentes Ensemble zwischen Trainingsplatz, Pommesbude, Disko und Frisörsalon kraftvoll voran. (...) die witzigen Dialoge zwischen Gott (Andreas Windhuis) und dem Rentner (Heinz W. Krückeberg) (...) gehören zu den Höhepunkten des tempo- und aktionsreichen Jubiläums-Musicals.

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WAZ 11. Mai 2004, Wolfgang Platzek

Schalke 04 – das Herz vom Revier

WAZ Gelsenkirchen. Wenn schon Gott sein weißes Gewand königsblau einfärbt und sich am liebsten eine Jahreskarte kaufen würde, was soll dann ein Menschlein ausrichten? „Schalke, Schalke“ skandieren Ensemble und Publikum beim Finale; dann spätestens ist auch der, dessen Herz eher dem VfL Bochum zugeneigt ist, gegen den Schalke-Virus nicht länger immun.

Aber im Ernst: Wie das Büßerhemd des HERRN (Andreas Windhuis) allmählich mehr und mehr von seiner Grundfarbe verliert, das gehört zu den kleinen, feinen Running Gags. Überhaupt bilden die witzigen Dialoge zwischen Gott und dem Rentner (Heinz W. Krückeberg in Herbert-Knebel-Manier), der seine Lebenszeit um die entscheidenden 18 Spielminuten verlängern will und schließlich handfeste Überzeugungsarbeit leisten muss, um Gott wieder auf Neutralitätskurs zu bringen, zu den Höhepunkten des tempo- und aktionsreichen Jubiläums-Musicals.

Bei der Premiere vor rund 1000 geladenen Gästen, darunter der Teamchef der Nationalmannschaft Rudi Völler und und Bundestrainer Michael Skibbe, gab es nur strahlende Gesichter. Aus verständlichen Gründen. Denn mit dem Musical „nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“, bei dem zwischen den ersten leisen Ideen und der Realisierung auf der Bühne des Musiktheaters im Revier gerade einmal zehn Monate vergingen (normal sind zwei Jahre), ist den Machern ein ganz außerordentlicher Coup gelungen.

Die von dem Gelsenkirchener Autor Michael Klaus erdachte Geschichte um das 17-jährige Fußballtalent Jojo Schrader (Rasmus Borkowski), das in tiefster Abstiegsgefahr für Schalke 04 zum Hoffnungsträger wird, erfüllt alle Erwartungen an einen Musical-Stoff: amüsante Milieustudien, Liebesgeschichte mit Hindernissen, Zuwanderungsland Ruhrpott, Vereinsintrigen, Krimi (verkauftes Fußballspiel)… Bernd Matzkowski, dessen Vater vor einem halben Jahrhundert Lizenzspieler bei Schalke war, hat dazu pointensichere Songtexte verfasst.

Der Komponist Enjott Schneider schließlich, der sonst eher der ernsteren Muse zuzurechnen ist und der durch seine Filmmusiken bekannt geworden ist, legt als Bayer einen bemerkenswerten Revier-Verstand an den Tag. Er hat eine schwungvolle, manchmal sogar fußball-fiebrige Musik geschrieben, die oft auf den packenden Big-Band-Sound der Swing-Ära setzt, die an den Ragtime eines Scott Joplin erinnert und auch schon mal an die Stones, die aber vor allem – immerhin spielt „nullvier“ in den frühen 80ern – eine unangestrengte Verbeugung vor der Atmosphäre von „Saturday Night Fever“ ist.

Einmal allerdings wird der Musical-Komponist von der Stadion-Realität eingeholt. Wenn, zum Finale vor der Pause, die unverzichtbare Hymne „Steh´ auf, wenn du ein Schalker bist“ ertönt, muss man feststellen, dass die „Pet Shop Boys“ mit der Vorlage „Go West“ halt doch den größeren Ohrwurm geliefert haben.

Matthias Davids treibt sein exzellentes Ensemble aus Sängern und Tänzern zwischen Trainingsplatz, Pommesbude, Disko und Frisörsalon kraftvoll voran. Er hat das Glück, mit Carina Sandhaus als höhere Tochter Louisa und Rasmus Borkowski auf zwei prächtige Hauptdarsteller zurückgreifen zu können, denen alle Musical-Wege offen stehen. Die Band unter Kai Tietje brauchte bei der Premiere etwas, um warm zu werden; gerade die Swing-Titel klangen wie das, was sie auch waren: präzise vom Blatt gespielt, etwas eckig, swing-arm. Doch das ist wohl den knappen Probenzeiten geschuldet und wird sich einspielen. Sicher ist, dass an „nullvier. Keine kommt an Gott vorbei“ kein Ruhrie vorbeigehen sollte – wenn er denn überhaupt noch Karten bekommt.

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WAZ

Der liebe Herrgott heißt Käthe

Das Stück besitzt alles für ein gutes Musical: Rasanz, eine Mixtur aus schmissiger, fetziger Musik (die oft wie von Leonard Bernstein klingt), Tanzdynamik, kesse und einfühlsame Songs, Dialogpointen, filmisch verwobene Bilder, eine munter eilende Zickzack-Geschichte, aus der Regisseur Matthias Davids szenische Funken schlagen kann.

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WAZ 11. Mai 2004, HJL

Der liebe Herrgott heißt Käthe

Das Hohelied der Treue singt das Musical „nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“ von Michael Klaus/Enjott Schneider, das am Sonntag im ausverkauften Großen Haus uraufgeführt wurde. Jubel und Bravo-Rufe zum Schluss nach über drei Stunden!

Der Herrgott im Himmel hat einen Namen. Er heißt „Käthe“. Gemeint ist DFB-Teamchef Rudi Völler. Schauspieler Andreas Windhuis alias Gott, der sich in Völler verwandelt, muss Schalker sein. Sein zu Beginn weißes Hemd „bläut“ sich im Laufe der Aufführung ein, und die Schuhe sind ebenfalls blau. Er unternimmt sogar erste Kickversuche…

Ein alter Herr sitzt im Sessel, lauscht einer Radioübertragung eines entscheidenden Schalke-Spiels. Aus lauter Kummer erleidet er (fast) einen Herzinfarkt. Gott erscheint gütig und mahnt, die Zeit sei um. Der Alte (Heinz W. Krückeberg) ringt dem Himmelsboss noch eine Spanne ab. Er will erst 04 retten und Jung-Held Jojo ins Team bringen.

Doch der 17-Jährige hat Flausen im Kopf. Durch einen Unfall landet Cello-Talent Louisa (Carina Sandhaus) genau in jenem Moment auf Jojo, als dieser sich ein Schalke-Tattoo einbrennen lässt. Beide verlieben sich sofort. Doch ohne Probleme läuft die Romeo-und-Julia-Version im Revier nicht ab. Zum guten Ende kommt das Paar zusammen. Jojo schießt den entscheidenen Treffer für Schalke, Louisa bekommt ein Musikstipendium für Paris. Und der Alte? Er wird von Gott liebevoll in den Arm genommen. Abgang.

Das Stück besitzt alles für ein gutes Musical: Rasanz, eine Mixtur aus schmissiger, fetziger Musik (die oft wie von Leonard Bernstein klingt), Tanzdynamik, kesse und einfühlsame Songs, Dialogpointen, filmisch verworbene Bilder, eine munter eilende Zickzack-Geschichte, aus der Regisseur Matthias Davids szenische Funken schlagen kann. Und die Integration der Anhängerschaft: „Steht auf, wenn ihr Schalker seid!“ Schon erweisen alle dem „Mythos Schalke“ als Fans ihre Reverenz.

Schwächen? Es läuft noch nicht alles rund. Die Produktion ist um eine halbe Stunde zu lang. Zeitgeschichte und Verortung spielen eine untergeordnete Rolle: „nullvier“ im Niemandsland. Die Songtexte (Bernd Matzkowski) erreichen nur selten die satirische Pfiffigkeit des Librettos. Da hätte mehr Abstimmung passieren können. Die Vereinsführung bleibt (auch schauspielerisch) blass.

Unterhaltung wird groß geschrieben. Einige Nummern besitzen internationale Klasse oder knackigen Witz. Das gilt für die Tanzvirtuosität (Melissa King), für Alltagsbeobachtung (Friseursalon), für den authentischen Ruhrpottslang von Krückeberg, für die Rockröhre Richetta Manager (Aurora), die der Operndiva augenzwinkernd Ade sagt, für das schwebend leichte, blau grundierte Bühnenbild mit Kiosk „anne Ecke“ (Knut Hetzer). Und mit dem Bayern-Logo!

Aus dem großen, meist von jungen Gästen besetzten Ensemble rücken Rasmus Borkowski (Jojo), Gisela Kraft (Mutter), Evren Pekgelegen (Ümit) und Krückeberg als Doyen der Revierzunft ins Zentrum. Zu stark ins Korsett der zickigen Louisa gepresst, kann sich Carina Sandhaus nur als Sängerin entfalten. Kay Tietje hält die musikalischen Fäden nahtlos zusammen. Die Neue Philharmonie, durch Rockband verstärkt, bevorzugt den kräftigen Sound bei Schneiders abwechslungsreicher Musik. – Das MiR bewies Kompetenz in Sachen Musical. Schalke war ein prima Partner! 

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WAZ

Auf Ballhöhe mit dem lieben Gott

Torjäger Jojo hat in Rasmus Borkowski einen trefflichen Darsteller gefunden, schön gestimmt, sympathisch jungenhaft und mit Gefühl für Ball und Louisa, die Carina Sandhaus tadellos vertont.

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NRZ 11. Mai 2004 

Auf Ballhöhe mit dem lieben Gott

PREMIERE / Das Schalke-Musical „Nullvier“ zwischen Abstieg und Auferstehung im Gelsenkirchener Musiktheater.

GELSENKIRCHEN. Eine Lederhosen-Opera in München? Ein Fohlen-Drama auf dem Bökelberg? Kaum vorstellbar. Es gibt wohl nur eine Mannschaft in der Bundesliga, die genug Mythos ist, dass man auch ihr auch noch ein Musical andichten möchte. Es heißt wie ein vor Jahrzehnten geprägter Schalke-Sinnspruch: „Nullvier -Keiner kommt an Gott vorbei“. Und der spielt auch mit, gewissermaßen als Libero dieses königsblauen Klangcocktails mit Schuss, den Schalke 04 zum 100-jährigen Vereinsjubiläum den Fans serviert. Nicht in der Arena, sonst schon mal gerne Schauplatz großangelegter Jubel-Arien, sondern im Musiktheater im Revier. Da konkurrieren die Yves Klein-blauen Wände im Foyer nun mit den königsblauen Trikots und Schals, die ein echter Fan natürlich auch zur Vor-Premiere trägt. Denn im Musiktheater ist jetzt fast so wie aufm Platz. Nur gespielt wird länger als 90 Minuten.

Geschichte ohne Libuda und Kuzorra

Immerhin: Der Gewinner steht diesmal von Anfang an fest: Schaaalke. Dabei hat Buchautor Michael Klaus die Geschichte ausgerechnet in den 80ern angesiedelt, als der Verein im Abstiegskampf fast schon ein wenig Routine hat. „Kein Aufbäumen, ein pomadiges Gekicke“ muss Manni Breuckmann auch gleich im Radio bemängeln, wenn der Vorhang aufgeht und Heinz W. Krückeberge als alter Fußballfan mit Knebel-Knarzstimme vom Herrgott persönlich heimgerufen wird. Ausgerechnet 18 Minuten vor Abpfiff. Geht jetzt nicht, ab in die Verlängerung. Bis zum nächsten Samstagspiel hat sich der Herrgott schon blassblaue Turnschuhe besorgt. König Fußball geht hier halt vor.

Besonders demütig zeigen sie sich nicht, nicht mal vor der Schalker Vereinsgeschichte, die Spielemacher um Komponist Enjott Schneider. Der ist wohl sowas wie der Ailton des Musikgeschäftes. Schnell, wieselflink und ergebnisorientiert beim Komponieren, bekannt aus Funk, Fernsehen und Marienhof. Schneider schreibt Opern, Ballette und nun Musical: ein Gutteil Pop, ein paar Balladen, Reggae, Rock und Funk mit ein wenig orientalischen Beigaben, was halt in die Beine geht. Denn getanzt wird viel und schmissig und manchmal sogar Fußball-Ballett. Schließlich geht´s um Schalke, auch wenn „Nullvier“ zur Enttäuschung mancher Fans nicht von Stan Libuda und Ernst Kuzorra und nicht vom legendären Schalker Kreisel erzählt. „Nullvier“ ist keine blauweiße Variante des „Wunder von Bern“, sondern eine taktisch ausgerichtete Flanke in die Gegenwart. Also keine vertonte Vereinschronik, sondern eine frei erfundene Story von Jojo Schrader, dem Amateur, der am letzten Spieltag in die 1. Mannschaft kommt und Stephan, den geschmierten Torjäger, vom Platz verdrängt.

Vorher verliebt sich Jojo aber noch in Louisa, cellospielende Tochter aus gutem Hause, die Rosa trägt, bevor es zum Trikottausch kommt. Und wenn das Herz-Schmerz-Gesäusel Überhand nimmt, dann ist es Zeit für eine Hymne: „Wir sind die Fans vom S 04!“ Klatschdiscomarsch und „zieht den Bayern die Lederhosen aus“ gleich hinterher. Dann ist es fast so wie im Stadion, was wichtig ist: 25800 Karten sollen bis Juli verkauft werden, gut zwei Drittel sind schon weg.

27 Vorstellungen hat das MIR anberaumt, 13 Tänzer engagiert, im Orchestergraben sorgen 45 Musiker für den satten Sound, den nicht jede Solostimme mühelos übertönt. Torjäger Jojo hat in Rasmus Borkowski aber einen trefflichen Darsteller gefunden, schön gestimmt, sympathisch jungenhaft und mit Gefühl für Ball und Louisa, die Carina Sandhaus tadellos vertont.

Die Geschichte bewegt sich zwischen West Side Story und Romeo und Julia mit Anleihen bei den American Dream-Men. Viel Firlefanz für beinharten Männersport, und nach der Pause zieht sich die Handlung etwas zäh zwischen Tattoostube und Trockenhaube. Der Inhalt ist dazu auch ein wenig haarsträubend, was zu einem Friseursalon namens „Insel der Schönheit“ passt, in dem Mutter Schrader (Inez Timmer) auf gute Geschäfte hofft, denn die Schalker Mädels wollen endlich mal „in Färnseeehn“.

Fußball, so wird angenehm selbstironisch suggeriert, ist ein schöner Sport für Selbstdarsteller. Der Manager trägt denn auch Schlangenleder, der Trainer könnte Box-Promotor sein. Alles schön überzeichnet in Knut Hetzers flexibel nutzbarem Bühnenbild, dem eigentlich nur die Nordkurve fehlt. Aber die singen sie herbei: „Steht auf, wenn ihr Schalker seid!“ Das musste man dem Preview-Publikum nicht zweimal sagen. Tor, Abpfiff und Jubel wie nach dem Klassenerhalt. Ab heute geht´s in die Verlängerung. (NRZ)

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NRZ

"Steh auf ..." Schalke auch als Musical erfolgreich

... entwickelt sich eine unterhaltsame, bisweilen urkomische Liebes- und Krimi-Geschichte um den jungen Fußballstar Jojo, der für das nötige Happy-End sorgt. In der Inszenierung von Matthias Davids schlagen die Sänger und Tänzer zwischen Trainingsplatz, Friseursalon und Kiosk ihre spritzigen Pässe.

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Rheinische Post 11. Mai 2004

„Steh auf…“ – Schalke auch als Musical erfolgreich

Gelsenkirchen (rpo). „Nullvier – an Gott kommt keiner vorbei“ heißt das abendfüllende Werk, das unter großem Jubel im Musiktheater im Revier auf die Bühne gebracht wurde. Schalke 04-Manager Rudi Assauer hatte das Musical zum 100jährigen Jubiläum des Fußballvereins in Auftrag gegeben. Und die Gäste der Uraufführung waren begeistert.

Natürlich trägt Gott an diesem Abend eine blau-weiße Büßer-Kutte. Und zum Schluss ist er endgültig zum Schalke-Glauben übergetreten. Am Traditionsverein der Fußballbundesliga kommt schließlich keiner vorbei. Seit genau 100 Jahren ist der Club – zumindest nach Ansicht seiner Fans – die Macht im Ruhrpott.

Fast drei Stunden lang erlebten die Premierengäste – darunter auch der Teamchef der Deutschen Nationalmannschaft, Rudi Völler – eine pointenreiche Show um das aufstrebende Fußball-Talent Jojo, der Schalke 04 vor dem Abstieg retten soll. Für die Musik konnte der bekannte TV- und Opern-Komponist Enjott Schneider gewonnen werden, der amerikanischen Musical-Sound mit Jazz und Fußball-Hymnen kombinierte.

Der Titel des von den Autoren Michael Klaus und Bernd Matzkowski geschriebenen Musicals geht auf einen legendären Fanspruch aus den siebziger Jahren zurück. „Keiner kommt an Gott vorbei – außer Stan Libuda“, hieß es da in Erinnerung an das Schalker Idol. Und auch im Musical muss der alte Fußballfan (im Herbert Knebel-Stil: Heinz W. Krückeberg) zum Schluss doch noch in den blau-weißen Himmel – nachdem er sich von Gott einen Aufschub erbeten hat, um den drohenden Abstieg von Schalke 04 mitverfolgen zu können. Daraus entwickelt sich eine unterhaltsame, bisweilen urkomische Liebes- und Krimi-Geschichte um den jungen Retter und neuen Fußballstar Jojo (Rasmus Borkowski), der für das nötige Happy-End sorgt.

In der Inszenierung von Matthias Davids schlagen die Sänger und Tänzer zwischen Trainingsplatz, Friseursalon und Kiosk ihre spritzigen Pässe. Auch dank einer Musik von Enjott Schneider, die jazzige Ohrwürmer, herzzerreißende Liebeslieder und natürlich den Schalker Schlachtruf „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ bietet. Und bei dem das gesamte Premierenpublikum aufstand und mitsang. Nach der Pause ertönte dann von der Neuen Philharmonie Westfalen aus dem Orchestergraben eine Bläser-Fanfare – und die Fan-Ecke im Musiktheater im Revier rief: „Attacke!“

Aber nicht nur solche Publikumsanimationen sorgten knapp drei Stunden für beste Unterhaltung auch unter den anwesenden Schalker Legenden wie Klaus Fischer und Olaf Thon. Immer wieder ist das Libretto mit treffsicheren Kalauern gespickt. Wenn beispielsweise der alte Fußballfan Gott den Telefonhörer hinhält, mit der Aufforderung: „Mach, dass diese Lahmen gehen.“ Und im großen Finale werden nicht nur riesige Schalke-Fahnen geschwungen. Mitten unter die blau-weiße Festgesellschaft mischen sich zwei in schwarz-gelb: den Farben des Schalker Erzfeindes Borussia Dortmund.

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Rheinische Post

Schalke-Fieber infiziert auch das Musiktheater

Der Mythos Schalke ist auf der Bühne allgegenwärtig - in den fernab von Klischees detailgenau gezeichneten Menschen des Reviers. Enjott Schneiders Musik zwischen Swing und Funk-Pop hat Schmiss. Von Kai Tietje mitreißend dirigiert, charakterisiert sie die realistisch gezeichneten Figuren ebenso genau wie Matthias Davids' detailmächtige Regie.

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Buersche Zeitung 11. Mai 2004 

Schalke-Fieber infiziert auch das Musiktheater

Schalke 04 vor dem Abstieg: Das Musical „nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“ blendet in die aufregenden achtziger Jahre zurück. Aber die Fans halten in Treue fest zu ihrem Verein. Mit dem Auftragswerk hat der königsblaue Virus auch das Musiktheater im Revier infiziert.

Von Bernd Aulich

Die Schlachtenbummler im Parkett und auf den Rängen, lauter geladene Gäste, erlebten ein umjubeltes Fußballfest der besonderen Art. Wenn die blauweißen Kicker im Fußball-Ballett zum Dribbeln antreten und den Ball in Richtung des netzgeschützten Publikums abziehen, gerät das Spiel auf der Bühne fast deckungsgleich zum Spiel auf dem Rasen.

Doch die Autoren Michael Klaus ud Bernd Matzkowski (Songs) haben die Herausforderung einer Stadionszene, der die Bühne nie gerecht würde, in ihrem Musical geschickt vermieden. Dennoch ist der Mythos Schalke auf der Bühne des Großen Hauses allgegenwärtig – in den fernab von Klischees detailgenau gezeichneten Menschen des Reviers. Und so gibt das Musical auch etwas vom Geheimnis des königsblauen Mythos preis – etwa in den Comedy-reifen Szenen des Alten (Heinz W. Krückeberg), der mit einem menschelnden Fußballgott ( Andreas Windhuis) hadert, weil er vor seinem Tod unbedingt noch erleben will, wie sich der Kultclub dem Abstiegssog entwindet.

BVB-Tattoo als Abschreckung

Rasant vollzieht sich der filmschnittartige Wechsel der 22 milieugesättigten Szenen auf Knut Hetzers königsblauer Bühne. So rasant wie die perfekte Choreografie von Melissa King. Dass dem gekauften Schalker Stürmer als Bösewicht im Tattoo-Studio Auroras (köstlich schrill: Richetta Manager) ausgerechnet ein BVB-Logo eingebrannt werden soll, wirkt ebenso pointiert wie die hindernisreiche Liebesgeschichte zwischen Jojo (Rasmus Borkowski) und Louisa (Carina Sandhaus). Weniger gelungen sind einzig die abgestandenen Blondinen-Witze und die leicht durchhängenden Szenen in Louisas Etepetete-Elternhaus.

Enjott Schneiders Musik zwischen Swing und Funk-Pop hat Schmiss. Von Kai Tietje mitreißend dirigiert, charakterisiert sie die realistisch gezeichneten Figuren ebenso genau wie Matthias Davids‘ detailmächtige Regie.

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Buersche Zeitung

Detailmächtige Regie

(...) über die fetzige Musik Enjott Schneiders und deren Umsetzung am Pult durch Genre-Spezialist Kai Tietje bis hin zur fulminanten Choreographie Melissa Kings, zur farbenprächtig-nostalgischen Ausstattung der 80er Jahre Knut Hetzers (Bühne) und Judith Peters (Kostüme) und zur temporeichen Inszenierung von Matthias Davids.

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Herner Feuilleton 10. Mai 2004Pitt Herrmann

Der FC Schalke 04 hat die deutsche Fußballgeschichte mitgeprägt seit seinen Anfängen vor nunmehr einhundert Jahren, als am 4. Mai 1904 eine Handvoll Bergbau-Lehrlinge im Schatten der Zeche Consol den Verein ins Leben riefen. Sportlich zunächst, von der ersten Deutschen Meisterschaft 1934 bis zum DFB-Pokalsieg 2002. Dann aber auch sportpolitisch durch eine Reihe von Skandalen.

Das alles kann im wirklich sehenswerten Schalke-Museum an der Arena „AufSchalke“ nachvollzogen werden. Nun aber, im Jubiläumsjahr, hat der FC Schalke 04 auch (Musik-) Theatergeschichte geschrieben, indem die Vereinsführung vor knapp einem Jahr beim Gelsenkirchener Musiktheater im Revier ein Musical in Auftrag gab. Dabei herausgekommen ist die bei der Uraufführungspremiere am Sonntagabend, vor naturgemäß restlos ausverkauftem Haus am Kennedyplatz, völlig zu recht mit stehenden Ovationen gefeierte Produktion „Nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“.

Was bei der kurzen Vorbereitungszeit nun wirklich nicht zu erwarten war: Ein Event, bei dem aber auch alles stimmt, von der Story, die alles andere ist als eine dröge Aufbereitung der Vereinsgeschichte, über die fetzige Musik Enjott Schneiders und deren Umsetzung am Pult durch Genre-Spezialist Kai Tietje bis hin zur fulminanten Choreographie Melissa Kings, zur farbenprächtig-nostalgischen Ausstattung der 80er Jahre Knut Hetzers (Bühne) und Judith Peters (Kostüme) und zur temporeichen Inszenierung von Matthias Davids.

Ein Großteil der Karten für die 27 Aufführungen, die noch bis zum 10. Juli auf dem MiR-Spielplan stehen, wurden bereits vor der Premiere verkauft, sodaß allen Musical-Fans, und keineswegs nur den in der Wolle gefärbten „Königsblauen“, dringend geraten wird, sich rasch unter Tel. 0209/5097200 Tickets zu sichern.

Daß auch noch zwei Gelsenkirchener am Libretto entscheidend mitgewirkt haben, darf als zusätzlicher Glücksfall verbucht werden: Michael Klaus („Nordkurve“), der sich als Satiriker, Hörspiel- und Drehbuchautor (u.a. für die Schimanski-Krimis) einen Namen weit über unsere Region hinaus einen Namen machen konnte, und Songtexter Bernd Matzkowski, Leiter der legendären „Nachtschicht“-Brettl-Reihe am MiR und Sohn des Schalke-Lizenzspielers Paul Matzkowski (1948-1959), haben die Geschichte um einen 17jährigen Jungen vom Schalker Markt, Jojo, geschrieben, der der 1. Mannschaft im letzten, im entscheidenden Spiel den Klassenerhalt sichern soll.

Doch Jojo (Rasmus Borkowski) hat es nicht nur mit den Intrigen seines Idols, des von ihm verdrängten Fußballstars Stephan Krause (Sören Kruse), zu kämpfen, sondern auch mit seinen Gefühlen zu Louisa Stegemann (überragend: Carina Sandhaus), Tochter aus gutbürgerlichem Hause und talentierte Nachwuchsmusikerin.

In dieser aus dem prallen Revier-Leben geschnittenen Liebes- und Familiengeschichte können sich als weitere Protagonisten u.a. Inez A. J. Timmer als Jojos Mutter Gisela Schrader, Evren Pekgelegen als Jojos bester Freund Ümit, Isabell Classen als Louisas beste Freundin Anna, Oli Sekula als Schalke-Fan Mücke sowie Gisela Kraft und Heiner Dresen als Louisas Eltern profilieren.

Sie wird eingerahmt durch eine geradezu umwerfend komische, dabei aber auch sentimental-herzerfrischede Rahmenhandlung eines alten Mannes (Ovationen für Heinz W. Krückeberg), der am Radio der Kommentatorenstimme Manni Breuckmanns entnimmt, dass sich „seine“ Schalker auch im Abstiegskampf keine Beine ausreißen. Am liebsten würde er sofort tot vom Stuhl fallen. Als Gott (Andreas Windhuis) erscheint, um ihm diesen Wunsch zu erfüllen, bittet ihn der Alte um einen Deal: Nur noch die letzten 28 Minuten bis zum Abpfiff…

Wie die Geschichte ausgeht, soll hier natürlich nicht verraten werden. Nur soviel: Das schneeweiße Gewand des Herren verwandelt sich binnen dreier Stunden immer mehr in ein blaugefärbtes Fan-Trikot. Und das junge Fußballtalent Jojo hat gute Chancen, privat eine so vielversprechende Liason zwischen Sport und Kultur einzugehen, wie es dieses Musical „Nullvier“ darstellt.

Das Premierenpublikum einschließlich der deutschen Kicker-Elite mit Rudi Völler und Michael Skibbe war restlos begeistert, allein die Mund-zu-Mund-Propaganda dürfte für volle Häuser bis zum Saisonfinale Mitte Juli sorgen. Ein Musical als Auftragswerk des FC Schalke anlässlich seines 100jährigen Jubiläums, das Theatergeschichte schreibt.

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Herner Feuilleton

Liebe und Torinstinkt

Am letzten Spieltag spricht Manni Breuckmann (WDR) einen Radiokommentar. Ausgerechnet gegen Borussia Dortmund. Die Rivalität der Vereine wird allerdings nicht überzogen, sondern nur pointiert behandelt. Ohnehin gefällt die Auftragsarbeit "Nullvier" vor allem wegen ihres Witzes und der Selbstironie.

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Soester Anzeiger, 10. Mai 2004 

Liebe und Torinstinkt

MUSICAL Gelsenkirchen feiert die Premiere von „Nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“, das Schalker Lebensgefühl und den Sinn für Solidarität

Von Achim Lettmann

GELSENKIRCHEN · Schalke ist eine Herzenssache. Für den Alten, der jeden Samstag vor dem Radio sitzt: „Worauf warte ich denn noch, jede Saison?“ Sein Revierclub vergibt den entscheidenden Elfmeter, so dass ihn eine Herzattacke ereilt. Der liebe Gott winkt. „Oh Gott, du selbst? Wir haben noch 18 Minuten“, wehrt sich der Schalker. Und Gott schenkt ihm erst die 18 Minuten, und dann kommen sich beide so nah, wie es nur im Musical sein kann. „Nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei“ heißt das Bühnenspiel zum 100. Geburtstag des FC Schalke 04.

Endlich haben die Knappen ihre Heimschwäche abgelegt. Im Musiktheater in Gelsenkirchen stürmte ein spielfreudiges Ensemble. Für die Aufstellung hatte Regisseur Matthias Davids das richtige Händchen. Und Michael Klaus (Buch) viele Ideen. Bernd Matzkowski (Liedtexte) bediente das Musical-Sujet recht abgeklärt („Da war dieses Pochen, dieses warme Gefühl“). Und Enjott Schneider (Komposition) ging auf Nummer sicher. Seine Musik ist eine gefällige Mischung: Routinierte Arrangements, die an Andrew Lloyd-Webber erinnern, werden mit ein paar Rock-Pop-Spritzern erfrischt. Klassische Swing-Einlagen zählen dazu wie Techno-Stücke und ein wenig türkischer Pop. Dirigent Kai Tietje und seine Neue Philharmonie Westfalen waren allerdings nicht bei allen Musikstilen in Topform.

Intendant Peter Theiler sagte vor der Aufführung dem Publikum und Bundestrainer Rudi Völler, wie leistungsstark sein Team sei. Rudi Assauer, Schalke-Manager, hatte vor zehn Monaten die Musical-Idee, und das Musiktheater verwandelte die Vorlage.

Die Kerngeschichte ist in den 80er Jahren angesiedelt, als ein Sieg nur zwei Punkte wert war. Jojo, ein Amateurspieler, soll am letzten Spieltag das Abstiegsgespenst verjagen. Alle Hoffnungen ruhen auf dem 17-Jährigen, der sich ausgerechnet in die Cellistin Louisa verliebt, die am Musiktheater vorgespielt hat. Ob Liebe und Fußball zusammen passen, ist umstritten. Aber die Frauen auf Schalke sind sich sicher: Wenn er trifft, liebt er dich.

Solche Fußball-Klischees werden liebevoll inszeniert. In Giselas Frisörsalon machen sich die Blondierten hübsch für die „Prinzen vom Revier“. Neben Sex-Sticheleien fängt die „Cheffriseuse“ den patzigen Sohnemann Jojo (Rasmus Borkowski) ein und verrät später, weshalb sie ihren Mann in Rimini ließ: „Der hätte zuviel Platz weggenommen.“

Doppelpässe mit Gott

Zum Schalke-Milieu zählen das Büdchen („Pommes rot-weiß 1,20 DM“), die Pokerrunden, „Aurora‘s Tattoo-Studio“ und der „Dschungel“, eine Disco voller scharfer Bräute und falschen Freunden. Dazwischen sucht die artige Louisa (Carina Sandhaus) ein bisschen Liebe und ihre Freiheit von den Eltern. Aus der Mutter macht Gisela Kraft eine bornierte Schreckschraube. Nicht alle Typen gelingen so kantenreich. Da ist noch Mücke (Oli Sekula), der mit Kutte und Bierpulle auf Frauenjagd geht. Anna (Isabell Classen) mit dem Herzen auf der Zunge. Tattoo-Aurora (Richetta Manager) glänzt als Soul-Diva. Und Ümit (Evren Pekgelegen), Jojos Freund, wird zum Seelenmasseur: „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid.“ Und alle standen auf. In den Rängen riefen sie „Schalke“, im Parkett wurde „04“ geantwortete. Das Publikum war der zwölfte Mann.

Am letzten Spieltag sprach Manni Breuckmann (WDR) einen Radiokommentar. Ausgerechnet gegen Borussia Dortmund. Die Rivalität der Vereine wird allerdings nicht überzogen, sondern nur pointiert behandelt. Ohnehin gefällt die Auftragsarbeit „Nullvier“ vor allem wegen ihres Witzes und der Selbstironie.

Gerade die Doppelpässe zwischen dem Alten und Gott sind amüsant. Wie trocken Heinz W. Krückeberg (Alte) die Kalauer im breiten Ruhri-Deutsch vorbereitet, ist sehr vergnüglich. Andreas Windhuis (Gott) verliert zusehens seine Distanz und wird verführt: „Ich besorge uns zwei Jahreskarten.“

Der einzige Schwachstecker an diesem Abend war Josef Schnusenberg vom Schalke-Vorstand. Er sagte vor Anpfiff: „Fußball und Kultur passen nicht zusammen.“ Auswechseln!

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Soester Anzeiger

Premieren-Gäste vom Schalke Musical 'nullvier' begeistert

Komponist Enjott Schneider, Regisseur Matthias Davids, Songtexter Bernd Matzkowski und Autor Michael Klaus haben es in einmaliger Art und Weise verstanden, das Schalke-Gefühl auf die Bühne des Musiktheaters zu bringen. Mitunter glaubte man sich in die Arena versetzt.

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bundesliga.de 10. Mai 2004 

Premieren-Gäste vom Schalke Musical ’nullvier‘ begeistert

Minutenlanger Beifall und stehende Ovationen – und das bereits zur Pause: Die 800 geladenen Gäste bei der Uraufführung des Schalke Musicals ‚Nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei‘ waren vollends begeistert von der Inszenierung im Musiktheater im Revier.

Witzige Dialoge, schwungvolle und eingängige Musik und natürlich die Liebe zum FC Schalke 04 machen das erste Musical, das über einen Fußballverein geschrieben wurde, zu einem echten Erlebnis. Enjott Schneider als Komponist, der Regisseur Matthias Davids, Bernd Matzkowski als Schreiber der Songtexte und Michael Klaus als Autor der Dialoge haben es in einmaliger Art und Weise verstanden, das Schalke-Gefühl auf die Bühne des Musiktheaters zu bringen. Mitunter glaubte man sich in die Arena versetzt. ‚Schalke‘, riefen die Darsteller – ’nullvier‘, brüllten die Zuschauer zurück.

Die Geschichte beim Musical ’nullvier – keiner kommt an Gott vorbei‘ dreht sich um Liebe, Fußball und die Leidenschaft zum FC Schalke 04. Eingerahmt wird die Handlung von äußerst komischen Zwiegesprächen zwischen einem alten Schalke-Fan (Heinz W. Krückeberg) und Gottvater (Andreas Windhuis). Der alte Schalke-Fan will partout nicht sterben, bevor er nicht den glücklichen Saisonausgang der Knappen miterlebt hat.

Die königsblaue Nachwuchshoffnung Jojo (Rasmus Borkowski) wird vom Trainer für das letzte und entscheidende Spiel der Saison erstmals in die erste Mannschaft berufen und soll den Verein vor dem Abstieg in die zweite Liga bewahren. Die Euphorie auf dem Schalker Markt kennt keine Grenzen. Alle erhoffen sich, dass Jojo dem Schalker Mythos gerecht wird und etwas Glanz und Glamour auf den Schalker Markt bringt. Jojos Kumpel Ümit und Mücke bringen den neuen Hoffnungsträger in Auroras Tattooladen, damit er sich das Schalke-Emblem auf die Brust tätowieren lässt. Da knallt unversehens eine junge Frau mit ihrer Vespa durch das Ladenfenster: Louisa, die auf dem Heimweg vom Cello-Unterricht ist, übersteht den Unfall unbeschadet. Es ist Liebe auf den ersten Blick…

Bis die beiden aber zueinander finden, durchleben sie etliche Höhen und Tiefen. Der alternde Schalke Star Stephan Krause (Sören Kruse) steckt in dunklen Machenschaften und will verhindern, dass Jojo im letzten Spiel aufläuft. Jojo und Louisa trennen sich von falschen Freunden, lösen sich von ihren Elternhäusern und finden schließlich doch zueinander. Jojo rettet die Königsblauen vor dem Abstieg und selbst Gottvater wird zum Schalke-Fan. Schauspieler Peter Lohmeyer (‚Das Wunder von Bern‘), ebenfalls Premierengast, meinte: ‚Schalke hat ja viel mit Religion und Glauben zu tun. Wenn man an den Verein glaubt, kommen auch bessere Zeiten.‘

Das Ensemble des Musiktheaters füllt in diesem Musical den ‚Mythos Schalke‘ auf der Bühne mit Leben. Mit Feingefühl wurde an der Geschichte geschrieben. In einer Phase, in der Jojo verzweifelt und niedergeschlagen ist, richtet er sich musikalisch mit ‚Steh auf, wenn du Schalker bist‘ wieder auf. Spätestens an diesem Punkt waren die Gäste im Musiktheater – unter ihnen DFB-Teamchef Rudi Völler und Bundestrainer Michael Skibbe – vom Stück über den Traditionsclub aus dem Revier begeistert. Große Shownummern wechseln sich bei diesem über zweieinhalbstündigen Spektakel mit gefühlvollen Balladen und begeisternden Fußball-Liedern ab. Am Ende gab es tosenden Applaus und stehende Ovationen.

‚Ich hatte hohe Erwartungen, aber die sind noch weit übertroffen worden‘, lobte Schalke-Präsident Gerd Rehberg, dem die temporeiche Inszenierung ebenso gefiel wie Rudi Assauer, der vor zehn Monaten die ‚bekloppte Idee‘ für das Musical hatte. ‚Es war genial, einfach klasse‘, schwärmte der Manager, der das gesamte Ensemble bei der anschließenden Premierenfeier spontan zu einem Schalke-Spiel einlud. Schalkes Teammanager Andreas Müller gestand, ‚Tränen in den Augen‘ gehabt zu haben.

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bundesliga.de

Meister der Schmerzen

Die königsblaue Spielfeld-wechsel-dich-Bühne ist wirklich toll. Genauso wie der alte Pütt-Kamerad (Heinz W. Krückeberg), der sich vom lieben Gott noch ein paar Tage auf der Erde ausbittet. Prima Sidekick: Schalke steigt nicht ab. Gott will ne Dauerkarte. Und im Himmel schwebt ein Logo des S04. So is dat. Blau und weiß, wie lieb ich dich.

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Die Welt 10. Mai 2004 

Meister der Schmerzen

Schalke 04 hat sich zum Hundertjährigen ein Musical geschenkt. Das wahre Kunstwerk aber ist der Verein selbst

von Josef Engels

Der ganze Mist fing Mitte der siebziger Jahre an, auf einer Wiese neben dem kleinen Acker hinterm Haus. Der Vater brachte dem Sohn bei, wie man den Außenrist einsetzt und den Spann. Bloß nicht mit der Pike!, lautete die Losung. Der Ball fliege dann dahin, wo er nicht hingehöre. Beispielsweise in den Kopfsalat. Was meistens einen von Mama ausgesprochenen Platzverweis nach sich zog.

In den folgenden Zwangspausen erzählte der Vater von großen Begebenheiten; er nahm exotische Namen in den Mund und lächelte stolz. Fritz Szepan. Berni Klodt. Die Kremers-Zwillinge. Der Kreisel. Der Sohn war unschuldig und ahnungslos. Er ließ sich von der väterlichen Begeisterung anstecken (vielleicht, so denkt er heute, hat es auch etwas mit den Genen zu tun). Man sucht sich den Verein eben nicht aus.

Was dieser Satz aus der Hölle der Prädestinationslehre zu bedeuten hat, erfasste der kleine Junge aus dem Rheinland erst, als es viel zu spät war. Dann nämlich, als ihn die Klassenkameraden mit den Schals des 1. FC Köln, den Bayern-Trikots und den Aufklebern des HSV rituell zu hänseln begannen. Im Schulbus, am Montag in der Früh. Er: schon wieder verloren. Sie: strahlende Gewinner, mit einer Hand an der Meisterschale, einem Fuß im Uefa-Cup und den Kopf voller Siegestrunkenheit.

Nein, es ist überhaupt nicht lustig, Fan des FC Schalke 04 zu sein. Man lernt jedoch, dieses Schicksal, die Abstiege, das Dümpeln im Niemandsland der Tabelle, mannhaft zu ertragen. Der Junge behalf sich damit, das Gelsenkirchener Parkstadion aus Papier und Pappe nachzubauen. Das Monstrum versperrte den halben Bastelkeller. Vater fand das okay. Er wusste: Dem Sohn ist in seiner religiösen Ergriffenheit nicht mehr zu helfen.

Man landet zwangläufig bei Gott, wenn man sich mit Schalke beschäftigt. Es ist allerdings der Weltenherrscher des Alten Testaments, dem man da begegnet. Er lässt zuweilen das Manna eines Sieges über den FC Bayern München vom Himmel regnen (unverhofft, aber grundsätzlich unnütz für den restlichen Saisonverlauf); ansonsten stellt er seine Gemeinde auf harte Proben und bestraft unnachgiebig. Der erste Schalke-Fan war wahrscheinlich Hiob.

Man fällt trotzdem nicht vom Glauben ab. Und so lässt man sich zuhause vorm Radio die Stimmung fürs gesamte Wochenende verhageln. Oder fährt den weiten Weg von Berlin ins Ruhrgebiet, nur um sich ein lausiges Spiel mit unbefriedigendem Ausgang in der millionenteuren Arena AufSchalke anzuschauen (ach, altes, kaltes Parkstadion). Das Wunder: Nach all den Erfahrungen ist man dennoch ergriffen, wenn man in Gelsenkirchen so etwas Absurdes wie ein Musical über den FC Schalke 04 vorgeführt bekommt.

„Nullvier. Keiner kommt an Gott vorbei“ heißt das Singspiel, das der Verein zu seinem hundertjährigen Bestehen im Musiktheater im Revier auf die Stutzen gestellt hat. Der halbwegs erwachsene Junge aus dem Rheinland reibt sich die Augen. Da müssen Tänzer, denen wahrscheinlich kein Vater die Kunst des Spannschusses beigebracht hat, in einer seltsamen Trainings-Choreographie über die Bretter hasten. Da stehen Leute herum, die, begleitet von einem Orchester, Pop-, Jazz-und Operetten-Lieder singen, in denen sich „04“ auf „Revier“ oder „Herzen so heiß“ auf „blau-weiß“ reimt. Am Wunderlichsten aber ist es, wenn sich aus einem dezent neutönerischen Klangwust kurz vorm Pausentee unversehens eine bekannte Pizzicato-Melodie erhebt: „Steh auf, wenn du Schalker bist“.

Die zweieinhalb Stunden Musical, die Deutschlands Marathon-Komponist Enjott Schneider, P.E.N-Vize Michael Klaus und Song-Texter Bernd Matzkowski zu verantworten haben, sind nicht durchweg überzeugend, denkt der Junge. Selten steile Pässe in die Spitze, viel klein-klein im musikalischen Mittelfeld. Und dann noch: zuviel Liebesgeschichte zwischen einem hoffnungsvollen Jung-Profi und einer Industriellen-Tochter. Macht aber nix. Die königsblaue Spielfeld-wechsel-dich-Bühne ist wirklich toll. Genauso wie der alte Pütt-Kamerad (Heinz W. Krückeberg), der sich vom lieben Gott noch ein paar Tage auf der Erde ausbittet. Prima Sidekick: Schalke steigt nicht ab. Gott will ne Dauerkarte. Und im Himmel schwebt ein Logo des S04. So is dat. Blau und weiß, wie lieb‘ ich dich.

Aber wozu ein Musical, wozu Theaterkunst? Das echte Schalke ist Drama genug: der King-Lear-Wahnsinn, mit dem einst die Vereinsoberen den Club an den Rand des Abgrunds trieben. Die aus „Henry V“ entlehnte Kämpfer-Moral, mit der ein sträflich unterschätztes Team 1997 den Uefa-Pokal erstritt. Oder der Hamletsche Zweifel, der sich wie düsteres Nebelwallen über die Brauen des dänischen Mittelstürmers Ebbe Sand senkte, als ihm partout kein Tor mehr gelingen wollte. Die Tragik des Unvollendet-Seins ist freilich das Bitterste und Erhabenste an dem Verein; etwas, das man auf keiner Bühne darstellen kann. 1958 war man das letzte Mal Deutscher Meister. Es ging bergab seitdem. Dann kam jener Maitag im Jahr 2001, wo sich Schalke für vier Minuten und ein paar schäbige Sekunden lang im Paradies wähnen durfte. Doch Bayern schoss in letzter Sekunde den Ausgleich in Hamburg, Königsblau wurde nur Zweiter.

Oh ja, man hätte den Titel nötig gehabt. In Gelsenkirchen, wo die Arbeitslosenzahl so hoch ist wie nirgends in Westdeutschland. Und in Berlin, wo der Junge aus dem Rheinland fassungslos vor dem Rundfunkgerät lag. Dem Vater blieb das Schauspiel erspart. Ein halbes Jahr vorher war er gestorben. In seinen letzten Wochen hatte er mit stolzem Lächeln immer wieder die Bundesliga-Tabelle angestarrt. Schalke 04: erster Platz. Ein guter Abgang. Der Himmel ist seitdem ein bisschen blauer geworden. So erscheint es zumindest dem Sohn.

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Die Welt

Der Herrgott müsste ein Schalker sein

„Seit hundert Jahren gehen wir auf die Reise“ soll in das aktive Liedgut der Stadionbesucher eingehen. Musiktheater als Massenbewegung, fast wie einst bei Verdis Nabucco …

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omm.de, Online Musik Magazin Mai 2004

Der Herrgott müsste ein Schalker sein 

Von Stefan Schmöe / Fotos von Rudolf Majer-Finkes

„Dat geht getz nich. Die haben noch 18 Minuten.“ Ausgerechnet am vorletzten Bundesliga-Spieltag irgendwann in den 80ern – Schalke steht kurz vor dem Abstieg – will Gott den namenlosen Rentner vor dem Radio aus diesem Leben abberufen. Nein, so geht es wirklich nicht, dass muss auch der Herr über (Schalker) Himmel und Erde einsehen, und selbst die verbleibenden 18 Minuten des Spiels reichen nicht aus, denn Mannschaftskapitän Stephan Krause versemmelt den entscheidenden Elfmeter: Noch eine weitere Woche bis zum alles entscheidenden Spieltag müssen die Schalker Fans zittern (und darf der betagte Fan auf Schalker Boden verweilen), und in dieser Woche wird Gott in das Leben der Schalker Fangemeinde eingeweiht. Was sich ihm da offenbahrt, ist ein Sündenpfuhl aus Korruption, Glücksspiel, Abzockerei, saturierten Profis und einem verliebten Nachwuchstalent, das einer jungen Cellistin wegen beinahe alle Hoffnungen auf die Wende zum Guten enttäuscht. Da kann Gott nicht unbeteiligt bleiben! Also wird er zum Schalke-Fan.

Vergrößerung in neuem FensterSterben, solange der Klassenerhalt für Schalke noch nicht gesichert ist? „Dat geht getz nich.“ Ein schlechter Gott, wer da kein Einsehen hätte, und so schaut der Herr genauer hin, welches Soziotop er um den Schalker Markt geschaffen hat. 

KlangbeispielKlangbeispiel: Ouvertüre mit obligatem Radioreporter
(MP3-Datei)

Es war ein überraschender kulturpolitischer Spielzug aus der Tiefe des Raumes, als Schalkes Manager Rudi Assauer ein Musical zum 100-jährigen Jubiläum des Vereins in Auftrag gab, und es ist ein gar nicht so kleines Theaterwunder, dass das Musiktheater im Revier (MiR) in kürzester Zeit ein entsprechendes Stück auf die Beine stellte. Augenfällig ist die Verbindung zwischen Fußball- und Theaterkultur durch das allgegenwärtige Blau, dass nicht nur die Vereinsfarbe der Fußballer, sondern durch Yves Kleins Schwammreliefs auch prägendes optisches Element des Theaterfoyers ist: In dieser Atmosphäre lässt es sich gut feiern. Wer aber dachte, zu diesem Anlass ein Friede-Freude-Eierkuchen-Jubel-Musical präsentiert zu bekommen, wurde aufs Schönste enttäuscht. Michael Klaus (Buch) und Bernd Matzkowski (Song-Texte) – dessen Vater Paul in den 50ern aktiver Spieler auf Schalke war – haben mit tatkräftiger Unterstützung der Dramaturgen des MiR ein in vielen Passagen sehr witziges Stück geschrieben, das kaum ein gutes Haar am Verein lässt und zwischen Korruption, sportlichem Misserfolg und machtbesessenem Management genug Assoziationen an die bewegte Vereinsgeschichte zulässt, ohne konkrete Ereignisse zitieren zu müssen. Geschickt ist der Ansatz, eine musicaltypische Allerwelts-Herz-Schmerz-Geschichte in den Vordergrund zu stellen, die gut auf jeden Bezug zum Fußball verzichten könnte – denn so wird alle Peinlichkeit, die einem Schalke-Musical vorab prognostiziert wurde, geschickt unterlaufen. In Seitensträngen der Handlung bieten sich genug Möglichkeiten für ironische Spitzen gegen den Verein – und für ein Loblied auf den Fan, der trotz allem zu Schalke steht.

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Der Nachwuchs soll den Verein retten – aber Jojo hat in Auroras Tattoo-Laden eine folgenschwere Begegnung mit der Musikstudentin Louisa. 

KlangbeispielKlangbeispiel: „Tattoo“ (Richetta Manager)
(MP3-Datei)

Die Handlung liefert dem Komponisten Enjott Schneider alle Vorlagen, von der sentimentalen, streicherunterlegten Schnulze bis zum poppigen Disco-Sound, und Schneider bewältigt das souverän. Der Text ist fast immer ironisch genug, eventuell aufkommendes Sentiment in erträglichen Grenzen zu halten. Schneider spielt witzig mit den verschiedenen Stilrichtungen, etwa wenn er das unvermeidliche (irgendwann mal den Pet Shop Boys abgehörte) „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ oratorienhaft und mit A-Capella-Einlage auf die Bedürfnisse des Musiktheaters zurechtschneidet (und damit noch vor der Pause die ersten standing ovations erzwingt). Der Türke Ümit bekommt orientalische Pop-Klänge, und „Seit hundert Jahren gehen wir auf die Reise“ soll in das aktive Liedgut der Stadionbesucher eingehen. Musiktheater als Massenbewegung, fast wie einst bei Verdis Nabucco …

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Und Schalke? Die Vereinsführung träumt angesichts der deprimierenden Gegenwart vom idealen Spieler. 

Das MiR hat für diese Produktion fast alle Rollen mit Genre-erfahrenen Gästen besetzt, und Regisseur Matthias Davids und Choreografin Melissa King veranstalten allerlei Wirbel mit hohem Tempo auf der Bühne. Vor allem die Ensembleszenen sind sehr professionell gearbeitet. Dadurch erweist sich das Stück als durchaus konkurrenzfähig gegenüber den durchkommerzialisierten Großproduktionen. Liebevoll inszeniert sind auch die kleinen Episoden am Rande mit den leicht schrillen Nebenfiguren – hier glänzt besonders Evren Pekgelegen als bester Freund des Nachwuchsstars Jojo; aber auch Oli Sekula als netter Rocker, Richetta Manager (sonst am MiR für Wagner und Verdi zuständig) als soulige Besitzerin eines Tattoo-Ladens, Isabell Classen (Anna, Louisas beste Freundin) und Charlie Serrano, Niklaus Rüegg, und Thorsten Tinney – ein skurriles Trio aus Trainer, Präsident und Manager – sorgen für gute Unterhaltung. Etwas blass bleiben ausgerechnet die Hauptdarsteller Rasmus Borowski (Jojo) und Carina Sandhaus (Louisa). Naturgemäß haben sie es als Träger der „seriösen“ Handlung um Liebe und Schmerz schwerer als die stärker karikierten Nebenfiguren; aber beide Partien dürften ruhig weniger brav und bieder angelegt werden. Hier droht auch am ehesten Langeweile aufzukommen.

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Und ist der Tabellenplatz auch ein Jammertal, der wahre Fan steht auf, wenn er Schalker ist!

KlangbeispielKlangbeispiel: „Eins, zwo, nullvier“ – Ümit (Evren Pekgelegen) bringt die Fans in Schwung. Seit 100 Jahren gehn sie auf die Reise … (MP3-Datei)

Auf dem CD-Mitschnitt, der bereits kurz nach der Premiere veröffentlicht worden ist, werden manche gesangstechnischen Defizite der Sänger (ausgenommen ist die versierte Richetta Manager) hörbar, die auf der Bühne der aktionsreichen Inszenierung wegen weniger ins Gewicht fallen. Live wie im Mitschnitt blendend disponiert ist die Neue Philharmonie Westfalen (Leitung: Kai Tietje) und die vom Saxophon dominierte Band. Der eigentliche Clou aber ist die Rahmenhandlung mit Gott (Andreas Windhuis) und dem namenlosen Rentner (großartig: Heinz W. Krückeberg), die das ganze Spiel (gesanglos) kommentieren – und einen Hauch von Philosophie verbreiten.

Vergrößerung in neuem FensterMerkwürd’ges Ding, das ich da erschaffen habe – aber gar nicht schlecht, gar nicht schlecht … 

Und die Moral von der Geschicht‘? Fußballtrainer sollten auf den Nachwuchs setzen (denn der schießt natürlich in letzter Minute das rettende Tor). Rudi Völler in der ersten Reihe (dem die Premiere gefallen haben soll) wird es zur Kenntnis genommen haben. Sollte ein verliebter Nachwuchsstar unsere Kicker ins EM-Finale schießen, es wäre wohl nicht nur dem Schalker Anhang recht. Schalke hat zwar keinen Platz im Uefa-Cup, aber ein veritables Musical, und das MiR wohl ein – zu Recht – gut ausgelastetes Haus mit vielen Besuchern, die bisher eher selten ins Theater gegangen sind. So schön kann Fußball sein.

FAZIT: Schwungvolle und ironische Hommage an den FC Schalke 04: Für Musicalfreunde durchaus auch dann lohnenswert, wenn ihr Herz nicht für die Königsblauen schlägt. Irgendwie kultig.

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omm.de

Frisches, junges Musiktheater im Mir über Fußball, Liebe und Jugend!

Junges und erfrischendes Musiktheater mit Ecken und Kanten, stark kultverdächtig und sicher nicht nur für Fußballfans.Es gibt nicht einen Hänger, der Spannungsbogen bleibt bis zum Schluss erhalten.

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das-musical.de, 9.5.04

Frisches, junges Musiktheater im Mir über Fußball, Liebe und Jugend!

“nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei”: Ein Gute-Laune-Stück aus der Wohlfühl-Schublade

(09.05.2004)  Attacke………..!  Eine Inszenierung dieser Art hat das Musiktheater im Revier auch noch nicht erlebt. Zwischen feinem Zwirn und Sonntagabendkleidern blitze recht häufig der leichte ”Samstagmittag-Bieranzug” in Königsblau auf. “Die besten Fans der Welt” sammelten sich vor dem Gelsenkirchener Musiktheater MIR, um die blau-weiße Premiere des Schalkemusicals “nullvier” zu feiern. 

Sehr häufig wurde in der jüngsten Vergangenheit das Fehlen junger innovativer Musicalideen beklagt. “nullvier” darf man sicher zu diesen neuen innovativen Stücken zählen, die es nicht nur verdient haben, am hart umkämpften Kulturmarkt zu bestehen. Vielmehr ist ein Stück wie “nullvier” durchaus eine kleine Revolution im Aufguss altbekannter Stoffe und Stücke, die sich in Ermangelung an konstruktiven Ideen häufig selbst kopieren. “nullvier” kann durchaus als Vorreiter einer neuen Entwicklung am Musicalmarkt genannt werden.  Junges und erfrischendes Musiktheater mit Ecken und Kanten, stark kultverdächtig und sicher nicht nur für Fußballfans.


Steht auf, wenn Ihr Schalker seit. Sie unterstützen Jojo (Rasmus Borkowski, Mitte),
nach Leibeskräften – die Schalke-Fans (Ensemble).

Eine broadwayreife Hochglanz-Produktionen, wie sie ja heutzutage fast obligatorisch sind, hatten die Macher von Anfang an nicht im Sinn. Das würde auch nicht bei einem Publikum ankommen, das sich sicher nicht nur aus den regelmäßigen Musicalgängern rekrutiert. “Nah am Volk” war hier die Devise und das ist gut so. Das Stück und die Geschichte nimmt sich keinesfalls ernst. An einigen Stellen wird die Story geradezu grotesk überzeichnet und bereitet einen himmlischen Spaß. Schließlich ist ja auch “Gott” dabei. Ein Gott, der mit einem unübersehbaren Augenzwinkern an Erich Kästners Verfilmung “Das fliegende Klassenzimmer” erinnert und häufig vom “Alten” zur Räson gerufen werden muss. Wenn es den Begriff “Comedy-Musical” geben würde, es wäre die beinahe perfekte Umschreibung für “nullvier”.


Beistand von ganz oben. Der alte Fußballfan (Heinz W. Krückeberg) will –
mit Gottes (Andreas Windhuis) Hilfe – seinem Schützling beim Training beistehen.

Die Ausstattung des Stückes ist keineswegs bombastisch aber mit viel Liebe für das Detail kreiert. Peitschenlaterne und Telefonzelle für den Schalker Markt, Baum und Gartenzaun für das betuchte Elternhaus des Töchterchens. Lampen und Möbel aus den Sechzigern für das typische Ruhrpottwohnzimmer. Lediglich der Friseursalon bietet da schon richtig was fürs Auge und erinnert rein optisch sehr stark an Grease. Die Requisiten sind beinahe perfekt ausgesucht und man fühlt sich tatsächlich in das Gelsenkirchen der Achtziger zurückversetzt. Im zweiten Akt wirken die schnell wechselnden Spielszenen allerdings etwas angestrengt und lenken vom eigentlichen Geschehen ab.

Erwachsene können doch zuhören

Der Autor Michael Klaus hat der Jugend auf das (Pardon) Maul geschaut. Ein ums andere mal wird in den Generation übergreifenden Konflikten “vom Leder gezogen”, dass sich das Aluminium der Fußballtore verbiegt. Hart und herzlich, wie es im Ruhrgebiet üblich ist, geht es in den Dialogen zur Sache. Immer gerade heraus, bis es weh tut.

Spielfreude mit Hingabe und Intensität

Im Gegensatz zur Story, sind die Charaktere sehr glaubwürdig herausgearbeitet. Wer im Ruhrgebiet der siebziger- und achtziger Jahre aufgewachsen ist, wird sich, seine Freunde oder sogar seine Eltern in den Rollen wieder erkennen. Spießbürgertum, Unverständnis zwischen den Generationen. Junge Liebende, die sich selbst nicht verstehen. Die Charaktere sind keinesfalls überzeichnet dargestellt, sondern bieten ein breites Spektrum der Lebenskultur im Revier. Obwohl einige Klischees bedient werden, wirkt die Darstellung immer ehrlich. Eine Gratwanderung, die nur ganz wenigen Autoren gelingt.

Die Cast

Da ist Jojo, das junge Fußballtalent, frisch verliebt und “halbseitig doof”. Vor lauter Glück scheint er alle seine Chancen zu vermasseln. Rasmus Borkowski überzeugt durch Bühnenprasenz und Glaubwürdigkeit in seiner Rolle. Ümit, Jojos bester Freund, ist eine der treibenden Figuren des Stückes. Evren Pekgelegen in der Rolle des Ümit ist ein echter Glückstreffer. Er spielt nicht, er ist Ümit. Die Tochter aus gutem Hause, in die sich unser Fußballtalent verliebt, heißt Louisa Stegemann und wird sehr überzeugend von Carina Sandhaus verkörpert. Die junge Darstellerin macht nicht nur am Cello eine gute Figur, sondern auch im Flug quer über die Bühne mit ihrer alten Vespa. Autor Michael Klaus “verpasste” der gerade 18-jährigen Hauptfigur des Stückes in einigen Szenen “Tausende von Haaren auf den Zähnen” und man meint, Carina Sandhaus spielt jeder einzelne dieser Haare aus. Die Eltern, aber auch Jojo möchten einem da richtig leid tun. Im richtigen Moment aber hat die kleine Zicke ihr Herz am rechten Fleck. Nicht vergessen dürfen wir, dass Carina Sandhaus gerade in den Balladen ihre wunderschöne Stimme zu vollen Entfaltung bringen konnte. Eine Stimme,  für die sich auch der klassischen Musicalgänger begeistern dürfte. Mücke ist der prollige, jeanshemdbekleidete Möchtegern-Macho des Stückes. Eigentlich schüchtern, immer ein Stück zu weit weg vom Geschehen, mit sich selbst unzufrieden aber 1000% verlässlich, wenn es Probleme mit Zweirädern gibt. Oli Sekula ist die lebend gewordene Hommage an alle “Hinterhofschrauber” in Deutschland. Ein glückliches Händchen hatten die Verantwortlichen auch bei der Besetzung der Rolle der Gisela Schrader. Inez Timmer brilliert in “ihrem” Friseursalon.

Zwei der wichtigsten Protagonisten haben wir noch nicht genannt: “Der Alte” und “Gott”. Heinz W. Krückeberg ist “Der Alte”. Ein zurückhaltender “Herbert Knebel” kurz vor dem Infarkt. Einfach genial. Und Gott selbst? Gott wäre überrascht, wenn er sich so sehen könnte…

Die Partitur

Die Partitur wird, klarer Fall, vom Sound der 70er und 80er dominiert. Große Shownummern, die das eine oder andere Mal an das Fernsehballett der damaligen Zeit erinnert, ein bisschen Saturday Night Fever, ein bisschen Grease. Die großen Stadionnummern, die nicht nur den Schalke-Fans ein Begriff sind, wurden liebevoll umgesetzt. Eine Reihe von zeitlosen Ohrwürmern wurden präsentiert und sind absolut hörenswert. Es gibt nicht einen Hänger, der Spannungsbogen bleibt bis zum Schluss erhalten. Gute, aber doch leichte Unterhaltung ohne gehobenen Zeigefinger. Trotzdem steckt ein gutes Stück Lebenserfahrung in “nullvier”, aber sie ist keineswegs aufdringlich und gibt dem ganzen Stück einen sehr sympathischen Zug.

Noch wenige Restkarten

„nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei.“ wird im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier aufgeführt. Ein musical-isches Lustpiel oder ein lustiges Musical nicht nur, aber auch für Fußballfans in jeder Couleur. Karten gibt es von 8,50 Euro bis 41,50 Euro. Laut Auskunft des MIR ist der Mai fast ausverkauft. Für die Spielzeit im Juni und am letzten Spieltag den 10. Juli gibt es nur noch insgesamt ca. 6000 Karten. Ob das Stück dann nochmals zur Aufführung kommt, steht in den Sternen. Der Spielplan des Musiktheater im Revier ist eng. Vielleicht könnten die Verantwortlichen an einen “etwas” größeren Veranstaltungsort ausweichen. Musical und Fans hätten eine Chance verdient.

Thomas Beeking

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das-musical.de

Termine

09. Mai 2004, 19:30 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

06. Mai 2004, 19:00 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

07. Mai 2004, 19:00 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

08. Mai 2004, 17:00 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

10. Mai 2004, 19:30 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

11. Mai 2004, 19:30 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

13. Mai 2004, 19:30 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

16. Mai 2004, 15:00 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

16. Mai 2004, 19:30 Uhr
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28. Mai 2004, 19:30 Uhr
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29. Mai 2004, 15:00 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

29. Mai 2004, 19:30 Uhr
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06. Juni 2004, 15:00 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

06. Juni 2004, 19:30 Uhr
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

07. Juni 2004, 19:30 Uhr
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08. Juni 2004, 19:30 Uhr
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09. Juni 2004, 19:30 Uhr
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11. Juni 2004, 19:30 Uhr
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12. Juni 2004, 15:00 Uhr
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12. Juni 2004, 19:30 Uhr
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14. Juni 2004, 19:30 Uhr
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16. Juni 2004, 19:30 Uhr
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26. Juni 2004, 15:00 Uhr
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26. Juni 2004, 19:30 Uhr
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29. Juni 2004, 19:30 Uhr
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30. Juni 2004, 19:30 Uhr
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10. Juli 2004, 15:00 Uhr
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