Stückinfo

Musik: Franz Lehár

Libretto: Viktor Léon & Leo Stein

Theater Dortmund
Premiere 31. Dezember 2011

Sie gilt als Geburtsstunde der modernen Operette, die Uraufführung von Franz Lehárs Lustige Witwe 1905. Dabei sollte der Premiere in Wien nur ein mäßiger Erfolg beschieden sein, und es brauchte etwa 50 Aufführungen, bis das Publikum Gefallen an der Novität fand. Dann aber ließ sich ihr Triumphzug nicht mehr aufhalten: Allein in Wien wurde sie fast 500 Mal in Folge gespielt. Über Hamburg, London und New York eroberte sich die Witwe binnen kurzem die Bühnen der ganzen Welt. Das hatte noch keine Operette zuvor geschafft.

Der internationale Erfolg war aber nicht das einzig „Moderne“ an dieser Operette. Modern war auch ihr Personal, das sich jenseits aller k.u.k.-Mentalität mit Konflikten herumschlug, die den urbanen Zeitgenossen nicht fremd waren. Modern war aber auch die Musik selbst, und zwar nicht nur, weil Lehár hier aktuelle Modetänze in seine Partitur mit einbezogen hat, sondern weil bei ihm die Musik zum eigentlichen Träger der Handlung wird. So ist der Walzer „Lippen schweigen – ’s flüstern Geigen“ nicht nur eine der populärsten Nummern der Witwe, sondern gleichsam ihr Motto: Nur mit Hilfe der Musik ist es Hanna und Danilo möglich, miteinander zu kommunizieren; nur tanzend sind sie in der Lage, ihren Stolz, ihre verletzte Eitelkeit, kurz: ihre Dickköpfigkeit zu überwinden und sich ihre Liebe einzugestehen.

Und damit ist der Plan des pontevedrinischen Gesandten Zeta aufgegangen: Er hatte nämlich von vornherein darauf gesetzt, dass sich die reiche Witwe Hanna Glawari in den Bonvivant Danilo Danilowitsch verliebt, der das Pariser Cabaret „Maxim“ dem diplomatischen Dienst vorzieht. Durch eine Heirat der Glawari mit dem Landsmann würden ihre Millionen dem Lande Pontevedro erhalten bleiben und so ein drohender Staatsbankrott abgewendet werden. Allerdings konnte Zeta nicht ahnen, dass sich die beiden schon aus früheren Tagen kannten, und so braucht es zweieinhalb unterhaltsame Stunden – über die „anständ‘ge Frau“, das „Vilja-Lied“, den „Dummen Reitersmann“ oder das „Studium der Weiber“ –, bis sich die „Musik den Reigen erzwingt“.

Text: Theater Dortmund

Medien

(Produktionsfotos: Björn Hickmann)

Leitungsteam

Regie
Matthias Davids
Musikalische Leitung
Philipp Armbruster
Bühne
Marina Hellmann
Kostüme
Judith Peter
Choreografie
Melissa King
Dramaturgie
Wiebke Hetmanek

Darsteller

Baron Mirko Zeta
Hannes Brock
Valencienne, seine Frau
Tamara Weimerich
Graf Danilo Danilowitsch
Gabriel Bermudez
Graf Danilo Danilowitsch
Jan-Friedrich Eggers
Hanna Glawari
Christiane Kohl
Camille de Rossillon
John Zuckerman
Vicomte Cascada
Philippe Hall
Richard Sveda Bogdanowitsch, pontevedrinischer Konsul
Georg Kirketerp
Sylviane, seine Frau
Brigitte Schirlinger
Kromow, Gesandtschaftsrat
Martin Müller-Görgner
Olga, seine Frau
Natascha Valentin-Hielscher
Praskowia
Renate Höhne
Raoul de St. Brioche
Darius Scheliga
Tänzerin
Barbora Babkova
Tänzer
Friedrich Bührer
Tänzer
Frederik Jan Hofmann
Tänzer
Christian-Louis James
Tänzerin
Lauren McCarron
Tänzerin
Jane Reynolds
Tänzerin
Anna Schwentner
Tänzerin
Alessandra Spada
Tänzerin
Sabrina Stein
Tänzer
Andrew Hill
Tänzer
Duncan Saul

Presse

Wie von leichter Hand geführt.

Was Temperatur, Schwung und Farbe angeht, steckt die Silvesterpremiere der Dortmunder Oper Harald Schmidts "Lustige Witwe" an der Deutschen Oper am Rhein locker in die Tasche. (...) [Matthias Davids] verzichtet auch auf sentimentalen Überdruck, so dass die gesamte Produktion von einer leichten Hand geführt scheint, wie sie auf der Operettenbühne nur selten anzutreffen ist.

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Westfälische Rundschau

Wie von leichter Hand geführt

Von Pedro Obiera 

Dortmund. Was Temperatur, Schwung und Farbe angeht, steckt die Silvesterpremiere der Dortmunder Oper Harald Schmidts „Lustige Witwe“ an der Deutschen Oper am Rhein locker in die Tasche. Der Schatten, den der plötzliche Tod der Bühnenbildnerin Marina Hellmann vor zehn Tagen über die Produktion legte, war angesichts der aufgeräumten Stimmung nicht zu spüren. Dafür sorgte ihr Vermächtnis für optisch besonders eindrückliche Momente. 

„Regisseur spitzt die Schlussszene effekt- und wirkungsvoll zu“

Am beeindruckendsten im Schlussbild, in dem der Catwalk des „Maxims“ von einer perspektivisch verzerrten Projektion des Eiffelturms überhöht wird, am ironischsten im zweiten Akt, in dem alle Klischees einer „heilen Welt“ samt überdimensionaler Putten und grell ausgemalter Gebirgslandschaften in hemmungsloser Drastik bis zur Schmerzgrenze ausgereizt werden. Damit wird eine ironische Brechung erreicht, mit der Regisseur Matthias Davids behutsamer umgeht. Man spürt, dass sein Metier das Musical ist, auch wenn er das unaufdringlicher zum Ausdruck bringt als Gil Mehmert in der Essener „Fledermaus“.

Vital und bunt fallen die Chor- und Tanzszenen aus, entsprechend wirkungs- und effektvoll spitzt Davids die Schlussszene zu. Insgesamt erinnert das Ganze an eine gut gemachte, flotte, wenn auch etwas brave Revue ohne kritische Hinterfragung des stilistisch problematischen Metiers. Allerdings verzichtet er auch auf sentimentalen Überdruck, so dass die gesamte Produktion von einer leichten Hand geführt scheint, wie sie auf der Operettenbühne nur selten anzutreffen ist.

Gut tat Davids daran, sich aktuelle Bezüge zu verkneifen und die Dialoge in ihrer neutralen Aussage zu belassen. Das Werben eines bankrotten Staats um Millionen einer ebenso reichen wie lustigen Witwe ist schließlich so eindeutig zu verstehen, dass die Handlung im fiktiven Pontevedro gut aufgehoben ist.

Auch musikalisch bereitet die Produktion großes Vergnügen. Kapellmeister Philipp Armbruster versprüht weit mehr Elan als sein Düsseldorfer Kollege Axel Kober und führt mit Feingefühl durch die bisweilen gefühsseligen Fallstricke der Partitur.

Sonderlob für die „Valencienne“

Vorzüglich die Protagonisten mit einer überragenden Christiane Kohl als Hanna Glawari und einem leicht indisponierten, dennoch charismatischen und rundum überzeugenden Gabriel Bermudez als Graf Danilo. Ein Sonderlob verdient Tamara Weimerich als Valencienne. Viel zu tun hat das Opernballett in hübschen, wenn auch nicht sonderlich originellen Choreografien von Melissa King.

Viel Beifall für eine sehens- und hörenswerte Operettenproduktion.

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Westfälische Rundschau

Operette im großen Format.

Was den Charme der Dortmunder Neuinszenierung von Lehárs Lustiger Witwe ausmacht, ist neben den genannten Elementen die Fähigkeit, Sänger und Tänzer bühnenwirksam auf- und abtreten zu lassen und ein Gespür für das richtige „Timing“. Kurz gesagt: Das Handwerkszeug, das einen guten Regisseur (auch) ausmacht. Matthias Davids versteht sein Handwerk offenbar ganz ausgezeichnet. (...) Im dritten Akt dann ist das Etablissement Maxim's mit Blick auf einen expressionistisch gestürzten Eiffelturm, ein grandioser Effekt. Das Bühnenbild von Marina Hellmann ist ein Ereignis. (...)

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Online-Musik-Magazin omm.de

Operette im großen Format

Von Stefan Schmöe 

Man nehme ein gut aufgelegtes und spielfreudiges Ensemble, stecke es in ansehnliche Kostüme und stelle es in opulentes Bühnenbild – und vertraue dann auf die Wirkung des Stücks: So leicht kann Operette sein. Stimmt natürlich nicht, denn was so leicht aussieht, muss zuvor hart erarbeitet werden. Was den Charme der Dortmunder Neuinszenierung von Lehárs Lustiger Witwe ausmacht, ist neben den genannten Elementen die Fähigkeit, Sänger und Tänzer bühnenwirksam auf- und abtreten zu lassen und ein Gespür für das richtige „Timing“. Kurz gesagt: Das Handwerkszeug, das einen guten Regisseur (auch) ausmacht. Matthias Davids versteht sein Handwerk offenbar ganz ausgezeichnet.

Die Premiere ausgerechnet auf den Sylvesterabend zu legen, ist ja nicht ganz risikolos: Zwar darf man auf ein Publikum in Champagnerlaune hoffen (und ein volles Haus soll es auch gegeben haben), ein Rohrkrepierer darf die Aufführung dann aber unter gar keinen Umständen werden. Ein Sylvesterpublikum ist sicher auch eher auf gute Unterhaltung aus und nicht auf regietheatrale Umdeutungen, das weiß auch der Regisseur – und so muss man schon sehr genau hinschauen, um kleine Anzeichen für Brüche oder Regiezutaten zu finden. Da ist eine im Grunde erzkonservative, dabei sehr gut gemachte Regie nicht das schlechteste. (In der hier besprochenen zweiten Aufführung holt der Alltag das Theater dann wieder ein: Ein nur halb gefülltes, ohnehin zu großes Haus mit einem Wochentagspublikum, das sich nur sehr allmählich in Partylaune versetzen lässt. Am Ende klappt aber auch das.)

In der Lustigen Witwe verbirgt sich hinter dem Fantasiestaat Pontevedro kaum kaschiert der Balkanstaat Montenegro, und eine Uhr mit dem Portrait eines Generals darf man wohl als Anspielung auf den jugoslawischen Staatsgründer Tito verstehen – das ist eine der wenigen versteckten Pointen, die über das Libretto hinaus gehen. Wichtiger noch ist freilich die gewundene Treppe, die große Auftritte ermöglicht und die Graf Danilo bei seinem ersten Auftritt sehr eindrucksvoll herabstürzt. Bei so viel spielerischer Virtuosität und Eleganz nimmt man dem Spanier Gabriel Bermudez auch seinen Akzent ab, was in den gesprochenen Passagen ja schnell störend sein kann (hier aber zu verschmerzen ist). Bermudez singt mit voller, runder Stimme und dem rechten Maß an Operettenschmelz. Christiane Kohl in der Titelrolle der Witwe Hanna Glawari erreicht nicht ganz die szenische Bühnenpräsenz ihres Gegenüber (und könnte sicher auch noch effektvoller gekleidet werden – für alle anderen Darsteller hat sich Judith Peter glanzvollere Kostüme ausgedacht). Mit ihrer großen, tragfähigen Stimme (sie singt auch die Senta im Fliegenden Holländer, unsere Rezension), immer sehr kontrolliert geführt, besitzt sie aber musikalisch die Ausstrahlung einer Diva, was diese Partie ja braucht. In beider Auftreten ist aber jederzeit klar: Paris liegt ihnen näher als der Kleinstaat, dessen Herrscherportraits dringend einer Restaurierung bedürften.

Das Bühnenbild zum zweiten Aufzug ist in mehrfacher Hinsicht eine Provokation. Zum einen des Motivs wegen: Einen Bergsee vor schneebedeckten Gipfeln sucht man in Paris, wo die Handlung angesiedelt ist, sicher vergebens. Zum anderen ist das eigentlich antiquierte Kulissenmalerei wie im Barocktheater, gerahmt von gestaffelten Vorhängen mit überdimensionierten Blüten. Zu allem Überfluss stehen auch noch allerlei puttenartige Statuen von aufreizender Naivität herum. Im Gegensatz dazu gibt es doch noch ganz sachlich den ausgiebig besungenen Pavillon, und auch wieder eine Treppe, auf der sich das Personal hervorragend arrangieren lässt. Das ist alleroperettenseligster Kitsch – und gleichzeitig von einer schwer zu beschreibenden Schönheit, weil es dann doch viel raffinierter ist, als es auf den ersten Blick aussieht. Je nach Beleuchtung ergeben sich verblüffende perspektivische Effekte. Damit ist ein doppelter Boden eingezogen, wird die Operette als eminent theatralisches Ereignis vorgeführt und somit der vordergründige Realismus der Regie durchbrochen. Im dritten Akt dann ist das Etablissement Maxim’s mit Blick auf einen expressionistisch gestürzten Eiffelturm, ein grandioser Effekt. Das Bühnenbild von Marina Hellmann ist ein Ereignis. Es sollte ihr letztes werden: Einige Tage vor der Premiere ist Marina Hellmann unerwartet verstorben.

Es macht sich natürlich gut, in so einer Operette ein paar Tänzerinnen und Tänzer aufzubieten, die auch ordentlich Walzer tanzen können; Chor und Gesangsensemble kann man dann ganz gut dahinter verstecken. Trotzdem hätte die Choreographie von Melissa King ruhig etwas mutiger ausfallen dürfen. Die Can-Can-Atmosphäre im Schlussakt ist solide, nicht mehr und nicht weniger; die Volkstänze im Mittelakt werden sicher einem Teil des Publikums gefallen, sie fallen allerdings unmotiviert aus der Handlung heraus und haben einen etwas anbiedernden Revue-Charakter, der ansonsten glücklicherweise nicht auszumachen ist. Der Chor singt ausgezeichnet (Einstudierung: Granville Walker), und der Regisseur, das sei noch einmal gesagt, weiß sehr genau, wer wann wo sein und wohin gehen soll. Das klingt banal, führt aber dazu, dass die Figuren auch in dieser unaufgeregten Regie Profil gewinnen. Da sind die sängerisch etwas dünnen, aber witzig karikierten Charmeure Cascada (Thomas Günzler) und St. Brioche (Darius Scheliga), der eifersüchtige Bogdanowitsch (Georg Kirketep) sowie der orientalisch angehauchte Kanzlist Njegus (Frederick Jan Hofmann), die einfach gut schauspielern und den Raum dafür bekommen. John Zuckerman ist ein stimmlich zwar leichtgewichtiger, aber beweglicher Rossilon mit angenehmen Tenorhöhen, Tamara Weimerich als von ihm umschwärmte (aber anderweitig verheiratete) Valencienne singt und spielt sehr charmant mit angenehmer, nicht zu kleiner Stimme. Hannes Brock gibt einen grundsoliden Baron Zeta ab.

Kapellmeister Philipp Armbruster lässt die guten Dortmunder Philharmoniker an entscheidenden Stellen süffig und mit vollem Klang aufspielen und trifft den Lehár-spezifischen Tonfall sehr gut. Das ist die Grundierung, vor der die einzelnen Nummern dann auch kammermusikalischen Charme entwickeln können. Rubati und Verzögerungen setzt er sparsam und unprätentiös, aber gezielt ein; in Kitschverdacht gerät er dabei nie. Lehárs Musik kann so ihre großen Qualitäten entfalten. Viel Applaus.

FAZIT 

Sylvesterparty- und alltagstauglich: Eine konventionell, dabei sorgfältig und opulent inszenierte Operette auf sehr ordentlichem musikalischen Niveau. Allzu nahe liegende Anspielungen auf die aktuelle Finanzkrise hat sich die Regie dankenswerterweise verkniffen.

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omm.de

So schön ist's im Maxm.

Silvester mit kessen Pariser Grisetten, die die Beine zum Can-Can in die Luft werfen, mit riesengroßen Putten, Luftschlangen-Feuerwerk, prächtigen Ballroben, gut gelaunten Festgästen und tollen Stimmen. "Die lustige Witwe" von Lehár feierte in der lange ausverkauften Dortmunder Oper eine rauschende Premiere. (...) Regisseur Matthias Davids, der eigentlich ein Musical-Spezialist ist, versteht sein Handwerk ausgezeichnet, inszeniert Operette genau so, wie sie sein muss: frech, flott, pompös, witzig, aber nicht überdreht. Er nimmt die leichte Muse ernst - genau so wie in Dortmund muss Operette sein.

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Ruhrnachrichten

So schön ist’s im Maxim´s

Von Julia Gaß

DORTMUND. Was für ein Fest: Silvester mit kessen Pariser Grisetten, die die Beine zum Can-Can in die Luft werfen, mit riesengroßen Putten, Luftschlangen-Feuerwerk, prächtigen Ballroben, gut gelaunten Festgästen und tollen Stimmen. „Die lustige Witwe“ von Lehár feierte in der lange ausverkauften Dortmunder Oper eine rauschende Premiere.

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gab es in Dortmund eine Silvesterpremiere. Überschattet war sie im Vorfeld vom plötzlichen Tod der Bühnenbildnerin Marina Hellmann (56). Ihre letzte Arbeit ist eine Augenweide.

Rolle des Charmeurs

Untrennbar verbunden mit dem Witwen-Werber Danilo ist Johannes Heesters. 1600 Mal sang er die Rolle des Charmeurs. In Dortmund erinnerte daran Gabriel Bermudez, der mit weißem Schal das Auftrittslied des Danilo sang. Der Bariton ließ sich als erkältet entschuldigen – davon hörte man jedoch wenig.

Opulente Ausstattung 

Die opulent gefüllte Bühne sah so aus, als habe die lustige, reiche Witwe Hanna Glawari ein paar ihrer 800 Millionen dem Ausstattungsteam der Dortmunder Oper zugesteckt. Verschwenderisch glitzert und funkelt es in üppigem Gold. Die Kostüme von Judith Peter sind ein Traum aus Seide und Pailletten. Die Bühnenbilder für die drei Akte sind Postkarten-Romantik-Motive zum Träumen. Dass Bühnenbildnerin Marina Hellmann den zweiten Akt in eine Berg-Landschaft am See mit Riesenputten verlegt, wundert zwar, ist aber optisch sehr gelungen.

Frech und flott

Regisseur Matthias Davids, ein gebürtiger Münsteraner aus Köln, der eigentlich ein Musical-Spezialist ist, versteht sein Handwerk ausgezeichnet, inszeniert Operette genau so, wie sie sein muss: frech, flott, pompös, witzig, aber nicht überdreht. Er nimmt die leichte Muse ernst – genau so wie in Dortmund muss Operette sein.

Quicklebendige Valencienne

Die gekürzten, nicht immer prickelnden Dialogtexte, bei denen es manchmal besser ist, wenn Lippen schweigen, wertet Davids mit viel Aktion auf. Der spielfreudige Opernchor, Tänzerinnen und Tänzer wirbeln über die Bühne, bringen Pariser Leben in die pontevedrinischen Botschaft, in den Garten am Pavillon und ins berühmte Maxim’s mit Blick auf den Eiffelturm. Immer mittendrin: Tamara Weimerich als quicklebendige Valencienne. Ihren Ehemann, den Baraon, spielt der präsente Hannes Brock. Christiane Kohl, die gefeierte Senta aus Dortmunds „Holländer“, ist jetzt die lustige Witwe. – Eine Hanna, die die Operette mit einer toller Stimme adelt. Nicht nur im Vilja-Lied, in dem Kohl wieder ihre berührend leisen Töne direkt ins Herz der Zuhörer und von Danilo bohrt. Viel Lust auf Komödienkoketterie hat die Sängerin auch.

Pariser Lebensart

Aus dem Graben klangen die Dortmunder Philharmoniker unter Kapellmeister Philipp Armbruster, der seine erste Premiere dirigierte, so spritzig wie Sekt. Champagner war’s noch nicht. Aber Lolo, Dodo Joujou, Froufrou, Cloclo werden dem Orchester noch Pariser Lebensart beibringen. Der Besuch im Maxim´s ist auf jeden Fall ein großes Vergnügen.

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Ruhrnachrichten

„Die lustige Witwe“ an der Oper Dortmund: ein Silvesterknaller.

Regisseur Matthias Davids nimmt konventionelle Elemente der Operetteninszenierung und verdichtet sie zu einer Folge fröhlicher Tableaus. Überall ist etwas los, überall gibt es etwas zu sehen. (...) Immer trubeliger wird das Treiben, die Ausstattung bunter. Man hat in Dortmund wenig Mühen gescheut für dieses Repertoire-Zugpferd: Operetten-Uniformen, immer neue farbenfrohe Kleider, „Nationaltrachten” und Cancan-Kleider (Kostüme: Judith Peter) vor falschem Marmor, Fototapeten und weiten Treppen. Die Bühnenbildnerin Marina Hellmann ist in dieser Woche plötzlich gestorben, die „Lustige Witwe” ist ihre letzte Arbeit. (...) Für das Finale hat sich Regisseur Davids einiges einfallen lassen: die Partyszene wird gleich ganz ins Maxim verlegt, die Grisetten schwingen die Beine und zum Schluss wird gar noch der Eiffelturm versenkt. Prosit Neujahr!

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Westfälische Allgemeine

„Die lustige Witwe“ an der Oper Dortmund: ein Silvesterknaller

Von Edda Breski

DORTMUND–Man soll das alles nicht so ernst nehmen: das Leben, die Liebe, das Heimatland. Als Symbol für diese Erkenntnis bläst auf der Dortmunder Bühne ein riesiger Engel einen rosa Luftballon aus seinem Mund wie eine Hubba-Bubba-Blase. Peng – sie platzt, und damit auch der Liebestraum der beiden Helden: vorerst zumindest. Am letzten Abend des Jahres hatte an der Dortmunder Oper die „Lustige Witwe” von Franz Léhar Premiere; ein großer Silvesterspaß, der mit einem Kracher endet.

Regisseur Matthias Davids nimmt konventionelle Elemente der Operetteninszenierung und verdichtet sie zu einer Folge fröhlicher Tableaus. Überall ist etwas los, überall gibt es etwas zu sehen. Das geht nur mit einem spielfreudigen Ensemble. Im Botschafterpalais herrscht reichlich abgewetzte Pracht. Das Faktotum Njegus (Fredrik Jan Hoffmann taucht mit skeptischer Miene überall dort auf, wo man ihn nicht vermutet) putzt Bilderrahmen, die verdächtig aussehen wie vergoldete, aber angenagte Kuchenpappe. Graf Danilo macht sein Entrée („Da geh‘ ich zu Maxim”) von der großen Treppe herab, ganz wie es zum Habitus des Lebemanns passt – leider fällt er dabei die Stufen herunter, weil er vorher im Maxim zu tief ins Champagnerglas geschaut hat. Er legt sich auf dem Billardtisch schlafen.

Die Ruhe währt aber nicht lange, denn in der „lustigen Witwe”, der von allen umflirteten Glawari, findet er seine Jugendliebe Hanna wieder, die er seinerzeit aus Standesüberlegungen nicht heiratete. Nun wird er vom Botschafter Zeta (würdevoll bis trottelig: Hannes Brock, der in diesem Jahr 20-Jähriges in Dortmund feiert) auf die Glawari angesetzt: Er soll sie aus vaterländischen Überlegungen heiraten, sonst gehen seinem Land Pontevedro ihre 800 Millionen verloren – und das bedeutet den Staatsbankrott.

Immer trubeliger wird das Treiben, die Ausstattung bunter. Man hat in Dortmund wenig Mühen gescheut für dieses Repertoire-Zugpferd: Operetten-Uniformen, immer neue farbenfrohe Kleider, „Nationaltrachten” und Cancan-Kleider (Kostüme: Judith Peter) vor falschem Marmor, Fototapeten und weiten Treppen. Die Bühnenbildnerin Marina Hellmann ist in dieser Woche plötzlich gestorben, die „Lustige Witwe” ist ihre letzte Arbeit.

Zwischen Alpenpanorama und gigantischen Engeln verwirren sich die Liebesangelegenheiten: Valencienne, die Botschafterfrau, wehrt sich halbherzig gegen die Avancen von Camille de Rosillon, der Hanna heiraten soll, was wiederum weder Hanna noch dem Grafen Danilo passt. Die uneingestandene Liebe zwischen den beiden verdeutlicht Davids, indem er jeweils zu dem Liebesthema, dem Walzer „Lippen schweigen”, ein Tänzerpaar auftauchen lässt. „Ja, das Studium der Weiber ist schwer” ist eine Zugnummer, die Sänger hüpfen selbst wie die Revuetänzer (Choreografie: Melissa King). Die Operette macht am meisten Spaß, wenn Sänger, Tänzer und der wie gewohnt gut geschulte, engagierte Dortmunder Opernchor (Einstudierung: Granville Walker) sich zu den trubeligen Massenszenen finden.

Das Ensemble wird überstrahlt von Christiane Kohl in der Titelrolle. Sie lässt im „Viljalied” ihre Stimme leuchten, sie überstrahlt die Gruppenszenen und gibt sich anschmiegsam in den Szenen mit Danilo. Das schnelle und freche Artikulieren ist nicht ihre Sache – ebensowenig wie die des restlichen Ensembles. Tamara Weimerich kann als Botschaftergattin Valencienne zwitschern und kokettieren, in der Liebesszene mit Camille schwankt sie zwischen Zagen und Nachgeben.

Gabriel Bermudez ist ein schöntimbrierter und spielfreudiger Danilo mit Hang zum Grimassieren. Er lässt sich als erkältet ansagen, schlägt sich dann aber gut, bis auf die Spitzentöne, bei denen er meist einen Halbton darunter liegt. Als Camille besticht John Zuckerman mit schönem Ton, aber wenig Volumen. Im Orchester haben vor allem die Streicher Spaß an den Kantilenen, an der zarten Begleitung der Liebeleien. Im Tutti kann der Ton etwas dick werden. Philipp Armbruster leitet die Dortmunder Philharmoniker.

Für das Finale hat sich Regisseur Davids einiges einfallen lassen: die Partyszene wird gleich ganz ins Maxim verlegt, die Grisetten schwingen die Beine und zum Schluss wird gar noch der Eiffelturm versenkt. Prosit Neujahr!

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Westfälische Allgemeine

Termine

31. Dezember 2011, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

05. Januar 2011, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

22. Januar 2011, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

26. Januar 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

03. Februar 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

09. Februar 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

18. Februar 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

22. Februar 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

11. März 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

16. März 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

15. April 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

21. April 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

08. Juni 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

20. Juni 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund

06. Juli 2012, 19:00 Uhr
Theater Dortmund