Stückinfo

Oper in drei Akten von Richard Wagner
Text vom Komponisten

Medien

(Produktionsfotos: Enrico Nawrath)

Leitungsteam

Musikalische Leitung
Daniele Gatti
Inszenierung
Matthias Davids
Bühne
Andrew D. Edwards
Kostüme
Susanne Hubrich
Choreografie
Simon Eichenberger
Lichtdesign
Fabrice Kebour
Dramaturgie
Christoph Wagner-Trenkwitz

Darsteller

Hans Sachs, Schuster
Georg Zeppenfeld
Veit Pogner, Goldschmied
Jongmin Park
Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber
Michael Nagy
Fritz Kothner, Bäcker
Jordan Shanahan
Walther von Stolzing
Michael Spyres
David, Sachsens Lehrbube
Matthias Stier
Eva, Pogners Tochter
Christina Nilsson
Magdalene, Evas Amme
Christa Mayer
Ein Nachtwächter
Tobias Kehrer

Presse

Wie am Schnürchen

Dass der Jubel beim Schlussbeifall so heftig ausfällt, liegt nun nicht allein am Konzept, das sich bescheiden hinter das Werk an sich, genauer: die reine Geschichte zurückzieht, ohne indes auf eigene Akzente zu verzichten. Es liegt auch an den Protagonisten, die vom dankbaren Publikum gefeiert werden. Eine Bayreuther Premiere, die große Teile der Besucher nicht mit Verrätselungen, Metaebenen und düsteren Bildern, sondern mit einer wie am Schnürchen ablaufenden Handlung und einigen entzückenden Einfällen, auch mit einigen emotional bewegenden Momenten erfreut.

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Bayreuth: „Die Meistersinger von Nürnberg“, Richard Wagner

Im dritten Akt schmunzelt man wieder. Man lächelt noch stärker, wenn man, wie der Rezensent, einen französischen Schwager hat oder/und sich in Frankreich oder den französischen Käsesorten auskennt. Man könnte allerdings auch zu jener Fraktion der Wagnerkenner gehören, die spätestens seit Alex Ross’ Wagner-Wirkungs-Großwerk Die Welt nach Wagner wissen, dass La Wachkyrie – oder genauer La Vache qui rit (Die Kuh, die lacht) – im ersten Weltkrieg als Persiflage auf die Valkyrie erfunden und sodann auf einen Käse übertragen wurde. Im dritten Akt sieht man sie also, riesig groß, über der Bühne schweben: Die lachende Kuh. Kein Wunder: Eva ist, so der Regisseur, die „Preiskuh“, die auf der Festwiese ersungen werden soll.

Vorne: Michael Spyres (Walter von Stolzing). Hinten: Tijl Faveyts (Hans Schwarz), Daniel Jenz (Balthasar Zorn), Matthew Newlin (Ulrich Eisslinger), Michael Nagy (Sixtus Beckmesser), Gideon Poppe (Augustin Moser), Georg Zeppenfeld (Hans Sachs), Jordan Shanahan (Fritz Kothner), Jongmin Park (Veit Pogner), Patrick Zielke (Hans Foltz), Werner Van Mechelen (Konrad Nachtigal), Alexander Grassauer (Hermann Ortel), Martin Koch (Kunz Vogelgesang).
© Enrico Nawrath

Es ist dies das größte Bild der neuen Meistersinger-Inszenierung, in dem etwas heiter Doppelbödiges zum Vorschein kommt. Man lächelt sogar sehr stark über die aufgeblasene Kuh, bevor ein Herr in der 17. Parkettreihe fast dröhnend den Auftritt der Eva regelrecht belacht. Die Meistersinger von Nürnberg sind im Jahr des Herrn 2025, man hört’s und sieht’s, eindeutig eine Komödie. Nach Barrie Koskys Inszenierung von 2017, die tief in die Geschichte des Antisemitismus und seiner Folgen für die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts einstieg, auch den Künstler Wagner selbst zum differenziert reflektierten Gegenstand seiner Oper über die Kunst machte, wollen Matthias Davids, bekannt aus Musical, Operette, Revue und Oper, und sein Team eindeutig „nur“ gute Unterhaltung bieten, indem sie die Komödie Komödie sein lassen. Dem Premierenpublikum gefällt’s mehrheitlich, nur wenige in Bayreuther Premieren obligatorische Buhrufe mischen sich unter den Jubel des Schlussbeifalls.

Dass er so heftig ausfällt, liegt nun nicht allein am sogenannten Konzept, das sich bescheiden hinter das Werk an sich, genauer: die reine Geschichte zurückzieht, ohne indes auf eigene Akzente zu verzichten. Es liegt gewiss auch an den Protagonisten, die, anders als der sichtlich unbeliebte Beckmesser, vom dankbaren Publikum gefeiert werden. Georg Zeppenfeld ist ein Sachs, der gegen das bisweilen dominante Orchester nicht dröhnen und röhren muss, um zu wirken. Er ist ein kostümlich zwischen dem 19. Jahrhundert und der Gegenwart changierender Sir, damit ein gelegentlich fragiler Intellektueller, der in der Runde der eher derben und sich gelegentlich in einen Rauchsalon zurückziehenden Schlaraffen der Meistersingerzunft fast wie ein Fremdkörper wirkt. Mit seinem höheren Bassbariton dreht er nicht auf, sondern drückt aus: von den Dialogen über die sinnlich-melancholisch Monologe bis zur Schlussansprache. Zeppenfeld ist, neben dem Stolzing von Michael Spyres, der Held des Abends; er ist ein Sachs, der den Rollenvertretern, die in den letzten Jahrzehnten auf der Bayreuther Bühne standen, einen Ton hinterherschickt, den man nur als edel bezeichnen kann – was Humor glücklicherweise nicht ausschließt. Zu den komischsten Stellen des Abends gehört sicher das gesungene, gehämmerte und sonstwie artikulierte Vokalduell mit Beckmesser, das Sachs nach Punkten gewinnt. Er wolle, sagte der Regisseur, nur die Komödie der Meistersinger inszenieren, ohne die ernsteren Motive vergessen zu machen, vor denen die Komödie erst glänzen kann. Hier ist es ihm auf den Punkt gelungen. Michael Nagys Beckmesser ist Sachs ein würdiger Gegenspieler: Sein Merker ist ein missgünstiger, notorisch humorloser und durchaus uncharmanter Charakterzwerg, der die Ansprüche, die Wagner an Beckmessers Organ gestellt hat, brillant erfüllt: als zischender Nebenbuhler und Ehrgeizling auf verlorenem Posten, auch als denn doch bemitleidenswerte Jammergestalt in der Schusterstube. Eine Komödienfigur, was sonst – aber eine, der die Regie am Ende denn doch, weil’s eine Komödie ist, mehr Gerechtigkeit widerfahren lässt als ihr Autor. Nein, es kommt am Ende nicht, wie bei Wolfgang Wagner und Götz Friedrich, zu einem schwer verständlichen Handschlag zwischen Sachs und Beckmesser, doch sieht man sie finalmente unter dem sonnengoldenen Showlichterbogen der Festwiese lebhaft disputieren: wohl auf Augenhöhe.

Michael Spyres (Walther von Stolzing), Georg Zeppenfeld (Hans Sachs), Christina Nilsson (Eva), Christa Mayer (Magdalene), Matthias Stier (David)
© Enrico Nawrath

Eva, die die junge verliebte Frau mit Verve spielt und sing, ist an diesem Abend die Schwedin Christina Nilsson, deren heller und artikulatorisch klarer Sopran in der Höhe eine reizende Schärfe aufweist. Somit ist sie die ideale Partnerin von Michael Spyres, dessen leuchtend-samtener Tenor bis zum Finale einen jugendlichen und stürmischen Ritter mit dem Talent zur Empfindung zeichnet, dem selbst im vom Orchester sehr breit ausziselierten Preislied der Atem nicht ausgeht. Daniele Gatti hat Erfahrung mit den Meistersingern, auch wenn sein Dirigat der Wiener Philharmoniker bei den Salzburger Festspielen des Wagnerjubeljahres 2013 erstaunlich inkonsistent war. Auch am 25. Juli wundert man sich über manch langsames Tempo und bemerkt einige Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Graben und Bühne (man wird sich zusammenruckeln), doch die Dehnungen, denen zumal das Preislied unterworfen wird, sind extrem. Andererseits gibt es so entzückende Nuancen im Pianissimo-Bereich und die schönsten zartesten Färbungen zumal bei den Streichern (doch nicht nur dort), dass die Meistersinger an diesem Abend über weite Strecken wie jene Goldschmiedearbeit glänzen, die Camille Saint-Saëns schon im Rheingold entdeckte.

Einige Buhrufe musste nicht allein Gatti, auch der Pogner des Jongmin Park einstecken: für mich insofern verständlich (nicht berechtigt), soweit es die klanglich knittrigen Außenränder seines kräftigen mittleren Basses betrifft. Matthias Stier macht den quicklebendigen David zu aller Vergnügen, seine Magdalene sieht bei Christa Mayer jugendlich aus und singt, der Grundidee des Abends folgend, die Komödie lustig aus – und der Nachtwächter ist mit seiner unverzichtbaren Wurzen bei Tobias Kehrer in der allerbesten Kehle. Außerdem hat er bis zum Schluss noch einige Nebenauftritte: mit und ohne Nachtwächterhorn. Bleiben die acht „kleinen“ Meistersinger und ihr Sprecher, der Herr Kothner, der mit Jordan Shanahan einen eindrücklichen Interpreten gefunden hat, während das Singeroktett einen Harmonieverein at its best bietet.

Sang auch der Chor mit der gewohnten Bayreuther Höchstleistung? Man hat unter dem neuen Leiter Thomas Eitler de Lint nicht weniger als vier Fünftel des bestehenden Personals ausgewechselt und den Bestand reduziert, so dass der Klang insgesamt verjüngt wurde, doch noch hat man rhythmisch nicht völlig zusammengefunden. Kein Angst, es wird noch, ein derartiges Ensemble ruckelt sich nicht, zumal nicht in den Meistersingern, in der Premierenvorstellung zusammen, aber der Sound war, so wie der hochrunde Wach auf-Chor, schon mal sehr schön. Nicht erst im Bayreuth des Jahres 2025 hat man in der Prügelfuge die action vom Chor mehr oder weniger abgekoppelt, um dem Klangkörper die Gelegenheit zu geben, auch wirklich alle Einsätze richtig zu treffen und ihm das Leben nicht noch schwerer zu machen. In diesem Falle schauen wir nicht allein auf ein paar aufeinander einschlagende Nachtgespenster und ein Beckmesser-David-Paar. Wir haben es gleich mit zwei mal zwei Doubles zu tun, die sich in einem schnell improvisierten Boxring regelrecht fighten. Doubles begegnen schließlich auch in Fülle auf der Festwiese. Das Gelächter ist natürlich groß, wenn zwei giftgrün gewandete Angela Merkels und zwei gelind flamboyante Thomas Gottschalks die Bühne betreten: vor einem Zuschauerraum, in dem sich gerade Angela Merkel und Thomas Gottschalk die laufende Oper anschauen… Man sieht: Davids macht ein Theater, das auch auf kabarettistischer Ebene unterhalten will und mit einfachen, doch sinnfälligen Bildern arbeitet. Das Dreieck, das Quadrat und der Kreis: dies sind, so der Bühnenbildner Andrew D. Edwards, die Grundelemente für jeweils einen Akt, mit dem eine Konstellation verstärkt wird. Die Treppe, die im Kopfakt zu einer winzigen Kirche führt, welche am Ende des für Stolzing katastrophisch endenden Aufzugs durchaus effektvoll umkippt, ist in jedem Sinn ein steiles wie deutbares Bild, das sich in der Vereinsszene zu einer eingeschnittenen Pyramide mit Hörsaal-Inlay hineindreht. Einziger Einwand gegen die Regie: Man schaut während des Niedersteigens der Chormitglieder – allesamt in einem von der Renaissance über das Barock und das Biedermeier bis hin zur Gegenwart kostümierten (Susanne Hubrich) Gänsemarsch der Epochen alle Aufmerksamkeit auf sich ziehend – nur mehr auf das dramaturgisch Unwichtigste, nicht mehr auf Eva, Stolzing und Magdalene, auf die es doch ankommt. Der Aufmarsch ist bezaubernd, aber er verstellt den Blick auf das Wesentliche. Doch charmant ist er, zugegeben… genauso charmant wie das Serenadenquartett, das die Instrumentaleinwürfe zwischen den Chorstrophen im Schatten der großen Treppe anstimmt: als wär’s ein Stück aus dem Barbier von Sevilla. Davids weiß ansonsten, wo er mehr oder weniger Bewegung und wo er gar nichts zu inszenieren hat. Der Versuchung, das Quintett in Bewegung zu bringen, erlag auch er, da Beckmesser gleichzeitig in gelinder Verzweiflung das fatale Lied einstudiert, doch taucht er im Dunkel des Hintergrunds nicht gleich zu Beginn auf und verschwindet, das ist gut so, schon vor dem magischen Höhepunkt des exzeptionellen Ensemblestücks, das im Übrigen stimmschön gebracht wird.

© Enrico Nawrath

Im zweiten Aufzug spielt, auf den Modellfassaden der sachlich gebauten Häuserfronten, das gleichsam ordentliche Quadrat die ästhetische Hauptrolle; zu Beginn des einsetzenden Chaos schwebt die obere Hälfte der warm beleuchteten (dafür ist Fabrice Kebour verantwortlich) Konstruktion in die Höhe, um sich, man weiß, warum, am Ende wieder mit dem Unterteil zu vereinigen. Der Kreis aber ist der Hauptraum des dritten Akts: in der Schusterstube, intern das „Oval Office“ genannt, und auf der Festwiese, auf der die Helden dieses Schlusses durch das Showrund der Sonne die Showtreppe hinablaufen. Nur Eva bleibt oben stehen, die „Preiskuh“, von der – da gibt es wieder ein herkulisches Gelächter in der 17. Reihe – nur das Gesicht zu sehen ist, weil sie, ausgestattet mit einer gewaltigen Blumen-Hochzeitskrone, scheinbar in einem geradezu barocken Blumenstrauß steckt. Die Komödie setzt, man sieht es deutlich, auf ungewöhnliche wie poetische, doch auch auf humorvoll entlarvende Schauwerte. In diesem Sinne sind die Meister in ihrer bürgerlichen Freizeit Mitglieder der Schlaraffia, doch weiß Davids, dass auch und gerade diese sehr spezielle Narrenzunft, die mit den mittelalterlichen Bräuchen spielt, über ein relativ strenges, wenn auch humordurchtränktes Regelwerk verfügt (dass man dort angeblich keine weltlichen Gesänge schätzt: das ist ein Textabrieb, den man einfach akzeptieren muss, aber der strenge Kothner ist ja auch ein besonders rigider Vereinssitzungsleiter). Wer einmal, beispielsweise in Bayreuth, eine Sitzung des Herrenvereins besucht hat, weiß, was gemeint ist… und das Volksfest des Finales ist tatsächlich eines, in dem alle möglichen, vor allem jugendlichen Trachten und Frisuren zum Einsatz kommen: vom Punk über das Dirndl bis zu Merkels bekanntem Kostüm, mit Heinzelmännchen, die, das ist schon sinnig, den Umbau zur Festwiese machen, auch mit diversen Volksfestköniginnen. Und der Tanz, man kann da wirklich nicht meckern, wurde, von Simon Eichenberger, beeindruckend, nämlich bildmächtig choreografiert. Ein Volksfest, was sonst?

Ach, das Volk… Wie hält es Davids schließlich mit der von ihm als „Wutminute“ bezeichneten Ausbruch des Volksredners Sachs gegen den Einbruch des „welschen Tand“ ins deutsche Land? Die Sache behält ihr Gewicht und wird doch nicht, das ist legitim, zur Hauptsache des Werks und des Finales erklärt. Beckmesser, frustriert von seinem Scheitern, frustriert auch über die Feierfreude, zieht einfach buchstäblich den Stecker, um der lachenden Kuh bei „Habt acht!“ die Luft rauszulassen. Sie erholt sich so schnell vom Entzug wie er ins Werk gesetzt wurde, denn Sachs, sichtlich erschüttert, dreht sogleich den Stecker wieder rein. Die Wutminute bleibt eine Minute, die Feier geht weiter, auch wenn Eva – nicht Stolzing! – beschließt, mit dem Geliebten auch ohne Meister glücklich zu werden und die Bühne zu verlassen. Man hat es oft so oder ähnlich gesehen, man kann es anders, aber auch so machen. Sachs diskutiert vermutlich immer noch über all das, was in den letzten Stunden und Minuten passierte, die Komödie geht weiter. Davids hat ganz Recht: Verbote in der Kunst bringen absolut nichts. Mag man auch, der Vergleich ist ja unausweichlich, die interpretatorische Fallhöhe zu den Meistersingern von 2017 bemerken, so hat Davids mit seiner auf die durchaus nicht oberflächliche, doch heitere Komödie setzend, fast das gesamte Publikum erreicht.

© Enrico Nawrath

Ist ja auch mal ganz schön: eine Bayreuther Premiere, die große Teile der Besucher nicht mit Verrätselungen und Übersetzungen, mit Metaebenen und düsteren Bildern, sondern ausnahmsweise mit einer wie am Schnürchen ablaufenden Handlung und einigen entzückenden Einfällen, auch mit einigen emotional bewegenden Momenten erfreut. Wagners Musik und Text widersprechen dem ja nicht, wenn es nur gut gemacht ist. Der Beifall war jedenfalls, die relativ wenigen üblichen Buhrufer gegen das Regieteam abgezogen, eindeutig. Da lachte, glaube ich nicht allein die Kuh.

PS: Man erlebt ja während einer Bayreuther Premiere immer wieder Neues wie Furchtbares. Diesmal war es das Aufsuchen der Plätze bis in die vierte Vorspielminute hinein – Rumpeln, Pumpeln, Lichter, Poltern, das ganze Programm, ausgelöst von Dutzenden (ich wiederhole: von Dutzenden) von zu spät gekommenen Besuchern. Das Zischen der anderen Besucher machte die Sache nicht besser; die ersten vier Minuten der Oper waren verloren. Hätte gerade noch gefehlt, dass man Popcorn knabbert – aber was nicht ist, kann ja noch kommen.

Frank Piontek, 26. Juli 2025

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Der Opernfreund

Die Bayreuther Festspiele brauchen frische Akzente – bei den neuen «Meistersingern» sieht man sie bereits

Der Regisseur Matthias Davids befreit Wagners Komödie um falsche Kunst und wahre Liebe vom Deutungsballast – das bekommt dem Werk bestens. Etwas mehr von dieser spielerischen Leichtigkeit wünscht man den Richard-Wagner-Festspielen im Ganzen.

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Das Leichte, das so schwer zu machen ist

Bei den Bayreuther Festspielen befreit Regisseur Davids die «Meistersinger» vom Deutungsballast – das bekommt Wagners Werk bestens

Christian Wildhagen, Bayreuth

Deutschlands neuer Bundeskanzler war dabei, die Bayerische Staatsregierung sowieso und manch bekanntes Gesicht aus Politik, Kultur und Wirtschaft auch. Die Bayreuther Festspiele taugen offenbar wieder als Bühne für Deutschlands Prominenz. Das war während der vergangenen drei Jahre anders: Olaf Scholz schickte zwar seine Kulturstaatsministerin, die für Theater sorgte, liess sich selbst auf dem Grünen Hügel aber nicht blicken. Dass Friedrich Merz es nun anders macht, enthält eine doppelte Botschaft: Er knüpft damit nicht nur an die Gepflogenheiten seiner Vorvorgängerin Angela Merkel an, die zu den treuesten Besuchern der Wagner-Festspiele zählt (und auch diesmal angereist war). Er bekennt sich mit seinem Besuch auch klar zur Bedeutung des Festivals, das nicht weniger als ein kulturelles Aushängeschild Deutschlands ist.

Die Festspiele brauchen allerdings mehr als bloss symbolische Unterstützung. Sie benötigen Planungssicherheit und eine effiziente Leitungsstruktur. Um beides wird seit Jahren vor und hinter den Kulissen gerungen, manchmal geht es dabei zu wie im Bierzelt. Denn wegen der komplizierten Gesellschafterstruktur mit dem Bund und dem Freistaat Bayern als wichtigsten Trägern reden hier seit langem mehr selbsternannte Experten mit, als einem Kulturbetrieb guttut. Das zeigt sich seit Jahren an dem Gezerre um die überfällige Sanierung des Festspielhauses. Es dürfte auch zu seinem 150-jährigen Bestehen 2026 eine Grossbaustelle sein – um vom maroden Charme der umgebenden Funktionsgebäude nicht erst zu reden. Und pünktlich zum Festivalauftakt am Freitag ist auch die Diskussion um das künftige Budget der Festspiele wieder hochgekocht.

Erst weckte Bayerns Kunstminister Markus Blume Hoffnungen mit der Forderung: «An den Bayreuther Festspielen darf nicht weiter gespart werden.» Dann bremste sein Gegenpart auf Bundesebene, der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, die Debatte gleich wieder mit vagen Andeutungen aus: «Wir sind guter Dinge, dass wir vernünftige Lösungen finden.» Dabei rechtfertigt die Höhe des in Rede stehenden Budgets solche öffentlichkeitswirksamen Schaukämpfe strenggenommen nicht: Es lag zuletzt bei 28 Millionen Euro, also geringfügig über dem des Lucerne Festival. Die öffentliche Hand steuert davon 35 Prozent bei, rund 10 Millionen. Abseits des Kulturbereichs geht es in Deutschland derzeit um andere Summen.

Zudem gibt es Bestrebungen, mit der Berufung eines neuen «General Managers» die Eigenwirtschaftlichkeit der Festspiele weiter zu erhöhen – und damit die politische Begleitmusik im besten Fall überflüssig zu machen. Vor allem aber wird Matthias Rädel, derzeit noch stellvertretender Direktor und Controller an der Deutschen Oper Berlin, die Aufgabe haben, die Festspielleiterin Katharina Wagner von administrativen Pflichten zu entlasten: damit sie den jüngst ins Stocken geratenen Prozess der künstlerischen Öffnung und Modernisierung wieder vorantreiben kann.

Bei der bereits zusammengestrichenen Jubiläumssaison 2026, die am Donnerstag en détail vorgestellt wurde, lässt sich zumindest noch erkennen, wohin die Reise gehen könnte. Ein neuer «Ring»-Zyklus unter der Leitung von Christian Thielemann wird erstmals mithilfe von KI-generierten Visualisierungen die wechselhafte Rezeptionsgeschichte der Tetralogie in Bayreuth aufarbeiten – ein durchaus origineller Ersatz für die weggesparte Neuinszenierung anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums der Uraufführung. Vor dem Rotstift retten konnte man zudem die hiesige Erstaufführung (!) von Wagners Frühwerk «Rienzi», das sonst nicht zum Kanon der im Festspielhaus gezeigten Opern gehört. Und mit Bernhard Langs neuem Musiktheater «Brünnhilde brennt» setzt man endlich auch die Reihe der Meta-Opern zu Wagner-Stoffen fort, die 2018 vielversprechend mit der Lohengrin-Paraphrase «Der verschwundene Hochzeiter» gestartet war.

Bereits mit der Wahl des Regisseurs für die Eröffnungspremiere dieses Sommers zeigt Katharina Wagner, dass es ihr auch um frische Akzente bei den Festspielproduktionen geht. Der Musical-Experte Matthias Davids soll die «Meistersinger von Nürnberg» offenkundig von dem interpretatorischen Ballast befreien, mit dem Wagners Komödie über falsche Kunst und wahre Liebe gerade an diesem Ort befrachtet worden ist, zuletzt von Barrie Kosky und von Katharina Wagner selbst.

Davids dagegen setzt ganz auf die genaue Arbeit an dem klugen und doppelbödigen Libretto, Wagners bestem Operntext. Schade, dass man sich in Bayreuth immer noch gegen eine zusätzliche Übertitelung sperrt, denn hier kommt es buchstäblich auf jede Nuance an. Zumal der Regisseur wirklich jede szenische Aktion während der dichten, ohne Spannungseinbruch durchgehaltenen viereinhalb Stunden Spieldauer aus dem Text ableitet.

Die «Meistersinger» dürfen hier folglich wieder einmal eine genuine Spieloper sein, eine Art Seitenstück zu Kleists «Zerbrochenem Krug». Das ist in der Tat erfrischend. Die altbekannten Fragen – ob die Hauptfigur Hans Sachs nicht doch ein verkappter Demagoge sei und der Kritiker Sixtus Beckmesser vielleicht eine antisemitische Karikatur – werden bei Davids nur wie im Vorbeigehen gestreift, sie sind nicht Hauptthema der Inszenierung (wie zuletzt bei Kosky). Davids nimmt damit den Druck aus und von dem Stück. Der spielerische Charakter wird überdies durch das grellbunte Bühnenbild von Andrew D. Edwards unterstrichen, das seine Kulissenhaftigkeit ebenso ausstellt wie eine gewisse Nähe zu einschlägigen Vorabend-Shows im Fernsehen.

Dass man der Illusion der grossen Leichtigkeit nie ganz vertraut, ist der aussergewöhnlich stimmigen Besetzung dieser Premiere zu verdanken. Die Sänger geben den Figuren Tiefe, blicken dabei aber, wie die Regie, immer nur kurz in die Wagner-typischen Abgründe. Meisterhaft gelingt diese Balance Georg Zeppenfeld, der aus dem Schusterpoeten Hans Sachs einen lebensklugen, gerade darum auch zweifelnden Künstler macht. Zeppenfelds Stimme klingt unterdessen merklich heller, jede Sarastro-Schwere ist einer gleichsam aus dem natürlichen Sprachduktus gewonnenen Agilität gewichen.

Mindestens ebenso beeindruckend ist die Unmittelbarkeit im musikalischen wie im sprachlichen Ausdruck bei den beiden Nichtmuttersprachlern Michael Spyres und Christina Nilsson, die ihre Bayreuther Rollendebüts als Stolzing und Eva geben. Ihre strahlenden, aber nicht zu schweren Stimmen harmonieren ideal: Den kunstbegabten Rittersmann und die freiheitsliebende Bürgerstochter, das hört man sofort, wird nichts und niemand trennen können – weder eine überholte Meisterregel noch ein Nebenbuhler.

Dass Beckmesser es trotzdem versucht, beschert ihm Hiebe und eine blutige Nase; schlicht deshalb, weil er die Befolgung erstarrter Kunstgesetze über das Leben stellt. Michael Nagy macht aus dem Kritiker denn auch keine Karikatur, eher einen Sonderling, der sich mit seiner Prinzipienreiterei vor allem selbst im Wege steht. Dass man über dieses seltsame Gebaren, nicht aber über den Menschen an sich lacht, ist der Anspruch an eine moderne Interpretation. Nagy erfüllt ihn glänzend, indem er nicht zuletzt alle plumpen Slapstick-Momente zurückdrängt. Schliesslich weiss er, dass die Musik seine Figur im Zweifel viel boshafter demaskiert als jeder szenische Gag.

Daniele Gatti am Pult des vorzüglichen Festspielorchesters liebt offenbar gerade diese Momente, in denen er eine eigene Geschichte entwickeln kann. Er liest Wagners Partitur in erster Linie als sinfonischen Erzählstrom, was die Sänger mitunter in Bedrängnis bringt. Aber er entdeckt in ihr auch Farben und Klangmischungen, die verblüffend weit ins 20. Jahrhundert vorausweisen, bis zu Mahler und Puccini.

Klassisches Wagner-Pathos liegt Gatti weniger, es würde auch kaum zum ironischen Ansatz der Regie passen. Die hat sich für die pompöse Schlussansprache von Hans Sachs noch einen Seitenhieb auf die politische Diskussion um Wagner aufgespart: Beckmesser zieht der unbequemen Deutschtümelei kurzerhand den Stecker. Damit erlischt jedoch auch aller Glanz der bislang so farbenfrohen Festwiese. Nur die Musik bringt man nicht so einfach zum Verstummen.

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Neue Zürcher Zeitung

Bayreuther "Meistersinger" lassen die Kuh fliegen

Die neuen "Meistersinger von Nürnberg" von Richard Wagner haben das Bayreuther Publikum in einhellige Verzückung versetzt. Die Neuinszenierung von Matthias Davids, dem Musical-Chef des Linzer Landestheaters, wurde bei ihrer Premiere am Freitagabend gefeiert. Fazit: So leicht und unterhaltsam war Richard Wagner selten!

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Bayreuther „Meistersinger“ lassen die Kuh fliegen

Bravo-Rufe, Applaus und begeistertes Getrampel für die Inszenierung des Linzer Musical-Chefs Matthias Davids

Die neuen „Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner haben das Bayreuther Publikum in einhellige Verzückung versetzt. Die Neuinszenierung von Matthias Davids, dem Musical-Chef des Linzer Landestheaters, wurde bei ihrer Premiere am Freitagabend gefeiert. Seine „Meistersinger“ haben viel Musicalhaftes: vor allem choreografierte Massenszenen, die dem neuen Bayreuther Chor auch darstellerisch einiges abverlangen.

Ganz anders als Barrie Kosky, der die „Meistersinger“ zuletzt in Bayreuth hochpolitisch in Szene setzte und Wagners Antisemitismus beleuchtete (Figur des Beckmesser), verzichtet Davids bewusst auf eine Interpretation der Geschichte.

„Jetzt sehe ich den Zeitpunkt gekommen, zum komödiantischen Inhalt des Stücks zurückzukehren“, hatte er vor der Premiere gesagt. „Es ist ja immer die Frage: Wie viel Konzept stülpt man einem Werk über, und verschüttet man damit die Story? Die Geschichte ist auch so schon kompliziert genug.“

Davids’ Inszenierung verlegt sich mit einem beeindruckenden Bühnenbild auf die Optik – und auf Klamauk, der zuverlässig unterhält. Wenn in der berühmten, chaotischen Chor-Prügelszene zum Ende des zweiten Aufzugs ein Boxring eingezogen wird, wird im altehrwürdigen Festspielhaus wie auf Befehl gelacht. Ebenso, wenn Beckmesser mit Sonnenbrille und Glitzer-Shirt einen verhinderten Glam-Rocker gibt. Kurzweilig ist das alles. Doch das Konzept der ganz leichten Muse trägt nicht über alle wagnerischen Längen hinweg.

Die Festwiese am Schluss könnte die Kulisse für eine 90er-Party sein. Schrill, bunt, fröhlich und mit verkleideten Zuschauergruppen – darunter Gartenzwerge, eine Kartoffelkönigin und gleich zwei Doubles von Angela Merkel, der deutschen Altkanzlerin, die auch Festspiel-Stammgast war – erinnert die Szene an den Eurovision Song Contest (ESC). Über allem schwebt eine riesige, bunte Plastikkuh.

Hier paart sich Nostalgie mit Eskapismus – einfach nicht hinschauen auf den Wahnsinn der Welt, auf die Gefahren für die Demokratie, auf zunehmenden Rassismus. Einfach mal Spaß haben!

Solider Hans Sachs

Das Bayreuther Publikum stört sich an diesem Ansatz nicht – im Gegenteil: Es dankt Davids weitgehend einhellig. Gefeiert wird Publikumsliebling Georg Zeppenfeld als Hans Sachs, der eine solide Leistung abliefert, aber schon stärkere Tage gesehen hat. Ähnlich viel Applaus gibt es für Michael Spyres und seine hervorragende Leistung als Walther von Stolzing, Christina Nilsson für ihre ähnlich starke Eva und Dirigent Daniele Gatti, der bei seiner Bayreuth-Rückkehr den Orchestergraben völlig im Griff hat. Bejubelt wird auch der neue Chorleiter Thomas Eitler-de Lint. Weil die Festspiele sparen müssen, war die Zahl der festen Mitglieder des Chors deutlich reduziert worden – bei Bedarf wird er durch einen „Sonderchor“ ergänzt.

Nach diesem überraschend unterhaltsamen, harmlosen Start in die Festspiele geht es kompliziert weiter: mit Valentin Schwarz’ umstrittenem „Ring“, der in diesem Jahr zum letzten Mal in Bayreuth zu sehen sein wird. (hel)

Fazit: So leicht und unterhaltsam war Richard Wagner selten!

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Oberösterreichische Nachrichten

Unterhaltung in Bayreuth

Mit alldem merkt man Matthias Davids als Musical-Regisseur, der vor allem im Finale mit groß-angelegten Chor-Choreografien (Simon Eichenberger), eingebauten Gags und Bühnenbild-Symbolik die Unterhaltung feiert.

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Unterhaltung in Bayreuth

Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg

Mit Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ wurden die diesjährigen Bayreuther Festspiele eröffnet. Der gefeierte Musical-Regisseur Matthias Davids lässt das „Satyrspiel“ mit einem großartigen Ensemble für sich wirken.

Der Musikalische Leiter Daniele Gatti beginnt mit einer drängenden Ouvertüre von Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“. Damit gibt er dem Werk über das Wettsingen der Meistersingerzunft um das Eheversprechen mit der Goldschmiedstochter Eva mit dem Festspielorchester einen leicht-heiteren Ton vor.

Wie das Festspielhaus auf dem Hügel thront im ersten Bühnenbild die Nürnberger Katharinenkirche auf einem Hierarchie-Berg (Bühne: Andrew D. Edwards). Eine sich verjüngende Treppe führt nach oben, was die Kirche perspektivisch noch höher erscheinen lässt. Eva (Christina Nilsson) schleicht sich aus der Messe und wirft Papierflieger zu dem unten schmachtenden Walther von Stolzing (Michael Spyres).

Sachs tragende Rolle

Der Treff der Sängerzunft öffnet sich auf der Drehbühne zur linken Seite der Treppe. Es ist ein tribünenähnlicher Hof wie als Spiegelbild zum Zuschauerraum – ein Hof zur Erweisung der künstlerischen Ehrhaftigkeit. Hier soll Stolzing Meistersinger werden. Denn auch, wenn er sich Evas Liebe sicher sein kann, darf – so der Vater (mit mächtigem Bass gesungen von Jongmin Park) – nur ein Meistersinger ihrer Ehe würdig sein. Es beginnt der von Stadtschreiber Sixtus Beckmesser angestachelte Hahnenkampf: Als „Merker“, also Zunftsleiter, visioniert er Eva an seiner eigenen Seite.

I. Aufzug Ensemble und Chor der Bayreuther Festspiele

I. Aufzug, Ensemble und Chor der Bayreuther Festspiele. Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

In dieser Szene tritt Hans Sachs erstmals auf, der als einziger nicht den Anstachlungen Beckmessers folgt, sondern die Ablehnung Stolzings als Meistersinger hinterfragt und dessen und Evas gegenseitige Zuneigung erkennt. Georg Zeppenfeld spielt Sachs großartig nicht nur als Pol der Ruhe und Weisheit, sondern im Zwiespalt der alten Ordnung und eigenen Empfindsamkeit – väterlich-konservativ singt er die anspruchsvolle Baritonpartie gefasst-ruhig aber auch emotional-drängend.

Subjektive Lebensvisionen

Im zweiten Akt öffnet sich der Vorhang zur bunten Fachwerk-Lebkuchenhaus-Fassade der Stadt. Dort macht sich Michael Nagy als Sixtus Beckmesser mit Herz-Gitarre und Sonnenbrille gekonnt-sympathisch zum Affen. Als schief intonierender Meistersinger vor Evas Balkon staunt er am meisten über sich selbst.

Und das ist es, was Zeppenfeld als Sachs eigentlich in der „Wahn!-Wahn!“-Arie in seiner Schusterwerkstatt im dritten Akt besingt: Die jeweils subjektiven Lebens-Visionen der Menschen. Diese lassen die Figuren in der Inszenierung karikaturesk erscheinen: Die große Eitelkeit des Stadtschreibers Sixtus Beckmesser, Michael Spyres‘ fast schon naiv-romantisch gespielter Stolzing – mit strahlend ausgesungenem Tenor –, und auch Sachs selbst, dem letztendlich die Meistersinger-Ordnung über allem steht.

Wagner-Bayreuth-Fest

Bühnenbild und Kostüme sind keinem bestimmten Zeitstil zuzuordnen: Die Inszenierung spannt einen Bogen von der streng-feinen Gesellschaft mit Puderperücken bis zum festlichen Arenafinale, in dem die Meistersinger wie eine Rockband auftreten und wild bejubelt werden – ein Volks-Wagner-Bayreuth-Fest vom Feinsten. Über allem schwebt eine Wagner-Persiflage: eine riesig aufgeblasene, bunte Ballon-Kuh, die „Wachkyrie“ (la vache qui rit) des französischen Illustrators Benjamin Rabier, ein Wortspiel von „Valkyrie“ für „Walküre“.

III. AufzugMichael Spyres (Walther von Stolzing), Georg Zeppenfeld (Hans Sachs), Christina Nilsson (Eva), Christa Mayer (Magdalene), Matthias Stier (David).

III. Aufzug, Michael Spyres (Walther von Stolzing), Georg Zeppenfeld (Hans Sachs), Christina Nilsson (Eva), Christa Mayer (Magdalene), Matthias Stier (David). Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Ironisches Kostüm-Vorbild der Meistersinger – Rittermäntel und Zipfel-Helmhauben – ist der 1859 vom Prager Theaterdirektor gegründete Männerbund „Schlaraffia“. Auch dessen verbindendes Element waren künstlerische Darbietungen und „ausschließlich Männer in gesicherter Position“ lautete damals die Satzung.

Ganz zum Schluss: die emanzipatorische Geste

Mit alldem merkt man Matthias Davids als Musical-Regisseur, der vor allem im Finale mit groß-angelegten Chor-Choreografien (Simon Eichenberger), eingebauten Gags und Bühnenbild-Symbolik die Unterhaltung feiert. Herausragende Höhen der Inszenierung liegen in der musikalischen Leistung des Ensembles zum ausdifferenzierten Klang des Orchesters. Ein solcher Moment ist das Quintett im Dritten Akt von Stolzing, Sachs, Eva, Evas Amme Magdalene (Christa Mayer) und Sachs‘ Lehrbuben David. Christina Nilsson singt im Rollen-Debüt eine klar-ergreifende Eva, Matthias Stier einen stimmagilen und bühnenpräsenten Lehrbuben David.

Im wilden Finale-Bohei wird Eva als ganzkörpergewandetes Blumenbouquet und Preis-Objekt präsentiert, während sich die Meistersinger davor um die Ehrwürdigkeit der Freier streiten. Als Stolzing durch seinen hingebungsvollen Gesang reüssiert und Sachs ihn überzeugt, die Meistersinger-Ehre als Mitglied mitzutragen, ist es schließlich Eva, die – bis dahin still beobachtend – in einer überraschenden emanzipatorischen Eingebung ganz zum Schluss des Unterhaltungsabends ihm den Orden aus der Hand nimmt. Kommentarlos gibt sie ihn Sachs zurück und lässt mit Stolzing an der Hand die Meistersinger gelackmeiert zurück.

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Die deutsche Bühne

Die Meistersinger lassen den Grünen Hügel lachen

Klar – Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ ist eine komische Oper, aber wann hat man mal in einer Inszenierung wirklich Tränen gelacht? Regisseur Matthias Davids ist eine wundervolle, bildstarke und farbenpralle Produktion gelungen, die vor allem eines bringt: grandiosen Spaß! ... Was für ein Fest!

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„Spielt, daß ’s lustig wird!“: „Die Meistersinger“ lassen den Grünen Hügel lachen

Klar – Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ ist eine komische Oper, aber wann hat man mal in einer Inszenierung wirklich Tränen gelacht? Regisseur Matthias Davids hat mit seiner Produktion von 2025 in Bayreuth sicher keine Experimente gewagt, aber es ist ihm eine wundervolle, bildstarke und farbenpralle Produktion gelungen, die vor allem eines bringt: grandiosen Spaß!

von Dr. Andreas Ströbl

Sind die neuen „Meistersinger“ zu brav?

In zahlreichen Besprechungen wurde Matthias Davids attestiert, eine zu brave, ja langweilige Neuauflage dieser Komödie, die soviel Ernst in sich trägt, auf den Hügel gebracht zu haben. Sicher, es gibt keine offensichtlichen politischen oder gesellschaftskritischen Aspekte oder provokanten Sichtweisen, aber es ist eine handwerklich solide Produktion mit liebevollen Einfällen, einer wundervollen Choreographie und bis ins Detail ausgearbeiteten Personenregie.

Das Spiel mit geometrischen Grundformen auf der Bühne von Andrew Edwards gelingt ausgezeichnet, vielleicht auch deswegen, weil die von ihm zugrunde gelegte Programmatik in der Ausführung so unaufdringlich und verspielt daherkommt. Ob das Dreieck, auf dem überzogen hoch im ersten Aufzug die Kirche ragt, das Quadrat, das sich in den ineinander geschachtelten Fachwerkhaus-Reminiszenzen im zweiten Akt mannigfach findet, oder der Kreis, der Hans Sachsens Werkstatt im Final-Aufzug umschmiegt – man muss darüber nicht nachdenken, weil die einzelnen Bilder in ihrer Ausgewogenheit und Detailverliebtheit wirken. Es gibt viel zu entdecken, weil sich überall witzige Querverweise, Schilder mit humorigen Bildern und Aufschriften sowie Zitate finden. Die Singschule nimmt innenarchitektonische Elemente aus dem Zuschauerraum auf – harte Sitze inbegriffen.

Aber in den wesentlichen Stellen passen die Requisiten auch zum Libretto: Es gibt einen echten Singstuhl und einen Schemel, auf den Eva ihren Fuß stellt, als sie der Schuh drückt.

Grandioser Spaß – und alles andere als Klamauk!

Simon Eichenberger hat sich auf die festlichen Fahnen seiner Choreographie geschrieben, bei den Gruppen- oder Massenszenen sehr viel passieren zu lassen. Es gibt zauberhafte Interaktionen zwischen den Mitwirkenden, aber das Lustigste, was seit Langem auf einer Opernbühne zu erleben war, ist die Prügelszene. Übrigens hat die Wagner tatsächlich während eines Nürnberg-Aufenthalts erlebt, er hat sogar mitgehauen. Das wusste Hans Martin Gräbner in seiner Einführung zu berichten – Gräbner ist in Bayreuth seit vielen Jahren eine echte Instanz – der Musikwissenschaftler und Komponist führt im Rokoko-Saal des Steingraeber & Söhne-Haus (Friedrichstr. 2, 95444 Bayreuth) jeden Tag um 11 Uhr vor einer Aufführung im Festspielhaus charmant, humorvoll und kenntnisreich in die jeweilige Oper ein. Er erzählte auch von Wagners Recherchen bezüglich der Tabulatur, also dem festen Regelwerk der Meistersinger, und wie das alles in der Oper gekonnt umgesetzt ist.

Doch zurück zum munteren Prügeln: Die gar nicht braven „Nämbercher“ dreschen nicht nur mit Fäusten und Füßen aufeinander ein; es wird in Sekundenschnelle ein Boxring für David und Beckmesser aufgebaut, in dem vor allem der Stadtschreiber sich mehr als ein blaues Auge holt. Viele im Publikum müssen sich hinterher die Brillengläser abwischen, weil alles voller Lachtränen ist. „Spielt, daß ’s lustig wird!“, rufen die Lehrbuben ja dem Stadtpfeifer zu und hier hat man das wunderbar wörtlich genommen.

Besser wird es dem Geschundenen nicht ergehen, denn bei Beckmessers nächtlichem Eindringen in die Schusterwerkstatt geschieht ihm ein Missgeschick nach dem anderen. Das ist schon fast wie in den frühen „Nackte Kanone“-Filmen, wird aber nie klamaukig.

Überhaupt soll dem armen Verlierer an dieser Stelle mal die Ehre der ersten Nennung zuteil werden. Michael Nagy gibt einen großartig schrägen Dachschaden-Beckmesser, er spielt gekonnt mit dem Text, variiert mit ausgesprochen angenehmer Stimme Betonungen und Aussprachen; seine metrischen Ausrutscher und Koloratur-Karikaturen sind einfach köstlich!

Auf den Hans Sachs von Georg Zeppenfeld hatte man sich schon im Vorfeld gefreut. Natürlich ist der große Sänger eine bewährte Bank und auch mimisch und spielerisch füllt er die Rolle grandios aus, aber man hat ihn schon lauter und verständlicher gehört. Natürlich teilt der erfahrene Künstler sich seine Energie für die Mammut-Rolle ein und legt in den wesentlichen Passagen dann auch zu.

Michael Spyres hat ja schon zuvor in der Rolle des Siegmund die Herzen des Publikums erobert, aber als Walther von Stolzing übertrifft er diese Leistung fast noch. Das zweimal gesungene Preislied ist im doppelten Sinne hochanspruchsvoll, denn gerade die Höhen meistert er souverän und mit fabelhafter Selbstverständlichkeit.

Christina Nilsson ist eine Eva zum Verlieben. Abgesehen von ihrem wundervoll strahlenden, mädchenhaften Sopran, gestaltet sie die Rolle so charmant und bezaubernd, dass man Walther und alle anderen, die sich um ihre Hand bemühen, nur allzu gut verstehen kann.

Der David von Matthias Stier ist ein liebenswerter, schelmischer Lausbub; stimmlich allerdings ist er von großer Reife und Strahlkraft. Eine der Spitzenrollen der Produktion!

Dagegen fällt die Magdalene von Christa Mayer etwas ab, denn sie ist allzu mütterlich, auch von ihrer zuweilen etwas gurrenden Stimme her. In den Alt-gefärbten Partien überzeugt sie dagegen umso mehr.

Der füllig-warme Bass von Jongmin Park passt ganz wundervoll zur Rolle des würdigen und väterlichen Veit Pogner, aber man versteht ihn nur stellenweise.

Als Meistersinger aus den altehrwürdigen Gilden haben Martin KochWerner van MechelenJordan ShanahanDaniel JenzMatthew NewlinGideon PoppeAlexander GrassauerTijl Faveyts und Patrick Zielke jeweils ihre sehr individuell gestalteten Auftritte und Partien, mit je zum Berufsstand passendem Kostüm von Susanne Hubrich.

Auffällig sind die ähnlichen Kopfbedeckungen, die an Schlümpfe, Dogen oder Narren denken lassen, aber hier werden die Kappen von Schlaraffen zitiert, und die sind ja auch so eine Männergemeinschaft mit festen Regeln, betont humorvoll, aber auch mit klaren Grenzen.

Ein liebenswertes Randglied der Gesellschaft ist der Nachtwächter, dem Tobias Kehrer volltönende Stimme und etwas schräge Gestalt gibt.

Ein vollendet schöner Glanzpunkt ist das Quintett von Sachs, Eva, Walther, David und Magdalene, gesanglich und vom zauberhaft sensibel gestalteten Klang des Festspielorchesters unter Daniele Gatti her. Längst vergessen ist, dass dem Dirigenten beim Vorspiel mal die verschiedenen leitmotivischen Linien etwas auseinandergeraten sind.

Ein Fest für Augen und Ohren!

Die Festwiesenszene ist in den Kritiken sehr unterschiedlich und mitunter abfällig besprochen worden, aber, um mit Hans Sachs zu sprechen: „Nicht jeder eure Meinung teilt.“ Das Ganze ist ein farbenprächtiges Wimmelbild mit allen möglichen und unmöglichen Gestalten und Gruppierungen. Unmöglich, weil Angela Merkel, Thomas Gottschalk und andere als Zwillinge auftreten. Das mag man albern finden, aber es stellt einen weiteren witzigen Bezug zu Haus und Hügel her. Es gibt, neben Folkloregruppen, Wiesenzwergen, Metal-Freaks und anderen die Kartoffelkönigin, die Bratwurst-, Erdbeer- und Rotweinkönigin und endlich auch mal die Drama-Königin.

Über die aufblasbare Kuh und Eva als Teil eines gigantischen Blumengebindes ist viel diskutiert worden, aber all das schafft eine augenzwinkernde Distanz zum inflationären Gebrauch des Wortes „deutsch“. Hans Martin Gräbner betont allerdings, dass bei der Würdigung der „heiligen deutschen Kunst“ das „heilig“ im Vordergrund stehe und die Kunst alle Reiche, auch das deutsche, überdauere. Ja, so steht es auch im Libretto.

Die Kuh kennt man aus der Käsereklame, und im Programmheft wird aufgelöst, dass „La vache qui rit“ eine französische Verhohnepipelung der „Valkyrie“ ist und über das tummelnde Toben der wilden Wunschmädchen letztlich die Kühe lachen. Dass Beckmesser den Stecker zur elektrischen Pumpe zieht, nimmt dem letzten nationalistischen Ruch die Schärfe, da geht dem Chauvinismus tatsächlich die Luft aus.

Das Orchester und vor allem der phantastische Festspielchor unter Thomas Eitler de Lint geben wirklich alles und schaffen ein wuchtiges, prachtvolles Finale. Die Gäste haben ihren Spaß, singen und tanzen, die hohen Werte sind ihnen wurscht. Eva und Walther machen das alles sowieso nicht mehr mit und verlassen die Szene, während Beckmesser nicht aufhört, mit Sachs über den verpfuschten Text zu diskutieren.

Vorhang zu, tosender Applaus, teils stehend. Was für ein Fest!

Dr. Andreas Ströbl, 3. August 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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klassik-begeistert.de

Innovationspause mit Andeutungen

Nur auf den ersten Blick ist die Eröffnungspremiere der Bayreuther Festspiele eine harmlos verspielte Komödie: Musical-Experte Matthias Davids und sein Team arbeiten ganz genau, setzen ihre Beobachtung der Gegenwart subtil um.

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OPERN-KRITIK: BAYREUTHER FESTSPIELE – DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG

Innovationspause mit Andeutungen

(Bayreuth, 25.7.2025) Nur auf den ersten Blick ist die Eröffnungspremiere der Bayreuther Festspiele eine harmlos verspielte Komödie: Musical-Experte Matthias Davids und sein Team arbeiten ganz genau, setzen ihre Beobachtung der Gegenwart subtil um.

von Roland H. Dippel

Zum 150-Jahre-Jubiläum der Bayreuther Festspiele 2026 gibt es jede Menge Ein- und Erstmaliges: Nur im Sommer 2026 kommt Wagners Früh- und Hitlers Lieblingsoper „Rienzi“ mit noch nie erklungenen Teilen dieser Großen Oper im Festspielhaus zur Aufführung. Ein „Ring“ mit KI-Rückblick auf die Festspielgeschichte unter Kuration von Marcus Lobbes und die Uraufführung „Brünnhilde brennt“ von Bernhard Lang und Michael Sturminger folgen. Ab sofort sind Packages verschiedener Größe mit Frühbucher-Rabatt für 2026 im Angebot. Katharina Wagner wünscht sich mehr finanzielle Unterstützung der Vermittlungsprojekte und kann sich Dank der Installierung des neuen General Manager Matthias Rädel auf die künstlerische Leitung konzentrieren. Das haben die Bayreuther Festspiele und die Bahn derzeit gemeinsam: Viele Baustellen.

Spiegel mit Filterfunktion

Die Regie-Überraschung bei der „Meistersinger“-Premiere durch Matthias Davids ist möglicherweise sogar wirklichkeitsnäher als manche Bayreuther Trend-Innovation der letzten Jahre – etwa die VR-Brillen bei „Parsifal“ 2024 durch Jay Scheib oder der zur redselig ausgebreiteten Beziehungshandlung aufgebrachte Bilderballast bei „Tristan und Isolde“ 2025. Der Musical-Experte Davids beherrscht sein Metier und ist durch die Rechtsgebundenheit von Musical-Inszenierungen immer zum genauen Blick auf die Regieanmerkungen angehalten. Diese Voraussetzung beherzigte er für Richard Wagners mit der Uraufführung 1868 in München sofort zum Dauererfolg gewordenen Oper. Bürgersatire, Satyrspiel, Posse mit Prügelei oder lyrische Komödie? Bei Davids‘ farbintensiver Deutschland-Satire steckt vieles, aber nicht alles drin. Wie beim Dirigat von Daniele Gatti gipfelt die Premiere nach leichten Anlaufschwierigkeiten in einem faszinierend doppelbödigen dritten Akt. Beim Schlussapplaus reagierte das Publikum mit weitaus weniger Buhs als in den Vorjahren, entsandte dafür relativ kurze, aber sehr laute Applausfontänen. Man fühlte sich beim Gesehenen einfach zuhause.

Permanente Party

Ein Hauptakzent liegt auf den vom Schusterpoeten Hans Sachs beschworenen „Wahn“. Wenn eine auf hohe Treppe gesetzte Kirche über dem hölzern-metallischen Spielraum des ersten Aktes thront, im zweiten bunte Fassaden für die im 16. Jahrhundert spielende Handlung Kopf stehen, Bäume urbane Begrünung zeigen und die finale Festwiese mit pinkem Kuhballon dekoriert ist, meint Andrew D. Edwards idealisierte urbane Wohn- und Glücksvisionen der Gegenwart. Farbigkeit übertüncht und beschwichtigt Miseren, macht in der Globalisierung alle gleich und schafft permanente Partystimmung. Susanne Hubrich hat sich für ihre Kostüme auf Straßenfesten jeder Couleur, Manga-Partys, Oktoberfesten und der Leipziger Buchmesse inspiriert. Hier verschwinden Gegensätze. Die Nürnberger Bürger inklusive Feiervolk, legitimer Queerness und Mädchen aus Fürth wirken nur geflasht, wenn Sachs zum Lob der „deutschen Meister“ ausholt und damit intensive Kunst-Ambitionen meint. Auch hier hauen der rebellische Edelbarde Walther von Stolzing aus Franken und Eva Pogner am Ende ab, während Sachs und sein Rivale Sixtus Beckmesser versöhnt poetische Schadensanalyse betreiben.

Szenenbild aus „Die Meistersinger von Nürnberg“

Szenenbild aus „Die Meistersinger von Nürnberg“

Die Accessoires sitzen bis zur als Bücherbörse relaunchten Telefonzelle. Matthias Davids und sein Team sind vor der Eskalation in die Prügelei nett, Abgründe hinter den Figuren und Fassaden zeigen sich erst später, aber nicht ganz. Überwiegend fokussiert sich alles auf den hübscheren Teil der Wirklichkeit – Anzeichen von Entsolidarisierung gibt es nur vage.

Männervereinigung „Schlaraffia“

Die Meistersinger sind diesmal eine Sektion der gutbürgerlich kunstsinnigen, im Umfeld des Deutschen Theaters Prag gegründeten Männervereinigung „Schlaraffia“. Diese pflegt unter mittelalterlichen Fantasieuniformen und -namen eine schöne Geselligkeit mit ironischer Geheimniskrämerei. Aus dem Dilemma, dass da in der Erholung vom Regelzwang des realen Lebens für die Mitglieder eigengesetzlich nervige Druckmittel entstehen, hätte Davids weitaus intensiver verdichten können. So bleibt es beim Spiegel einer Gesellschaft, die bei Manufactum oder Vintage Stores konsumiert und wachsende Armut nicht ins Selbstbild kommen lässt.

Tageslichttaugliche Walpurgisnacht vor Sonnenkreis und Schäfchenwölkchen

Wie im echten Leben herrscht Mangel an guten Handwerkern. So gerät die Schusterstube zum ehrlichsten, am wenigsten geschönten und in seiner Ambivalenz hoch achtbaren Panorama mit Geruch nach Leder, Staub und Werkstatt. Bis hierher musste man vermuten, dass die Verspieltheit dieser „Meistersinger“-Neuproduktion nicht an ihre Vorgänger – Barrie Koskys „Meistersinger“-Scharade im Haus Wahnfried, Katharina Wagners Rundumschlag gegen Kunst und Künstlichkeit – heranreichen könnte. Doch, das tut sie im dritten Akt reichlich. Davids und sein Team arbeiten genau, setzen ihre Beobachtung der Gegenwart subtil und nur auf den ersten Blick harmlos um. Die Festwiese ist eine tageslichttaugliche Walpurgisnacht vor Sonnenkreis und Schäfchenwölkchen. Simon Eichenberger staffelt die Massenparty in Rainbow-, Pop- und Knallfarben stellenweise sogar lustig. Aber was da auf dem Podium über Kunst und Krempel verhandelt wird, spielt keine Rolle – außer wenn subtile Themen für die fröhlichen Meuten vom Feieranlass zur Spaßbremse werden.

Szenenbild aus „Die Meistersinger von Nürnberg“

Szenenbild aus „Die Meistersinger von Nürnberg“

Musikalische Deutlichkeit

Hohe Rossini– und Mahler-Kompetenzen, dazu eine Bayreuther „Parsifal“-Erfahrung im Jahr 2008, sind für „Meistersinger“ eine profunde Einstiegsvoraussetzung. Zuerst begann Daniele Gatti arg breit, Nebenstimmen waren unhörbar und hinterließen im zu breit genommenen Vorspiel Löcher. Was in Wagners nicht nur heiterer Partitur wirklich steckt – bis zum Vordenken Richtung Moderne, an romantischem Leuchten und selten so deutlich gemeißelten Schroffheiten – hörte man erst in einem fulminant entwickelten Schlussakt. Da ziehen Davids, Gatti und der überragende Georg Zeppenfeld als Hans Sachs an einem Strang. Sachs ist also nicht nur der menschlich abgeklärte Humanist, sondern hat mit Anflügen von Autoritäts- und Allmachtsgedanken dunkle Seiten. Licht und Schatten wechseln in den 120 Minuten des Schlussaktes immer häufiger. Davids baut mit dem Ensemble logisch entwickelte Figuren, von denen nur Matthias Stier als David minimal abfällt. Bei Stier passen schlanke Linie und leichte Höhenrauheiten nicht zusammen. Christa Mayer gibt eine souveräne Magdalene und Christina Nilsson gestaltet Eva, wie es sein soll: leuchtend, mühelos und mit starkem Selbstbewusstsein hinterm Edeldirndl.

Partnerwahl als Luxusproblem

Mit dieser Besetzung der drei männlichen Hauptpartien erweisen sich alle inneren Konflikte von Evas Partnerentscheidung als Luxusproblem. Neben dem hier sehr cholerisch verzichtenden Sachs Zeppenfelds bewegen sich zwei andere Stimmen im Zenit. Michael Nagy wartet als Beckmesser nicht nur mit einer pink leuchtenden E-Gitarre auf, sondern auch mit außerordentlich hohen attraktiven und stimmlichen Wertigkeiten. Dieser Beckmesser ist jenseits von Wagners Judenkarikatur ein Prachtkerl mit vollendeten Umgangsformen und Instinkt fürs gesellschaftliche Parkett, aber in Sachen Kunst leider nicht der hellste. Michael Spyres geht seinen Rivalen Stolzing ohne zu großen Krafteinsatz in der Höhe an, zeigt konditionsstarke Höhenreserven, dabei immer schöne Linien und hohes Sympathiepotenzial. Feingeistige Gestik und Spyres‘ Faible für mittlere Dynamikbereiche wirken ideal ineinander. Jongmin Park gibt einen sympathischen und dabei neutralen Pogner, Jordan Shanahan einen markanten Kothner. Der Chor der Bayreuther Festspiele hat Leuchtkraft auch nach der Strukturreform. Alles inklusive Festspielorchester leuchtet nach außen, aber brodelt unter dem bunten Schein. Vieles steckt in den neuen „Meistersingern“ drin von der deutschen Wirklichkeit der jüngsten Vergangenheit zwischen Angela Merkel und Thomas Gottschalk – sogar einige Verdrängungsmechanismen aus den Wohlstandszonen und Komfortzonen. Gute Voraussetzungen für einen Erfolg bis zum Ende der noch frischen Legislaturperiode.

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Concerti

Feines Gedeck, Bauchschmerzen weg

Das Publikum wird von Spitzenkunst umfangen: Regisseur Matthias Davids taucht den Grünen Hügel in Musical-Farben und zeigt eine Wagner-Oper so unpolitisch und von historischen Hintergedanken unbelastet wie lange keine.

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Feines Gedeck, Bauchschmerzen weg

Ein verstolperter Start, aber danach wird das Publikum von Spitzenkunst umfangen: Regisseur Matthias Davids taucht den Grünen Hügel in Musical-Farben und zeigt eine Wagner-Oper so unpolitisch und von historischen Hintergedanken unbelastet wie lange keine.

Von Janis El-Bira

26. Juli 2025. Wohin bloß mit diesem Ding? Riesenwunderwerk und Riesenklotz. Das Schönste, was Mensch sich auszudenken vermag, und zwischendrin das Niederträchtigste zugleich. Wohin mit „heil’ger deutscher Kunst“ und „welschem Tand“, mit vielleicht oder vielleicht auch nicht Antisemitischem, Kunstreligiösem, Völkischem? Eine Antwort kann lauten: Hauptsache erstmal anfangen, hineinstürzen. Zum Nachdenken wird bestimmt noch Zeit bleiben.

Schnell und vor allem plötzlich geht’s dann auch tatsächlich los an diesem Bayreuther Eröffnungsabend. Kaum hatte der Bundeskanzler seine Loge bezogen und längst noch nicht das ganze Publikum auf die Plätze gefunden, da poltern aus dem Orchestergraben auch schon die C-Dur-Fanfaren des „Meistersinger“-Vorspiels. Ein Bayreuth-Start also mit Handylampen auf Sitzsuche und unvermeidlichem „Pssst“-Zischeln – was für ein Inspizienz-Fiasko! Aber wo weltweit Rundfunkanstalten zugeschaltet sind, lässt sich nicht immer auf die Herrschaften im Saal warten. Kleines Glück: Zu sehen gibt’s eh nichts, der Vorhang bleibt beim Vorspiel geschlossen, zu hören aber umso mehr. Schnatterige Holzbläser, Töne lupfendes Blech, herrlich sehnige Streicher, von Dirigent Daniele Gatti mit Richtungssinn zusammengehalten. Hoher Wonnefaktor trotz kurioser Bedingungen.

Treffsichere Effekte, keine Regie-Mätzchen

Wenn dann der Vorhang aufgeht, wohnt ganz oben der liebe Gott. Nürnbergs Katharinenkirche thront am Kopf einer steilen Himmelstreppe, so hoch, dass sie eher wie ein Kapellchen wirkt (Bühne: Andrew D. Edwards). Am Ende des ersten Aufzugs wird sie im allgemeinen Tumult und mit einem hübschen Pyro-Knallpuff fast vom Sockel geschossen – der Segen hängt sichtbar schief zwischen den singenden Handwerken mit ihrem Oberkontrolletti Beckmesser und dem ins Wettsingen um die Gunst der Bürgerstochter Eva einsteigenden Neuankömmling Stolzing. Wohl auch für derlei theatrale Effekt-Treffsicherheit dürfte Festspiele-Leiterin Katharina Wagner den Linzer Musicalsparten-Chef Matthias Davids überraschend mit der Neuinszenierung von Wagners einziger Komödie beauftragt haben. Davids ist der Typ „frischer Blick“. Einer, mit dem sich die Hoffnung verbindet, noch einmal unverbraucht auf dieses schwierig-tolle Stück schauen zu dürfen.

Tatsächlich plädiert der Regisseur für seine „Meistersinger“ zunächst entschlossen auf unschuldig. Alles ist erst einmal das und nur das, wonach es aussieht – und dabei putzig bürgerlich. In der Singschule gibt’s Mettigel und Brühkaffee, Nürnbergs Häuser leuchten warm auf Hans Sachs‘ Schusterladen. Von Hagen bis Dessau würden sich Intendanten wohl dankbar die Finger lecken nach einer so überhaupt nicht hallodrihaften Inszenierung. Konservativ, ohne altväterlich zu wirken, lebendig in der Personenführung, eine Spur wild in den alle Epochen plündernden Kostümen (Susanne Hubrich). Zum Heimspiel werden für Davids die munter choreografierten Massenszenen, die Prügelei des zweiten Akts, bei der sich der gelackmeierte Beckmesser fairerweise immerhin im Boxring verhauen lassen darf, oder die Gildenaufzüge auf der krachbunt eingerichteten Festwiese. Wer hätte das geahnt: Ein Hauch von „Les Misérables“ auf dem Grünen Hügel und das Publikum zeigt sich abgeholt wie selten.

Superstimmen

Und dann wird auch noch so fabelhaft musiziert und gesungen. Georg Zeppenfelds ultraviriler, hinreißend parlierender Hans Sachs – ein Alt-68er mit roten Socken, der im dritten Aufzug beim kurzen Gemütswechsel vom Melancholiker zum Wüterich gar die Fäuste reckt gegen seinen Protegé Stolzing. Michael Nagys gar nicht fratzenhafter Beckmesser, der wie ein in die Jahre gekommener Rockstar auf seiner E-Laute klampft – ja, selbst der Typ war mal cool, Kids! Die kumpelhafte „Girl next door“-Eva von Christina Nilsson, der baritonale, bronzene Tenor von Michael Spyres‘ Stolzing mit diesem kalorischen Hauch Operetten-Zuckerguss in der Höhe. Oder Matthias Stiers sehr lyrischer Lehrbube David. Es gibt ein zum Verrücktwerden schönes Schusterstuben-Quintett, den mit dieser Saison runderneuerten, exzellenten Chor und ein in tausend Farben charmierendes Festspielorchester, dem Daniele Gatti nur gelegentlich ein paar Dezibel zu viel durchgehen lässt, selbst für die Superstimmen da oben.

Bedenken waren gestern

So wird man mit jeder halben Stunde weicher. Sollte wirklich jemals jemand gemeint haben, im Beckmesser könnte die Karikatur eines Juden stecken, der zum deutschen Dichtergenius unfähig sei und deshalb so kläglich am (geklauten) Preislied scheitern muss? War jemals jemandem mulmig bei Hans Sachs‘ großer Schlussansprache über Kunst, Volk und Reich, von der sich die Nazis in Ekstase versetzen ließen? Eine Antwort liegt noch nicht lange zurück: Bei Barrie Kosky, der mit den vorherigen Bayreuther „Meistersingern“ genau dorthin ging, wo es ungemütlich wird, wuchs aus der Prügelfuge des zweiten Akts ein antisemitisches Pogrom, endete Sachs inmitten der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse. Hinter diesem weiten Wurf bleibt die aktuelle Neuproduktion gedanklich wie ästhetisch um Meilen zurück. Wäre man hart, müsste man sagen: Ihr Nicht-Wissenwollen ist ein bewusstes, ihre freundliche Naivität nichts als die aggressive Tilgung des hässlichen Rezeptionsballasts.

Aber man war ja weich geworden. Und weil das Neue in der Kunst nicht das Komplexere sein muss, sind vielleicht auch diese „Meistersinger“ Ausweis eines wachsenden Überdrusses am ödipalen Verhältnis zu „unseren“ Klassikern. Eine sehr zeitgemäße Unlust am dauernden Ringen mit denen, die das Werk in der Vergangenheit behandelt, verhandelt, auch beschädigt und beschmutzt haben. Der Wunsch jedenfalls, noch einmal ganz neu anfangen zu dürfen, ist auch an diesem Wagner-Abend im Zeichen des Normalmenschlichen greifbar. Am Ende gehen Hans Sachs und der lädierte Beckmesser gemeinsam von der Bühne, versöhnlich das Geschehene diskutierend: War doch kein großes Ding.

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Nachtkritik.de

Wir lassen die Preiskuh fliegen

Nach der Meisterleistung von Barrie Kosky, der die 'Meistersinger' aus einer turbulenten, egomanen Burleske um Richard Wagner selbst vom Salonantisemitismus über die Prügelfuge als Pogrom, die Bloßstellung der Beckmesserfigur als Judenkarikatur bis zum Nürnberger Kriegsverbrecherprozess 1946 geführt hatte, ist die Neuinszenierung ein Leichtgewicht – aber darin vielleicht doch der einzig mögliche Versuch, auf Koskys Virtuosität der Schwere zu reagieren.

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Wir lassen die Preiskuh fliegen

Die Bayreuther Festspiele eröffnen leichtgewichtig und einnehmend mit Matthias Davids‘ Inszenierung der „Meistersinger“

Die Prügelfuge ist verrutscht! Vom zweiten Aufzug ins Vorspiel und von der Bühne ins Publikum. „Können Sie nicht aufpassen, Sie Trampeltier?! Das Stück ist längst losgegangen!“ – „Lassen Sie mich gefälligst durch!“ – „Machen Sie endlich das Handy aus!“ Ja, aber wie ohne Taschenlampe seinen Platz finden? Im Bayreuther Festspielhaus ist es zappenduster. Daniele Gatti hisst im verdeckten Graben schon die orchestralen Zunftstandarten in C-Dur – ein Licht für alle, die nicht im Schauen wandeln.

„Die Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner sind musikalisch in vollem Gange, als Reste der saisonal üblichen Gafferbourgeoisie – vom Souvenirverkäufer verächtlich „Jubelperser“ genannt, nämlich Claqueure für die Politprominenz – verspätet in den Saal drängen. Sie hatten zu lange ihre Handys auf Friedrich Merz, Julia Klöckner und Wolfgang Weimer gerichtet, um rechtzeitig den Weg zum Platz zu finden. Ebenjener Teil des Publikums, der sich nur zur Festspieleröffnung in Szene und damit andere Prioritäten setzt als der Rest der Gäste. Die Prominenz selbst, auch Angela Merkel und Monika Grütters, macht weit weniger Aufhebens von sich.

Katharina Wagner, die künstlerische Leiterin der Bayreuther Festspiele, hat sich Matthias Davids für die „Meistersinger“ ihres Urgroßvaters ausgesucht. Davids leitet seit Langem erfolgreich die Musical-Sparte am Landestheater Linz. Nach zwei politisch stark aufgeladenen Inszenierungen von Wagners menschenfreundlichem Kunstdiskursstück mit deutschnationaler Schlagseite – ihrer eigenen und der von Barrie Kosky – wollte sie die „Meistersinger“ einmal wieder als Komödie ernst genommen wissen.

Das gelingt jetzt zunächst vor allem dem Bühnenbildner Andrew D. Edwards. Für den ersten Aufzug ersann er eine verzwergte Katharinenkirche auf dem Gipfel einer aberwitzig steilen Treppe, dahinter ein Meistersinger-Auditorium mit Bestuhlung und Architekturelementen wie im Bayreuther Festspielhaus. Bevor der Vorhang fällt, hängt der Kirchensegen schief. Im zweiten Aufzug geraten wir in ein neu-altfränkisches Fachwerksammelsurium mit Verbalkungen in den Farben Karotte, Curaçao und Cassis, dazwischen lutschpastillenfarbene Tännchen in den Geschmacksrichtungen Lavendel, Islamoos und Gletschereis. Wenn die Prügelfuge – endlich an der richtigen Stelle – kommt, fliegen die Häuser auseinander.

Im dritten Aufzug sitzt Sachs in seiner Werkstatt wie in einem aufgeschnittenen Fass. Die Trostlosigkeit ist aber nur Anlauf für den bühnentechnischen Kracher des Abends: die Festwiese. Lichterbogen vor weißblauem Himmel, davor eine aufgeblasene Kuh im Keith-Haring-Design, die alles überwölbt und mit vier erigierten Zitzen, die die Form von bunten Kondomen im Belastungstest haben, nach oben strebt. Es ist wahlweise wie „Ein Kessel Buntes“ im Fernsehen der DDR oder ZDF Fernsehgarten. Eva, Veit Pogners Tochter, gesungen von der Heldensoubrette Christina Nilsson, trägt Helene-Fischer-Frisur und wird als lebender Blumenberg aufs Podest geschoben. Am Ende steigt sie aus ihrer Rolle als Preiskuh recht emanzipiert aus.

Wenn Georg Zeppenfeld, ein Ausbund an vokaler Intelligenz, als Sachs den von deutschen Regisseuren gefürchteten deutschnationalen Schwenk in der Schlussansprache macht, zieht Beckmesser – Michael Nagy, noch so ein Ausbund an vokaler Intelligenz – den Stromstecker für die Kuh und lässt die Luft aus der Sache. Mit so viel Witz und Leichtigkeit hat seit Langem kein Regisseur, im Verbund mit seinem Bühnenbildner, diese heikle Stelle gemeistert. Dass Sachs den Stecker wieder einsteckt, macht die Kuh auch zur Metapher für die Aufgeblasenheit jenes Postulats einer nationalen Überlegenheit der deutschen Kunst.

Darüber hinaus sind gutes Handwerk, saubere Personenregie und Durcharbeitung der Figurenbeziehungen zu sehen, aber wenig Witz. Das Bühnenbild, ohne Rückwand und Deckelung, erschwert die für eine Komödie essenzielle Textverständlichkeit. Doch die Solisten agieren exzellent. Nagy hat sich in der verklemmt-ehrgeizigen Gestik, im Sprechen durch Hände und Füße, sehr viel von Johannes Martin Kränzle als Beckmesser abgeschaut. Zum Stelzengang einer pikierten Saatkrähe agiert er mit Stimme und Diktion hochvirtuos. Eine Glanzleistung als Beckmesser! Und auch der agile, federleichte, aber körperreiche Tenor von Matthias Stier beglaubigt einmal die Verliebtheit in Magdalene wie die Anhänglichkeit an seinen Meister Sachs.

Nilsson gibt im großen Quintett des dritten Aufzugs den Ton zauberischer Entrücktheit vor, den Gatti mit dem Orchester leider nicht völlig geglückt aufnimmt, ist aber ansonsten eine wache, freche, sehr aktive Eva. Zeppenfeld, wie immer ein Vorbild für alle in Fragen der Diktion, singt einen leichten, eleganten Sachs, der erst im dritten Aufzug seine Wut und seine erotische Verzweiflung herauslässt. Warum Christa Mayer als Magdalene am Ende Buhrufe kassiert, ist nicht nachzuvollziehen, da gerade sie die situationsbezogene Pointierung des Singens neben Nagy und Zeppenfeld am besten beherrscht. Eher kann man die Buhs für Jongmin Park verstehen. Seine wohlklingende Bassstimme steht dem Veit Pogner zwar gut zu Gesicht. Aber wenn er im Sängerwettstreit „Öhva, moin oinzig Künd, zur Ööh“ (statt: Eva, mein einzig Kind, zur Eh‘) verspricht, klingt er wie Erich Ponto als Professor Schnauz in der „Feuerzangenbowle“. Er hätte mit Tobias Kehrer, dem vorzüglichen Nachtwächter, die Rollen tauschen sollen.

Bleibt Michael Spyres als Walther von Stolzing: ein tenoraler Charismatiker von tiefengrundierter süßester Höhe, ausgezeichneter Fähigkeit, blitzrein, aber warm intonierte Töne zu binden und in Wagners wenigen Ornamenten mozartsche Wendigkeit zu beweisen.

Der von Thomas Eitler-de Lint einstudierte Chor bewegt sich mit Spielfreude durch die Szenen, auch wenn es in der Prügelfuge wie im Festwiesen-Bild einige Wackler gibt. Gatti liebt einen weich aufblühenden, selbst bei großer Lautstärke lieblichen Orchesterklang. Manchmal wäre größere Rücksichtnahme auf die Sänger zu wünschen und eine stärker szenenbezogene Zuspitzung von Spannungsmomenten. Nach der Meisterleistung von Barrie Kosky, der die „Meistersinger“ aus einer turbulenten, egomanen Burleske um Richard Wagner selbst vom Salonantisemitismus über die Prügelfuge als Pogrom, die Bloßstellung der Beckmesserfigur als Judenkarikatur bis zum Nürnberger Kriegsverbrecherprozess 1946 geführt hatte, ist die Neuinszenierung ein Leichtgewicht – aber darin vielleicht doch der einzig mögliche Versuch, auf Koskys Virtuosität der Schwere zu reagieren.

JAN BRACHMANN

 

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Frankfurter Allgemeine Zeitung

So macht Antifaschismus Spaß

Nazivergangenheit und Judenhass: »Die Meistersinger von Nürnberg« ist Richard Wagners politisch umstrittenste Oper. Trotzdem gerät die Neuinszenierung in Bayreuth zu einem großen Vergnügen. Matthias Davids und seinem Team ist es gelungen, 'Die Meistersinger von Nürnberg' mit viel Heiterkeit zu entnazifizieren. Das ist in unseren Zeiten eine fast schon utopische Botschaft.

Spiegel

Wagner goes Musical

Davids sorgt mit Bravour und Intelligenz für Leichtigkeit und Spielwitz, anspielungsreich und bilderstark. Im heikelsten Moment, wenn es um die „heil’ge deutsche Kunst“ geht, lässt Davids buchstäblich die Luft raus. Die riesige aufgeblasene Plastikkuh über der Festwiese fällt schlaff zusammen, Eva und Stolzing hauen einfach ab, ohne sich weiter feiern zu lassen. Elegante Lösung.

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Bayreuther Festspiele
Wagner goes Musical

Matthias Davids eröffnet mit seiner Inszenierung der „Meistersinger“ die Bayreuther Festspiele. Er überrascht mit einer knallbunten Komödie.

Kein Musikantenstadl, sondern „Die Meister­singer von Nürnberg“ von Wagner

Foto: Enrico Nawrath

Endlich einmal eine Ouvertüre ohne Bebilderung! Aber als Daniele Gatti im verdeckten Orchestergraben den Taktstock hebt zum etwas mulmig intonierten C-Dur-Akkord, rumort es im Saal. Etliche sind noch auf der Suche nach ihren Plätzen, die Smartphone-Taschenlampen tanzen in der Dunkelheit.

Dann geht der Vorhang auf im Festspielhaus Bayreuth: Der Bühnenraum gähnt schwarz, eine aberwitzig steile Holztreppe führt hinauf zu einem winzigen Kirchlein mit erleuchteten Fenstern, das ausschaut wie in einem Märklin-Modelleisenbahndorf.

Aus dem Off tönt der mächtige Choral, die Bühnenmusiker trödeln herein, Eva schaut oben von der Treppe herab, unten lungert Walther von Stolzing im Hoody herum, bastelt einen Papierflieger, den er hinaufschießt zu Eva. Er kommt nicht an. Viele vergebliche Flieger liegen schon am Boden, Stolzing lässt sich schließlich mit ausgebreiteten Armen seufzend auf den Boden fallen. So verliebt! Schon diese erste Szene zeigt an: Hier soll es lustig und leicht zugehen, mit starken Bildern und spielfreudigem Personal.

Ambivalent und kontaminiert

Gute Idee eigentlich. Denn von allen Wagner-Opern sind „Die Meistersinger von Nürnberg“ der heikelste Brocken. Es geht schon los mit der Gattungsbezeichnung: Wagner hat das Werk in seinen Entwürfen zwar als „Komische Oper“ bezeichnet, schließlich aber ein Label ganz weggelassen. Weil die „Meistersinger“ eben zutiefst ambivalent sind. Ein Hybrid aus Satire, kunsttheoretischem Diskurs, Tragikomödie, Drama. Und noch dazu stark kontaminiert durch die heikle Re­zep­tions­ge­schichte nebst Anti­semitismusverdacht.

In Bayreuth sollen nun – nach zwei betont politischen Inszenierungen von Katharina Wagner und Barrie Kosky – endlich einmal die heiteren Züge des Werks zu ihrem Recht kommen. Dazu hat man mit Regisseur Matthias ­Davids einen ausgewiesenen Musicalspezialisten geholt, der für Leichtigkeit und Spielwitz sorgen soll.

Und das tut er mit Bravour und Intelligenz, anspielungsreich und bilderstark, obwohl Andrew D. Edwards raffinierte Bühnenbilder und Susanne Hubrichs grellbunt durch die Zeiten vagabundierende Kostüme im Laufe des Abends immer dicker auftragen. Der Regisseur sorgt dafür, dass niemals Stillstand herrscht auf der Bühne, das riesige Solistenensemble ist ständig in kommunizierender Aktion.

So erzählt Davids viele kleine Geschichten neben der großen, auch vom Chor steht niemand unbeschäftigt herum. Beim Quintett der Hauptfiguren zeigt sich sorgfältig ausgefeilte Personenführung, die ganz nah am Text bleibt, dennoch manche Situation ganz neu beleuchtet, allein durch Gesten, Blicke, gezeigte Unsicherheiten.

Elegante Lösung

Optisch und vom Habitus des Bühnenpersonals sind wir bei Davids in der Gegenwart und in einer DSDS-Atmosphäre, Geschmacklosigkeit ist Programm. Die Meister tragen bizarre Zipfelmützen, als tage hier ein Elferrat, am Buffet labt man sich an Mettigeln und Brühkaffee, einer der Meister verschwindet zum Kiffen, und Hans Sachs trägt rote Socken, womöglich ein Alt-68er?

Hans Sachs steht hier nicht über den Dingen, sondern neigt zu Wutausbrüchen und weinerlicher Melancholie, Eva ist selbstbewusst und zupackend, David ungewohnt lyrisch, Stolzing ein arg selbstverliebter Ego-Star und Beckmesser keine Nervensäge, sondern eine hinreißend komische, weil eigentlich zutiefst traurige Figur.

Es gibt enorm viel zu sehen in dieser quirligen Inszenierung und witzige Anspielungen, wie etwa einer der Lehrbuben, der als Christian-Thielemann-Look­alike umherspringt. Im heikelsten Moment, wenn es um die „heil’ge deutsche Kunst“ geht, lässt Davids buchstäblich die Luft raus. Die riesige aufgeblasene Plastikkuh über der Festwiese fällt schlaff zusammen, Eva und Stolzing hauen einfach ab, ohne sich weiter feiern zu lassen. Elegante Lösung.

Musikalisch vom Feinsten

Dennoch bleibt das Gefühl, dass etwas fehlt an diesem Komödienabend, der viel über normale Menschen erzählt, aber wenig über sehr grundsätzliche Fragen an die Kunst nachdenkt, die das Werk „Meistersinger“ ja mit viel Nachdruck stellt.

Musikalisch ist fast alles vom Feinsten, Daniele Gatti gelingt nach verstolpertem Beginn flüssige Frische und Transparenz, Michael Spyres singt mit seiner stimmlichen Sonderbegabung als Baritenor einen Stolzing mit bronzener Mittellage und feinen Piani, viel Geschmack und einem Hang zum kalkuliertem Zelebrieren. Christina Nilssons Eva-Sopran ist enorm tragfähig, mit leichtem Klirrfaktor, Matthias Stier ist ein David mit Mozart-Attitüde, Georg Zeppenfeld wächst in seiner für ihn eigentlich zu hoch liegenden Partie als Hans Sachs über sich selbst hinaus.

Und Michael Nagy ist ein überragender Beckmesser, stimmlich und darstellerisch der eigentliche Held des Abends. Beim dezimierten und neu besetzten Chor gibt es allerdings reichlich Luft nach oben, es klappert und die frühere Homogenität des Klangs ist dahin. Große Begeisterung, kaum Buhs.

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taz

Und Richard Wagner so: Let me entertain you!

Matthias Davids bringt den Grünen Hügel zum Lachen. Fazit: So eine Inszenierung brauchen die Festspiele, sie ersetzt nahtlos den Kratzer-'Tannhäuser' als Publikumsmagnet. Solche Produktionen geben Luft, an anderer Stelle brutal zu inszenieren.

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Und Richard Wagner so: Let me entertain you!

Teutonik mit Tiefgang: Musical-Spezialist Matthias Davids bringt den Grünen Hügel zum Lachen – ohne den „Meistersinger“-Kern zu verraten. Und Dirigent Daniele Gatti wischt der Partitur den Staub ab

Von Manuel Brug

Zum Glück weiß Daniele Gatti, wo beim Bayreuther Festspielorchester der Staubsaugerschalter ist. Den legt er um – und hoovert erst einmal robust durch die „Meistersinger“-Noten. Das ist auch dringend nötig: Denn so viele im Dunkeln irrlichternde Handy-Displays, auf den Holzstufen herunterpolternde Endgeräte und per Taschenlampenfunktion rücksichtslos quer durch die Stuhlreihen sich ihren Weg erkämpfende Zuspätkommer, Personalausweisvergesser oder schlicht ungezogene Besucher hat die notorisch im ersten Vorspiel – man sieht im mystischen Abgrund halt den Dirigenten nicht hereinkommen – um Ruhe kämpfende Eröffnungspremiere am Grünen Hügel lange nicht mehr erlebt.

Klar, es ist diesmal ein besonders großer Politzirkus im 149. Bayreuther Festspieljahr: angefangen bei der Bundestagspräsidentin über den Kanzler, das halbe CDU-Kabinett samt Kulturminister bis zur traditionsgemäß gesamtverpflichteten bayerisch-weiß-blauen Söder-Entourage. Dazu Angela Merkel, die später, neben ihrer physischen Präsenz in Weiß, auch noch – mal weiblich, mal trans – mit einem doppelten Gottschalk in ihrem lindgrünen Zweiteiler von 2019 und 2022 auf der Bühnen-Festwiese gedoubelt wird.

Daniele Gatti, der hier zwischen 2008 und 2011 einen eher drögen Herheim-„Parsifal“ dirigiert hat und im Salzburger Sommer 2013 ebenfalls wenig aufregend Stefan Herheims märchenhaft-harmlose „Meistersinger“, fängt sich schnell. Er dirigiert das restliche Vorspiel hurtig, farbenreich, transparent. Er bleibt generell sinfonisch, trumpft selten auf, setzt dezente Akzente, hält alles nuancensatt im Fluss. Das kälingt nicht sehr italienisch, aber elegant und ausbalanciert. Gatti hat die gefürchtete Prügelfuge rhythmisch federnd im Griff, lässt die melancholischen Stellen des dritten Aktes matt glimmen und blühen – und er nimmt den bisweilen plakativ-maliziösen Witz des Regisseurs Matthias Davids in seiner kreischbunten Festwiese auf. Musikalisch ist das eine positive Überraschung.

So wie auch, für viele Wagnerianer, die ihn überhaupt nicht kannten, die Verpflichtung des Musical-Experten Davids für die einzige Komödie des Meisters eine Überraschung war. Doch wie sonst soll die Künstlerische Leiterin Katharina Wagner den Werkstattcharakter ihres Festivals betonen, als wenn sie – nach zwei dezidiert politisch-festspielreflexiven „Meistersinger“-Produktionen von ihr selbst (2007) und 10 Jahre später von Barry Kosky – das vielfach malträtierte nicht ein weiteres Mal in den konzeptionellen Nazi- und BRD-Aufarbeitungswürgegriff des Regietheaters nehmen lässt? Nun darf es mal wieder Komödie sein.

Zumal Matthias Davids, am Landestheater Linz langjähriger der einzigen deutschsprachigen Musicalsparte, gelernter Hornist und auch opernerfahren, keineswegs nur an der Oberfläche surft – wie man vorher im unterhaltungsabweisenden Deutschland gleich wieder naserümpfend unkte -, sondern die ganze, reiche, herz- wie tränenrührende Vielfalt von Richard Wagners vielleicht nicht sehr buffa-flotter, aber sehr menschlicher Komödie aufspreizt. Ohne Antisemitismuskeule und Nationalismushammer lässt sich in der Partitur wie in den Figuren so viel Schönes, Wahres und Gutes finden, dass es über viereinhalb Stunden eine permanente Freude ist.

Und was soll man dagegen haben, wenn jemand – gerade in unserer gegenwärtig so heillos deprimierenden, von rechten wie libertären Scharfmachern vorangepeitschten globalen Weltlage – einfach nur sagt: „Let me entertain you“ – und das auch noch sehr professionell und versöhnungsbereit kann? Wie er das kann, sieht man schon, kaum dass sich die grüngraue Wagnergardine hebt: Bühnenbildner Andrew D. Edwards hat auf die leere Szene eine pyramidal steilschmale Treppe gebaut, auf deren Spitze die (nicht spezifisch nürnbergerische) Katharinenkirche thront. Die Kirche, aus der anfangs ein Choral-Ende tönt, wird zum Aktfinale zwar noch im Dorf gelassen, aber deutlich aus der Balance gebracht sein. Denn der Ritter Stolzing hat da – wenn auch noch ungelenker Meistersinger-Anfänger – bereits seinen ersten Bedeutungsanker eingeschlagen, um das absurd-umständliche Regelwerk auszuhebeln. Was sich hier nur noch mit Bildtafeln als flotte TikTok-Choreo visualisieren lässt.

Seine Eva, die oben steht, liebt Stolzing ganz offensichtlich schon länger. Die zwei turteln; da ist viel kleinteilige Bewegung drin, man schießt sich Papierflugzeuge zu, rudert albert am Boden. Aber dann muss der Junker hoch hinauf, denn nur oben gibt es Parnass und Paradies. Ein goldenes Geländer leistet Hilfsdienste. Am Fuß der Himmelstreppe weist eine sehr deutliche Verkehrstafel (wie in Kratzers Kult-„Tannhäuser“) auf den etwaigen freien Fall hin. Doch hinunter kommt zunächst die Kirchengemeinde. Susanne Hubrich, die im Verlauf des Abends noch viele, auch schrille Kostümideen hat, kleidet sie in Schwarz – als Modedefilee von der Dürer-Zeit über Barock, Rokoko, Wagner-Zeitgeist bis ins 21. Jahrhundert japanischer Arbeitsmigranten. Die Bühne dreht sich, offenbar als Singschulsaal ein Festspielhaus-Komposit aus Fachwerk, Eisengerüst und den berüchtigten Kaumpolstersitzen. Sogar mit einem Raucherkabinett, in dem besonders gern der basssonore Pogner (Jongmin Park) und der wadennackte Gewürzkrämer Ulrich Eislinger (Matthew Newlin) verschwinden.

Der schlanke, gar nicht alte Hans Sachs des auch stimmschlanken, wortdeutlichen, sie geschickt die Riesenpartie einteilenden Georg Zeppenfeld (bei Herheim/Gatti war er noch Beckmesser) trägt eine Weste mit harlekineskem Rautenmuster. So kommt die Commedia dell’arte zu Wagners teutonischer Komik – mit Weltkomödien-Anspielungen auf Shakespeare: die gelben Malvolio-Socken Beckmessers; die spillerige Strohhut-Anmutung von Tijl Faveyts als Strumpfwirker Hans Schwarz, die an den Junker Andras Bleichenwang (ebenfalls aus „Was ihr wollt“) erinnert.

Und erst die Meistersinger-Aufmachung mit ihren phrygisch-jakobinisch-dogenartigen Mützchen, den absurden Mänteln und Ketten; ein vermutlich sprechender Hut à la Hogwarts gehört auch noch dazu. Dazu natürlich ein von allen bestücktes Fressbüffet – Beckmesser steuert einen Mettigel mit Salzletten bei. Das alles ist so possierlich wie vergnüglich. Lilablaurosa leuchtet im zweiten Akt ein Fachwerkdurcheinander samt hohler Gasse zwischen Sachs- und Pognerhaus – eine Referenz an Wieland Wagners zweite Bayreuther „Meistersinger“-Inszenierung. Wir haben zwar Gegenwart, aber immer mit nostalgischem Rezeptions-Touch: etwa die gelbe, nun mit Leihbüchern gefüllte Ex-Telefonzelle, hinter der sich die Liebenden verstecken, aus der der arg malträtierte Beckmesser krabbelt. Michael Nagy spielt ihn fabelhaft – als komische, würdige Gestalt, singt super präsent, wenn auch mit etwas grau-gleichfömigem Timbre.

Das Klopf-Zupf-Duo zwischen ihm und Beckmesser gerät körperhaft bühnenfüllend, zumal er mit seiner herzförmigen E-Laute wie ein unterfränkischer Ozzy Osbourne mit Blinke-Boots, schwarzer Brille und Silberwams daherkommt. Zur Prügelfuge fliegt alles geordnet auseinander. Die Dächer schweben, die wie erzgebirgische Hobeltannen aussehenden Bäume wanken in ihren Fugen; selbst der Wegweiser-Mast („Wahn der Weg“ und „Wesendonck-Allee“ sind ausgeschildert) schwankt, und alles flackert feuerorange.

Sehr lyrisch-fragil gelingt die ganz aus subtiler Personenregie erwachsende Schusterstube. Darin fällt Beckmesser der Leistenhaufen zusammen, und es kracht ihm der Hocker weg – da kann es mit dem geklauten Gedicht nichts werden. Der teetrinkende Sachs, der seiner Frau hintertrauert und weiß, dass er Eva nicht bekommen kann, wirft wütend die Möbel um. Herrlich entfaltet sich das Quintett, über dem selig – wie die Sonne ihres Glücks – die anfangs unruhige, jetzt endlich kraftvoll aufsteigende Stimme von Christina Nielsson lacht.

Ein offener Umbau, leichte Versatzstücke – und schon sind wir auf der Festwiese: So kreischig und billig, so künstlich und absurd wie das RTL-Scheunenfest, wenn der singende Bauer eine Frau sucht. Die vom fröhlichen David (Matthias Stier) angeführten Lehrbuben mit Zipfelmützen, japanische Mango-Influencerinnen, so ostentativ humorbiestig wie der via KI lachende Richard Wagner im Programmheft. Dieser lederhosenlastige Billig-Rummel, der dem ebenfalls anwesenden Florian Silbereisen sicher bekannt vorkam, wird immer wieder von klug beobachteter Charakterkomik durchbrochen. Wenn die scheinbar passiv als absurder Blumenkugel-Preispokal zwischen Kartoffel- und Rotweinköniginnen (Hubert Aiwanger sitzt mit einer echten Jagdkönigin im Publikum) platzierte Eva aus dem Grünzeug steigt, nun aussieht wie Inka Bause – und mit ihrem noch zaudernden Stolzing patent emanzipatorisch von dannen zieht. Nicht ohne vorher Papa Pogner die angebotene Meisterkette in die Hand zu drücken. Wenn Beckmesser singt und scheitert, am Ende aber mit Sachs im nächsten Meistersinger-Diskurs verstrickt ist – obwohl die Jungen ausgestiegen sind. Das Vereinsmeiern muss eben weitergehen. Wenn der wunderbare Baritenor Michael Spyres seinen allerersten Stolzing in einem preiswert zu nennenden Preislied gipfeln lässt, wie es das an Klaus Florian Vogt gewöhnte Bayreuth schon lange nicht mehr gehört hat. Und wenn endlich Sachs in seiner Ansprache zu Ehren der deutschen Meister wütend ausbricht – aber ohne „furor teutonicus“. Es sind eigentlich nur diese paar Sätze, die uns Deutsche an den „Meistersingern“ ob ihres obszönen Missbrauchs dauerwürgen lassen. Es geht auch ohne. Diese intelligente, mehrbödige, aber nicht überfrachtete neue Bayreuther Inszenierung hat es bewiesen. Fast perfekt besetzt (einzige Ausnahme: die Magdalene der verdienten Christa Mayer), stimmig liebevoll dirigiert von Daniele Gatti. Frisch und durchhörbar: der – natürlich wieder mal umstrittene – neu zusammengestellte Chor unter der Leitung Thomas Eitler-de Lint.

Matthias Davids spielt aufmerksam mit seinem Personal: seien es die Straßenmusikanten als Kontrafaktur des Beginns, die nochmals hinter der Schusterstube vorbeistapfen; der beinahe ins Quintett einsteigende Beckmesser; oder der als Messdiener eingeführte, am Ende den Johannistag verschlafende Nachtwächter des alphornblasenden Tobias Kehrer. Und so wurde aus den in jeder Hinsicht anstrengenden „Meistersingern“ auf einmal ein langer, aber heiter endender, sehr teutscher Johannisnachttraum. Mehrheitlich bejubelt zwischen den Akten, am Ende mit lang anhaltendem, wenn auch nicht enthusiastischem Beifall bedacht.

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Die Welt

Wagner für die nächste Generation

Mitnichten setzt Matthias Davids auf billigen Klamauk. Er nimmt auch die dunklen Aspekte der "Meistersinger" ernst, die Figuren haben oft mehr Tiefe als manche, die in der Tradition mit Grabesmine steif am Bühnenrand standen. Besonders Bass Georg Zeppenfeld als Hans Sachs zeigt mit der Finesse eines Schauspielers neben Güte und Weisheit auch Hader, Trauer und Wut und schafft so ein weit differenzierteres Bild als üblich.

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Wagner für die nächste Generation

Die Bayreuther Festspiele wagen die „Meistersinger von Nürnberg“ mit Musical-Appeal – Das ist viel besser, als Kritiker meinen

Machen wir uns nichts vor, die Oper ist kein Genre für die junge Generation. Es sei denn, sie unterhält, sieht jung aus, knüpft an heutige Bildwelten an, langweilt nicht. Ausgerechnet die konservativen Bayreuther Festspiele hat Katharina Wagner zum Labor für die Zukunft des Musiktheaters gemacht: mit dem kühn-grandiosen „Tannhäuser“ von Tobias Kratzer, mit dem (missglückten) VR-Brillen-„Parsifal“, 2026 mit dem KI-„Ring“ – und aktuell mit der Neuproduktion der „Meistersinger von Nürnberg“ in der Regie des Linzer Musical-Spartenleiters Matthias Davids.

„Let me entertain you“ mit Wagner? Das kann heiter werden. Die neue Ästhetik verleitet zu Kurzschlüssen. Prompt hagelt es die erwartbare Kritik: Nett sei das, naiv, „handwerklich gut gemacht“ ist noch das größte Kompliment. Wagners Biografie und Hitlers Begeisterung müssten bedacht werden, Bayreuth müsse immer auch ein wenig schmerzen. Gute Einwände, doch, ob man Wagners Werk und Bayreuth mit dem Beharren auf Ernst und Historie wirklich in eine lebendige Zukunft führt? Der Wandel der Bühnenästhetik weg vom Rittermuseum irritiert manche so sehr, dass sie Verflachung sehen, wo keine ist. Mitnichten setzt Matthias Davids auf billigen Klamauk. Er nimmt auch die dunklen Aspekte der „Meistersinger“ ernst, die Figuren haben oft mehr Tiefe als manche, die in der Tradition mit Grabesmine steif am Bühnenrand standen. Besonders Bass Georg Zeppenfeld als Hans Sachs zeigt mit der Finesse eines Schauspielers neben Güte und Weisheit auch Hader, Trauer und Wut und schafft so ein weit differenzierteres Bild als üblich.

Die Regie erzählt die Geschichte des Sängers Walther von Stolzing, der zu neuartig dichtet und komponiert für die regelbesessenen Meistersinger, in spektakulären, farbprächtigen und bewegten Bildern. Die Meistersinger sind ein schräger Männerclub mit Hang zum Karnevalsverein. Man wirft sich in Mäntel, Kappen, Schärpen, baut in der Nürnberger Katharinenkirche ein Kaffee-Kuchen-Buffet auf, ständig geht einer rauchen, Schnaps gibt’s auch. Die Bühne von Andrew D. Edwards ist ein Meisterwerk für sich: Im ersten Aufzug eine 35-Stufen-Treppe gigantischen Ausmaßes, die zur Kirche hinaufführt, hier werfen sich Eva und Walther ihre ersten verliebten Blicke zu. Mit einer 45-Grad-Drehung der spektakulären Bühnenarchitektur befinden wir uns im Inneren der Kirche, die mit ihren Holzklappsitzen, Fachwerk und Ballonlampen stark ans Festspielhaus in Bayreuth erinnert – auch dieses ist schließlich jährlicher Treffpunkt von Meistern des Gesangs.

Im zweiten Akt eine wunderschön stilisierte Nürnberger Altstadt in Fachwerk, davor eine Telefonzelle, die längst zur Büchertauschstation umfunktioniert ist. Der Johannistag im dritten Akt spielt auf einer Festwiese der völlig durchgedrehten Art: Ein himmelblauer Kitschhimmel wird eingeflogen, Strahlenkranz aus Glühbirnen wie in alten Fernsehshows, Fahnen, über allem eine gewaltige, bunte, aufblasbare Kuh. Der Chor feiert in Lederhosen und Zwergenmützen. Instagram-Girlies, Doubles von Gottschalk und Merkel (oder ist es Gloria?) treten auf, von der Kartoffelkönigin bis zur Dramakönigin sind alle dabei beim Over-the-top-Volksfest samt Sängerwettstreit. Aus zwei Strohbündeln wird die Bühne gebaut, wer hier gewinnt, kriegt Eva zur Braut, die in einer lebensgroßen Blumenbouquet-Sänfte herbeigetragen wird. Im Ernst: Wer das nicht komplett irre findet, der tickt nicht richtig. Oder er ist „Meistersinger“ und betrachtet den Irrsinn als seine heilige Tradition.

Genau das führt zu einem zentralen Punkt von Matthias Davids‘ Deutung: Zuerst hat das Volk hier Spaß, der riesige Extrachor im Finale (zuvor waren es nur rund 15, die Sparmaßnahmen lassen grüßen) tanzt in köstlichen Choreos von Simon Eichberger. Überhaupt ist an diesem Abend fünf Stunden lang alles in Bewegung, sofern Wagners Libretto es halbwegs zulässt. Niemals steht wer an der Rampe und singt, auf keinen Fall steht ein Chor in Reihen und wartet auf den Einsatz. Dieses Verquicken von Musik, Schauspiel und Bewegung – das ist das Kerngeschäft von Musical, oder auch vom Musiktheater der Zukunft. Mattias Davids ist genau der richtige Regisseur dafür, hier darf die Oper gern dazulernen.

Jedenfalls: Es herrscht beste Laune – bis die Meistersinger auftreten. Als Hans Sachs die üblen nationalistischen Verse von der „heil’gen deutschen Kunst“ singt, zieht Beckmesser den Stecker, und die Luft ist raus aus der heil’gen Kuh, die über allem thront. Vor allem aber: Walther pfeift auf die Meisterwürde und verschwindet mit Eva von der Bühne und aus diesem semantischen Raum der längst sinnentleerten gestrigen Ordnung. Das ist dann wohl kaum die harmlos-naive Deutung, die Kritiker dem Regisseur vorwerfen.

Musikalisch sind die Augen gerichtet auf US-Tenor Michael Spyres im Rollendebüt als Stolzing. Darstellerisch darf er noch zulegen, sein Ton aber ist von traumwandlerisch mühelos-lyrischer Anmut. Georg Zeppenfeld hat stimmlich an Substanz eingebüßt, haushaltet aber klug und ist im zweiten und dritten Akt mustergültig auf dem Punkt. Christina Nilsson ist eine scharf-präsente Eva, Matthias Stier ein traumhaft klarer David, Jongmin Park ein imposant, aber nur auf Vokalklang tönender Pogner, Michael Nagy ein brillant-rauer und schauspielerisch köstlicher Beckmesser.

Der Chor schwächelt, Dirigent Gatti schwelgt

Der neue Chor unter dem neuen Leiter Thomas Eitler de Lint erreicht längst nicht die gewohnte Präzision. Und Dirigent Daniele Gatti gestaltet herrlich frisch, leidenschaftlich und mit differenziert atmenden Tempi, hat aber leider vergessen, die Solisten auf Artikulation einzuschwören und deckt sie, mitgerissen vom symphonischen Impetus, auch immer wieder zu. Wie ganz anders das geht, zeigt Simone Young am nächsten Abend mit dem Auftakt zum „Ring“. Jede Silbe liegt bei ihr auf dem Silbertablett. Wenn Gatti in diesem Punkt noch nachbessert, könnte den neuen „Meistersingern“ – trotz der ersten Skepsis gegenüber der poppigen Ästhetik – ein nachhaltiger Erfolg in Bayreuth beschieden sein.

Raimund Meisenberger

Mehr Bilder aus der Inszenierung, den Mitschnitt in voller Länge und unseren Liveblog zum Nachlesen finden Sie auf pnp.de/kultur

 

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Passauer Neue Presse

Lachen tut gut – vor allem über sich selbst

Die Massenszenen im 2. und 3. Akt, eine Rauferei und ein furioses Schlussbild mit vielerlei gleichzeitigen Aktionen gleich einem Wimmelbuch, sind Anlass, vielfach zu schmunzeln oder auch herzhaft zu lachen. Denn sehr gekonnt kommt die Persiflage eines Blut-und-Boden-Sonnwend-Erntefestes daher. Gartenzwerge mit großen roten Zipfelmützen trollen sich neben Wein- und Ernteköniginnen, ohne Hans Sachs oder die anderen Meister der Lächerlichkeit preiszugeben.

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Lachen tut gut – vor allem über sich selbst

Die diesjährige Neuinszenierung in Bayreuth „Die Meistersinger von Nürnberg“ löst viele unterschiedliche Reaktionen aus: Wagner ist nicht gerade für seine Komödien bekannt, auch wenn er ein witziger Zeitgenosse gewesen sein soll.

Silke Ohlert, 5. August 2025

Zunächst fällt das schlicht und klein anmutende Festspielhaus auf dem grünen Hügel in Bayreuth ins Auge. Dann die harten Klappstühle. Spätestens bei den zwei einstündigen Pausen wird mir klar: Wagner hat das „Event“ vorweggenommen. Dass dies alles so bleibt, dafür sorgen nicht zuletzt die vielen Wagner-Fans.

Warum also nicht die Meistersinger von Nürnberg als das inszenieren, als was sie vom Meister persönlich gedacht waren: als Satyrspiel, sprich Komödie – ganz im Sinne der griechischen Tragödie, in der auf die Tragödien ein heiteres, befreiendes Nachspiel folgt.

Die große Kunst des Erheiterns

Mit Matthias Davids als Regisseur wurde ein Musicalspezialist benannt. Die Massenszenen im 2. und 3. Akt, eine Rauferei und ein furioses Schlussbild mit vielerlei gleichzeitigen Aktionen gleich einem Wimmelbuch, sind Anlass, vielfach zu schmunzeln oder auch herzhaft zu lachen. Denn sehr gekonnt kommt die Persiflage eines Blut-und-Boden-Sonnwend-Erntefestes daher. Gartenzwerge mit großen roten Zipfelmützen trollen sich neben Wein- und Ernteköniginnen, ohne Hans Sachs oder die anderen Meister der Lächerlichkeit preiszugeben.

Eine Freude ist es auch, wie im 2. Akt – erdacht von Andrew D. Edwards – das Bühnenbild förmlich in alle Richtungen auseinanderfliegt, um der legendären Prügelszene Raum zu geben. Ein allgemein chaotisches Aufeinanderlosgehen, aus dem ein Boxkampfring entsteht und wieder von der Menge aufgesogen wird – in sich eine der Kernbotschaften der Oper tragend: die Notwendigkeit des Aufbegehrens gegen erstarrte Regeln, um der Lebendigkeit Raum zu geben.

Fein auch, wenn der Vorhang sich nach dem 2. Akt im Zeitlupentempo senkt und die Figur des Beckmessers, der völlig lädiert davonschleicht, in Szene setzt. Er ist es, der die Regeln um der Regeln willen aufrechterhalten will, ohne sich noch nach deren Sinn zu fragen. Unterstützt vom Lehrbuben David, der mit großer Drückkaffeekanne sofort die Beschaulichkeit mancher Gemeinschaften heraufbeschwört.

Wiederum an anderen Stellen, und derer nicht so knapp, mag das Lachen sich nicht einstellen. Wie im 1. Akt und in weiten Strecken zu Beginn des 2. Aktes, in dem man sich ästhetisch eher in ein Kinderstück der 80er-Jahre versetzt fühlt. Zu überzogen, zu gewollt lustig, überschreitet es den Zenit des Komischen und wirkt aufgesetzt.

Sich befreien von Anhaftungen und Wunschvorstellungen

„Die Meistersinger von Nürnberg“, nomen est omen, setzt die Handwerker, die die Dinge tun – handwerken – in den Mittelpunkt. Gleichzeitig sind sie diejenigen, welche die Kunst pflegen – die Kunst des Dichtens und des Singens. Eine per se für unsere heutige Gesellschaft ungewöhnliche Kombination.

Die charakterlich stärkste Figur bildet dabei Hans Sachs, seines Zeichens Schuster. Das am schlechtesten bezahlte und doch von allen gebrauchte Handwerk. Der schlanke, fast hager wirkende Georg Zeppenfeld verkörpert den Sachs vor allem in seiner Vielschichtigkeit überzeugend.

Er ist es, der bewusst auf seine Wunschvorstellung verzichtet. Auch er hätte gerne Eva, die Tochter seines Nachbarn Pogner, der sich Goldschmied nennen darf, geheiratet. Jongmin Park leiht hier dem Brautvater seinen warmen, weichen Bass.

Das Solo des Hans Sachs über den Wahn des Menschen zu Beginn des 3. Aktes lässt mitfühlen mit diesem Mann, der sich bewusst wird, wie er selbst durch sein Trachten das allgemeine Prügeln mit vorangetrieben hat. Er lässt sich nicht weiter von seiner Einsamkeit – er ist Witwer – hinreißen, sondern erkennt die Kunst des von Stolzings an, der ja als Brautwerber eigentlich sein Rivale wäre.

Noch mehr: Er wird zu seinem Mentor und hilft dem ungestümen jungen Mann, über die Hürden der meisterlichen Regeln zu klettern. Wenn auch von Wutausbrüchen geschüttelt, bleibt Sachs seinem Vorhaben treu, der Kunst, die es verdient, die Bahn zu brechen, anstatt sich auf die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse zu beschränken. Zumal der Kraft zweier Verliebter, wie Walther von Stolzing und Eva nun mal sind, sich schwerlich entgegenzustellen ist.

Verachtet mir die Meister nicht …“

Gekonnt gesetzt, im Gegensatz zur Komik, sind die lyrischen Soli von Michael Spyres in seiner Rolle als verliebter Walther von Stolzing. Seine Hingabe und Leidenschaft für seine Angebetete nimmt man ihm vollends ab. Herzöffnend.

Die junge schwedische Sängerin Christina Nilsson verkörpert die umworbene Eva. Sie steht für Lebendigkeit in der gesetzten Welt der Verpflichtungen und Regeln und muss sich dadurch beinahe zwangsläufig mit dem jungen Ritter von Stolzing verbinden, der Gefühl pur ist. Gleich bunten Schmetterlingen auf seinem Hemd.

Entscheidende Aussage und damit Umdeutung der diesjährigen Neuinszenierung ist Evas letzte Handlung: Sie nimmt die Kette, welche die Aufnahme des Ritters Walther von Stolzing zu den Meistern besiegeln soll, und gibt sie den Meistern zurück. Damit führt sie den Wunsch ihres Bräutigams, Walther von Stolzing, aus, der sich der Aufnahme zu den Meistern verweigert, und verlässt mit ihm die Bühne.

Ein herber Schlag für Sachs, der auch die Undankbarkeit des Ritters gegenüber seinem Mentor ausdrückt. Eine so kleine, von der Wagnerschen Vorlage abweichende Handlung, die jedoch die Aussage der Meistersinger grundlegend verändert. Es findet keine Versöhnung zwischen Tradition und Erneuerung statt, und damit auch keine gegenseitige Anerkennung und ein Einsehen in die Notwendigkeit ihrer beider Existenz.

Aus ihrer starren „Blumentorte“ entstiegen – ein gekonntes Bild für Evas Reduziertwerden als Preisgewinn beim Sängerwettbewerb – ist Eva eine modern gekleidete, selbstsicher auftretende Frau. Erst hier möchte man meinen, fühlt sich Christina Nilsson authentisch mit ihrer Rolle verbunden. Mit der Energie eines Flower-Power-Paares verlassen die beiden, auf die Tradition pfeifend, die Bühne.

„… und ehrt mir ihre Kunst“

Unter Daniele Gatti darf die Musik atmen. Er setzt spannungsgeladene Pausen, wohltuende Momente der Stille, bevor es wieder losbraust. In emotional aufgeladenen Momenten, und die gibt es eigentlich fast immer, wirkt die Musik wie ein alles verstärkender Klangteppich. Nimmt so der von Wagner gewünschte, nicht einsehbare Orchestergraben die Wirkung von Filmmusik vorweg?

Das Publikum ist auch in der zweiten Aufführung dieser Meistersinger begeistert von der Inszenierung. Viele Vorhänge werden herbeigeklatscht und getrampelt. Harmlosigkeit wurde diesen Meistersingern bei der Premiere vielfach von der Presse vorgehalten. Nun, in seiner Oberflächlichkeit ist es Spiegel der Zeit.

Doch bleibt die Frage, wo die beiden, Eva und Walther, so frohgemut hin abmarschieren? Stolz verzichten sie auf die Schulter von Hans Sachs, wie im Originaltext gewünscht. Was passiert mit einer Gesellschaft, die die Verbindung zu den Altvorderen kappen möchte? Auch wenn das, zumal mit deutscher Geschichte, sich als der bequemste und leichteste Weg darstellen will. Hängt daher der über Kopf hängenden Kuh die Zunge aus dem Maul?

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Epoch Times

Bayreuth sucht den Superstar

Die Bayreuther Festspiele wurden mit Matthias Davids’ spielfreudiger Inszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ eröffnet. Das ist insofern erfreulich, als damit nach dem Musikchef Markus Poschner nun schon die zweite Leitungspersönlichkeit des Landestheaters Linz auf dem grünen Hügel Wertschätzung in Form von temporärer Beschäftigung findet.

Der Standard

Meistersinger à la Monty Python

Manchmal scheint es, als hätte Monty Python der Regie Pate gestanden. Es ist eine Gratwanderung zwischen Witz und Klamauk an diesem Abend – und es liegt an dem jeweiligen Empfinden, wo diese Grenze verläuft, die den Ausschlag darüber gibt, ob man den Abend großartig oder nur ordentlich gelungen fand. Einhelliger, geradezu wilder Jubel zwischen den Akten deutete schon an: Davids Konzept, die „Meistersinger“ einfach mal wirken lassen, nach zwei kopflastigen, durchinterpretierten „Meistersingern“ in Bayreuth, macht Sinn.

Die Presse

Knallbuntes Feiervölkchen

Regisseur Matthias Davids, dessen Musical-Expertise in der Vorbereitung zu dieser Bayreuther Neuproduktion hervorgehoben wurde, lässt sich nicht lumpen. Derart auf Unterhaltung gebürstet hat man Wagners komische Oper "Meistersinger von Nürnberg" lange nicht erlebt.

Münstersche Zeitung

Toll, toll, toll!

Die Neuinszenierung der »Meistersinger von Nürnberg« von Regisseur Matthias Davids versetzte das Bayreuther Publikum am Freitagabend in selten einhellige Verzückung. Die Meistersinger als halbes Musical, mit Massenszenen und in schön bunt, da blieb kein Auge trocken.

Junge Welt

Gaudi, Gottschalk und Gartenzwerge: „Meistersinger“ mal anders

Und was macht Matthias Davids? Das Klügste, er hält sich nämlich fern von alledem. Und will vor allem gekonnt unterhalten. Warum auch nicht? Wagners Oper ist ja auch ein Satyrspiel, eigentlich also ein heiter, befreiender Nachklapp nach antiken Tragödien.

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Gaudi, Gottschalk und Gartenzwerge: „Meistersinger“ mal anders

Bayreuth · Am Saarbrücker Theater war Matthias Davids in der Ära Schildknecht der Mann fürs Musical – als Sänger wie als Regisseur. Jetzt hat er bei den Bayreuther Festspielen „Die Meistersinger von Nürnberg“ inszeniert. Für viele überraschend heiter.

Von Oliver Schwambach Mitglied der Chefredaktion/Reporterchef

Dabei macht ja eben auch das Bayreuth aus. Dass man Regisseure ins Epizentrum der Richard-Wagner-Verehrung holt, die das Schaffen des Meisters aber sowas von gründlich wider den Strich bürsten. Dass man echten Enfants terribles wie Christoph Schlingensief die Festspielbühne bereitete – die Erinnerung an dessen bilderwütigen Osterhasen-„Parsifal“ lässt gusseiserne Wagnerianer noch heute schaudern. Oder auch ergraute Regierevoluzzer wie Frank Castorf am „Ring“ operieren ließ. Manchmal wurde es grandios, und manchmal war’s auch ziemlich daneben. Bei Matthias Davids, hauptamtlich seit 2012 Leiter der Musicalsparte am Landestheater in Linz, fürchteten einige aber wohl, er könne die „Meistersinger“ allzu leicht nehmen.

Kurzer Rückblick: Langjährige Besucher des Saarländischen Staatstheaters klingt der Name Davids noch gut im Ohr. In den 1990ern, der frühen Schildknecht-Ära an der Saarbrücker Bühne, hatte er große Auftritte als Sänger („Jesus Christ Superstar“), profilierte sich aber auch mit kleineren Regiearbeiten. Seitdem hat der mittlerweile 63-Jährige viele, viele Musicals inszeniert, aber auch etliche Opern. So viel zum Thema: Davids sei „nur“ Musicalmann.

Trotzdem sind „Die Meistersinger von Nürnberg“ eine besondere Herausforderung. Bereits der Stadtname im Titel tönt toxisch nach NS-Reichsparteitagen und der juristischen Perversion der Nürnberger „Rassegesetze“. Dazu kommt Richard Wagners selbst bekundeter Antisemitismus, kommt die Vorliebe diverser Nazi-Bonzen just für dieses Wagner-Werk, kommt Hitlers eigener Wagner-Wahn und umgekehrt die Hitler-Verehrung in Teilen des Wagner-Clans. Als deutschtümelnd lässt sich gerade Hans Sachs’ Schlussmonolog in den „Meistersingern“ über deutsche Meister und deutsche Kunst schnell missdeuten. Kein Wunder, dass so viele „Meistersinger“-Inszenierungen die Auseinandersetzung mit der jüngeren deutschen Geschichte und auch Wagner selbst suchten. Und als wäre das nicht genug, hat Barrie Kosky 2017 mit seiner Regie in Bayreuth, der vorigen „Meistersinger“-Produktion, Maßstäbe just in diesem Punkt gesetzt, als er etwa die Oper in den Gerichtssaal der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse verlegte und auch mit schneidendem Witz nicht geizte.

Und was macht Matthias Davids? Das Klügste, er hält sich nämlich fern von alledem. Und will vor allem gekonnt unterhalten. Warum auch nicht? Wagners Oper ist ja auch ein Satyrspiel, eigentlich also ein heiter, befreiender Nachklapp nach antiken Tragödien. Und in den „Meistersingern“ geht’s öfters heiter-amourös und auch mal handgreiflich zu, etwa in der „Prügelfuge“.

So passt das ganz gut, wenn Davids die Meistersinger-Runde uns als eine Art Elferrat (beim genauen Durchzählen sind es natürlich ein Dutzend) vorführt, die händeringend nach einem neuen Karnevalsschlager suchen, inklusive Kaffee- und Kuchenbüffet, an dem man sich zwischen den Sangeseinlagen laben kann. Bühnenbildner Andrew D. Edwards hat dafür das Innere des Festspielhauses gespiegelt. Im zweiten Aufzug fühlt man sich dann fast in ein erzgebirgisches Weihnachtsdorf versetzt. Immer aber sieht das Bühnenbild nach feinster Tischlerarbeit aus. Es ist eben auch eine Oper über Handwerksmeister. Von solchen Details und Anspielungen lebt auch die Regie.

Ein „Käfig voller Narren“ im Festspielhaus

Manchmal haut Davids freilich auch richtig drauf, lässt die Choristen händewackelnd unterm Vorhang rausspitzen, da fühlt man sich dann doch, als sei man im „Käfig voller Narren“ gelandet. Andererseits gibt er der Oper auch große Leichtigkeit und zur rechten Zeit Innigkeit. Wenn etwa im zweiten Akt sich Eva und Stolzing in eine Bücher-Telefonzelle flüchten, um mal verliebt allein sein zu können. Dagegen geht es dann bei der Johannisnacht mit einem veritablen Boxkampf richtig rund, und im dritten Aufzug auf der Festwiese schwebt eine aufblasbare Riesenkuh kopfüber über Gartenzwergen, hübsch beschärpten Kartoffelköniginnen und gedoppelter Festspiel-Prominenz von Merkel bis Gottschalk. Ja, das alles ist Deutschland, oder zumindest das Klischee davon.

Nürnberg sucht den Superstar

Für Politische, fürs Ringen ums deutsche Kunstwesen kann das aber kaum der Rahmen sein. Doch in puncto Personenregie macht Davids so schnell keiner was vor. Just den oft bis zur Karikatur überzogenen Beckmesser zeichnet David mit viel Empathie. Eigentlich will Beckmesser einfach nur auch mal ins Rampenlicht, quasi: Nürnberg sucht den Superstar. Und Michael Nagy macht aus dem angeblich Unmusikalischen einen Meistersinger der Herzen. Auch das Finale streift dann zuletzt wieder den bunten Frohsinn ab, wird ernst: Weil Stolzing eben kein Meister sein will, nimmt Eva die Sache in die Hand und gibt die von Stolzing ersungenen Meisterkette an ihren Vater, Veit Pogner, zurück. Denn Eva und Stolzing wollen eine Zukunft ohne den ankettenden Ballast der Altvorderen.

Daniele Gatti startet verhalten

Im Graben ist Daniele Gatti mit dem Orchester nicht immer ganz so geschwind wie die Regie. Die Ouvertüre ist dermaßen kompakt und fast schon zäh, als misstraue er – quasi vorsorglich – dem gehobenen Jux auf der Bühne. Allmählich aber kommt der Maestro aus Milano doch auf Touren, dann federt auch der Klang und viele Details werden schön herausgearbeitet. Und auch die Sänger sind bei ihm in guten Händen.

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Saarbrücker Zeitung

„Meistersinger“ in Bayreuth: Die gerettete Komödie

An Wagner hatte Davids sich bisher noch nie gewagt. Wie die nahezu einhellige Begeisterung am Ende des sechseinhalbstündigen Abends zeigte, war es höchste Zeit, die Lücke zu schließen. Davids ist ein uneitler Regisseur. Er legt keine zusätzlichen Erzählebenen über das Stück, sondern steckt sein ganzes Können in die Verdeutlichung des Geschehens. Kein Charakter ist ihm zu minder, jeder bekommt sein scharfes Profil. Er und sein Choreograf Simon Eichenberger halten auch die Massen in Wagners Riesenoper auf Trab. Keine Bewegung, keine Geste ist ohne Bezug zu Musik und Text. Davids und sein Team vertrauen der Kraft des Werks, und das entfaltet seine Wirkung.

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Die gerettete Komödie

Bayreuths neue „Meistersinger von Nürnberg“, mit denen die Festspiele Freitag eröffnet wurden, beweisen, dass Richard Wagner eine Komödie geschrieben hat.

Von Thomas Götz

Die Meistersinger von Nürnberg“ tragen viel historischen Ballast mit sich, seit das NS-Regime das Werk als Propagandaoper missbraucht hat. Immer wieder arbeiteten sich Regieteams seither am Zusammenhang zwischen den kulturchauvinistischen Ausfällen des Hans Sachs im Finale und deren politischer Wirkungsgeschichte ab. Peter Konwitschny ließ in Hamburg den letzten Akt sogar unterbrechen, um die Meister etwas steif über den Text diskutieren zu lassen. In Bayreuth hatte zuletzt Barrie Koskys Meistersinger-Interpretation Wagners Antisemitismus ganz unmittelbar auf die Bühne gebracht.

Matthias Davids und sein Wiener Dramaturg Christoph Wagner-Trenkwitz haben nichts davon im Sinn. Eigentlich sind Musicals sein Beruf, seit der Münsteraner 2012 das Linzer Musicalensemble gegründet hat. An Wagner hatte er sich bisher noch nie gewagt. Wie die nahezu einhellige Begeisterung am Ende des sechseinhalbstündigen Abends zeigte, war es höchste Zeit, die Lücke zu schließen. Davids ist ein uneitler Regisseur. Er legt keine zusätzlichen Erzählebenen über das Stück, sondern steckt sein ganzes Können in die Verdeutlichung des Geschehens. Kein Charakter ist ihm zu minder, jeder bekommt sein scharfes Profil. Wie im Musical nie Stillstand herrschen darf, halten er und sein Choreograf Simon Eichenberger auch die Massen in Wagners Riesenoper auf Trab. Keine Bewegung, keine Geste ist ohne Bezug zu Musik und Text. Davids und sein Team vertrauen der Kraft des Werks, und das entfaltet seine Wirkung.

Dieselbe Liebe zum Detail zeichnet Daniele Gattis Zugang zu Wagners Musik aus. Der feine, duftige Klangteppich, den der neue Chef der Dresdner Staatskapelle mit dem Bayreuther Festspielorchester webt, ermöglicht den Sängern äußerste Intimität. Stellenweise konversiert man fast flüsternd miteinander, was ohne Gattis effiziente Eindämmung der Klangmassen undenkbar wäre. Der fehlende orchestrale Überdruck dient auch der Wortdeutlichkeit – in einem Haus ohne Texteinspielung eine wichtige Tugend.

Scheinbar unangestrengt stimmt Michael Spyres wieder und wieder die schwierigen Preislieder des Walther von Stolzing an – ein seltenes Hörvergnügen. Georg Zeppenfeld, dem noblen, schlanken Hans Sachs, bleibt nach zweieinhalb Stunden Gesang noch genügend Kraft für seinen finalen Ausbruch. Sein Lehrbub David, Matthias Stier, kommt mit seinem leichten, hellen Tenor mühelos über das Orchester. Yongmin Park, ein Wagnersänger alten Stils, dämmt als Veit Pogner seine Stimmkraft auf jene menschliche Dimension, die den ganzen Abend prägt. Christina Nilsson betört als Eva mit ihrem klaren, hellen Sopran und Natürlichkeit. Michael Nagy überdreht die unfreiwillige Komik des gescheiterten Besserwissers Beckmesser nie.

Andrew D. Edwards schuf die farbenfrohen, zeitlosen Spielorte für die Auseinandersetzung um Kunst und Liebe. Eine bühnenhohe, schmale Treppe zur Kirche hinauf bietet viel Raum für die ersten Annäherungsversuche von Eva und Walther. Um 180 Grad gedreht wird die Singschule sichtbar, nicht zufällig mit Stühlen wie im Festspielhaus bestückt. Hier jagen die Meister, von Susanne Hubrich in die groteske Tracht der Schlaraffen gesteckt, Walther als Bewerber höhnisch zum Teufel. Wagners Kunstreligion im Hinterzimmer des kirchlich verfassten Glaubens. Eine kleine Explosion am Ende des ersten Akts sprengt die kleine Kapelle vom Hügel.

Edwards liebt mobile Bilder. Das absurd verschachtelte, bunte Laubsäge-Nürnberg fliegt im turbulenten Finale des zweiten Akts in Zeitlupe auseinander. Die runde Schusterstube des Hans Sachs lässt sich bei offenem Vorhang mit wenigen Handgriffen zur Festwiese umgestalten. Fahnen, Strohballen und eine aufblasbare Kuh am Firmament deuten ein derbes Volksfest an. Die wilde Mischung von Kostümen, Bildern, Symbolen und Gesten enthebt das Geschehen Zeit und Raum. Den Streit der Meistersinger um Alt und Neu in der Kunst kennen alle Epochen. In Bayreuth deutet sich diesmal eine Versöhnung der Künstler an, wenn der engherzige Kunstkonservative Beckmesser am Ende mit Hans Sachs heftig diskutierend abgeht. Wagner, der Streitbare, hatte die Ächtung vorgesehen.

Autor:Thomas Götz

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Kleine Zeitung Graz

Weltschmerz und Witzfigur

Katharina Wagner hat den deutschen Musical-Profi Matthias Davids ausgesucht. Und er, der seit 2012 am Landestheater Linz erfolgreich die Musicalsparte leitet, hat geliefert. Seine TV-knallbunte Inszenierung, die gekonnt Räume füllt und die vielen Figuren abwechslungsreich führt, ist keine rückwärtsgewandte Harmlosigkeit geworden. Alle Fußangeln des vielschichtigen Werks sind sichtbar.

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Weltschmerz und Witzfigur

Von Manuel Brug, 01.08.25

So viel Mut muss man als Festivalleiterin erst einmal aufbringen. In Bayreuth hatte die Komponisten-Urenkelin Katharina Wagner entschieden, die diesjährige „Meistersinger von Nürnberg“-Premiere inhaltlich-ästhetisch ganz anders als gewohnt aufzusetzen. Nachdem sie selbst 2007 und der australische Regisseur Barrie Kosky 2017 dezidiert politische, sich auch mit der fatalen Festspielhistorie in der NS-Zeit auseinandersetzende „Meistersinger“ inszeniert hatten, sollte Richard Wagners einzige, wenn auch komplexe und überlange Musikkomödie diesmal wieder ursprünglicher gegeben werden.

Dafür hat Katharina Wagner sich den deutschen Musical-Profi Matthias Davids ausgesucht. Und er, der seit 2012 am Landestheater Linz erfolgreich die Musicalsparte leitet, hat geliefert. Seine TV-knallbunte Inszenierung, die gekonnt Räume füllt und die vielen Figuren abwechslungsreich führt, ist keine rückwärtsgewandte Harmlosigkeit geworden. Alle Fußangeln des vielschichtigen Werks sind sichtbar.

Dabei erscheint das Stück sehr aktuell, wenn Davids etwa von Evas Emanzipation erzählt, die ihren Stolzing selbst wählt und – als er sie zudem im Wettsingen „gewinnt“ – ihrem Vater die Meistersinger-Medaille zurückgibt, weil man ohne glücklich werden will. Und auch die Witzfigur Beckmesser, der sich vergeblich um Eva bemüht hat, bleibt ein Teil der in ihrer Vereinsmeierei gut karikierten Stadtgesellschaft. Daniele Gatti ist ein lebendiger Wagner-Dirigent, und die von Georg Zeppenfeld (Sachs), Michael Spyres (Stolzing), Michael Nagy (Beckmesser) und Christina Nilsson (Eva) angeführte Sänger-Equipe überzeugt restlos.

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Profil

Ironie und Glanz

Ein Dauer-Nikotin- oder grünes Gras-rauchender Meistersinger oder wie ein steifer Lord Byron Tee trinkender Oskar Wilde vervollkommnen den schwarzen Humor, den Davids hat. Seine komplette „Meistersinger“-Show ist eben eine große Show, Party (Festwiese) inklusive Angela-Merkel-Double oder einer Glitzergold-Weihnachtsfreude. Bayreuth hat seine neuen, etwas anderen, sehr komischen und doch nachdenklich stimmenden „Meistersinger“ mit einem großartigen, festivalwürdigen Solistenensemble.

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Ironie und Glanz

von Feuilletonscout, Barbara Röder, Rezension 9. August 2025
„Die Meistersinger von Nürnberg“ bei den Bayreuther Festspielen in der herrlich, bunt grotesken Neuinszenierung von Matthias Davids.

Festwiesen-Blues

Beckmesser zieht erst mal den Stecker. Ja, die Luft muss raus aus diesem Ungetüm von Kuh! Erst hat er sich auf der Festwiese beim Preislied um die schönste Maid Eva zum Affen gemacht. Beckmesser liebt seine Heavy-Metal-Love-Laute, auch wenn’s nicht so harmonisch klingt, wenn seine Klampfe glüht – aber diese Schmach muss nicht sein! Fast drei Akte hat er trainiert, um auf dem Nürnberger Spektakel zu brillieren. Bunt und schrill, wie auch er, ist es hier allemal. Aber diese kopfstehende, aufgeblasene Plastikkuh, die auch noch ihre Zitzen in den Himmel streckt, ist zu viel für sein meistergesangliches Gemüt. Wenn Beckmesser ehrlich zu sich ist – so ganz tief in sich –, hat er den Text für den Song, der gerade daneben ging, aus der Schusterwerkstatt seines Liebes-Erzrivalen Sachs, naja, sagen wir, geborgt. Sachs hat ihm den Text dann doch geschenkt. Dieser Fuchs hat ihn gelinkt. Dieser Love Song „Morgendlich leuchtend im rosigen Schein…“ war gar nicht von Sachs, sondern von diesem neuen Strahlemann Stolzing. Und der ist gerade, nach gewonnenem Meistersinger-Contest, mit seiner Herzdame Eva abgerauscht. Auf die güldene Medaille und die Aufnahme in die „Hall of Fame“ der Nürnberger Meistersänger hat Stolzing verzichtet. Nur Eva hat er sich geschnappt. Ihm bleiben die Liebe und die Kunst. Das Volk jubelt. „Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst!“ hat Sachs den Liebenden zugerufen. Schwupps waren sie verschwunden. Immerhin: Beckmesser und Sachs haben was zu plaudern – trotz aller Differenzen. Nix war’s mit dem „sel’gem Liebestraum“ für die Zwei. Ein glückliches, humorvolles Ende gab’s für alle. Bayreuth hat seine neuen, etwas anderen, sehr komischen und doch nachdenklich stimmenden „Meistersinger“ mit einem großartigen, festivalwürdigen Solistenensemble.

Der Meister und das Spiel

Festivalchefin Katharina Wagner, die selbst 2007 die Meistersinger inszenierte, holte für die diesjährige Eröffnungspremiere „Die Meistersinger“ den Musical-, Operetten-, Revue- und Opernregisseur Matthias Davids auf den Grünen Hügel. Humorvoll, witzig und trotz allem doppelbödig sollen, wollen, die neuen „Meistersinger von Nürnberg“ sein. Nach Barrie Koskys Inszenierung 2017, die die Aufarbeitung des Antisemitismus, die Auswirkungen der im Dritten Reich verursachten Schuld des deutschen Volkes in den Fokus stellte, inklusive Richard Wagner als Kunstfigur in all seinem Facettenreichtum, privat wie künstlerisch, auf die Bühne stellte, sollten leichtgewichtige „Meistersinger“ den Ton angeben. Wieviel Humor vertragen Richard Wagners Meistersinger zusätzlich zu dem, der dem Werk dramaturgisch immanent ist?

Kunst im Quadrat

Wie im richtigen Leben sollte es sein. Bühnenarchitekt Andrew E. Edwards entwarf die sinnigen, dem heutigen Leben abgeschauten Bühnenbilder. Sie imaginieren und harmonieren kongenial mit dem musikalischen Raum aus dem Graben. Immerhin sind „Die Meistersinger“ als ein Satyrspiel bekannt. Das ist exquisit mit den Schauplätzen der Szenen im Bühnenraum erlebbar. Der erste Akt der „kolossalen Komödie“ (Matthias Davids) wird links von einer sich nach oben zum Himmel streckenden Treppe dominiert. Achtung Rutschgefahr! Die klitzekleine, erleuchtete Nürnberger Katharinenkirche thront auf deren Spitze. Ihr entflohen, wirft Eva dem schwer verliebten Ritter Stolzing von der Brüstung Papierflieger zu. Traumwandlerisch segeln sie herab, werden von Evas Traummann zum Herzen geformt. Am Ende des Gottesdienstes schreitet mit Eleganz und Würde der wohltönende Chor hernieder. Allesamt hüllt Kleiderwerkfrau Susanne Hubrich die Chormänner und -frauen in Kostüme, die das Zeitalter des historisch verbürgten Nürnberger Schusters, Dichters und Minnesängers Hans Sachs (1494–19. Januar 1576) von der Renaissance über das Barock und das Biedermeier bis hinein ins 21. Jahrhundert widerspiegeln.

Beim gewaltig tönenden Schlussakkord des ersten Aktes verliert auch das Kirchlein die Fassung über so viel Liebensgeplänkel von Stolzing und Eva und David und Magdalene unterhalb seiner Pforten und kippt, den Kopf schüttelnd, zur Seite. Der Saal der Meistersinger, wo Beckmesser später seine Papierrollen mitsamt den Fehlernotizen entrollt, entpuppt sich als biederes Kircheninneres mit dem Mobiliar des Bayreuther Festspielhauses. Von den Kugellampen bis zum unbequemen Holzstuhl ist alles da. Wir sind somit Teil der Szenerie. Musical-Experte Davids ist nicht um Gags verlegen. Der musikalische Schalk springt auch aus Wagners Partitur. Ein Dauer-Nikotin oder grünes Gras-rauchender Meistersinger oder wie ein steifer Lord Byron, Tee trinkender Oskar Wilde vervollkommnen den schwarzen Humor, den Davids hat. Seine komplette „Meistersinger“-Show ist eben eine große Show, Party (Festwiese) inklusive Angela-Merkel-Double oder einer Glitzergold-Weihnachtsfreude. Auf diese treffen wir im zweiten Akt: auf Zuckerbäcker-Glacé-Tannen, ineinander verschachtelte, puzzelartige Nürnberger Fachwerkhäuser, die bei der Choral-orchestralen Prügelfuge auseinanderstreben und wieder fliegend zueinanderfinden. Hinter einer ausgedienten gelben Büchertelefonzelle verstecken sich Eva und Stolzing. (Illumination: Fabrice Kebour.)

Die Meistersänger: der Schlaraffia-Männerbund

Der erste Akt wird bühnentechnisch von einem Dreieck dominiert, welches das „Gottes-Logo“, die Einheit von Geist, Seele, bestimmt – so erläutert es Bühnenarchitekt Andrew D. Edwards im Programmheft. Im zweiten Akt ist das Quadrat dominant. Stabilität, Solidarität und Bodenständigkeit symbolisierend, verweist der Kreis im dritten Akt (liebevoll von der Crew „Oval Office“ genannt), Sachsens Schusterstube, auf Gemeinschaft und den „ewigen Kreislauf der Kunst“. Durch den von Glühstäben beleuchteten Sonnenlichtbogen der Festwiese schreiten Sachs und Beckmesser gemeinsam durchs Himmelsblau dem Horizont entgegen. Die Show ist over. Happy End. Fine.

„Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst“ Friedrich Schiller (Wallensteins Lager)

Die Meistersinger, Vertreter der feinen Handwerkskunst, sind in Matthias Davids’ Inszenierung Mitglieder eines Schlaraffia-Männerbundes. Dies ist ein volksnaher, feuchtfröhlicher Herrenclub, der sich dem Humor, der Freundschaft und der Wertschätzung der holden Kunst verpflichtet fühlt. Nur so ist ein brüderlicher Zusammenhalt garantiert. Sie tragen graue Narrenkappen, pelzumrandete, ärmellose Wollmäntel. Im Programmheft hat man Richard Wagner via KI-Humor ein breites Lachen und eine Schlaraffia-Zipfelmütze verpasst. Immerhin gehörten Gustav Mahler, Hans Pfitzner oder Franz Lehár diesem historisch realen, legendären, 1879 in Prag gegründeten Männerbund an. Der Fantasie des Bayreuther Meistersinger-Regieteams sind halt keine Grenzen gesetzt. Das könnte sogar vom Meister stammen…

Wirrungen und Wunder

Vielfältige Kontraste, paralleles Nebeneinander und Miteinander prallen in Wagners „Meistersinger“ und Davids’ wirklichkeitsnaher Inszenierung aufeinander oder existieren gleichzeitig, ohne sich zu berühren: die Innen- ebenso wie die Außenwelten der Protagonisten. Keiner von ihnen verliert das eigene Selbst, aber ein jeder macht mehr oder minder eine Entwicklung durch, ist auf der Festwiese im letzten Akt ein anderer, eine andere. Wagner hat in seiner musikdramaturgischen Menschenstudie Lebenswege, Lebenssituationen verschiedener Alter eingefangen, viel von sich in das doppelbödige, scheinbar nur komödiantische Werk gepackt. Trotz aller Überdrehtheit der Inszenierung sind gerade die Charaktere Hans Sachs und Beckmesser durch das Libretto und die Musik tiefe, starke Persönlichkeiten.

Seit jeher hat Hans Sachs, seit seiner künstlerischen, musikalisch wie dramatischen Erweckung durch Richard Wagner, als Projektionsfläche gedient. Sachs ist und bleibt ein Charakter, dem es gegeben ist, einen jeden vorzüglichen Sängerdarsteller herauszufordern. Sachs ist vielschichtig. Georg Zeppenfeld entfaltet sein Wesen, das in dieser Inszenierung sehr ambivalent zutage tritt, aus der Tiefe seines Gemüts, seiner Seele heraus. Es sind die leisen Gesten, die subtil liedgestalterische Diktion mit spürbarer Durchdringung des wandelbaren Wesens Hans Sachs, die uns dieser Ausnahmekünstler in seiner menschennahen Darstellung aufzeigt.

Und es ist schon eine heikle Sache mit den Träumen. Das hat der seelenkennende Psychologe Richard Wagner vor Sigmund Freud und C. G. Jung gewusst und in all seine Opern hineingeheimnisst. Wir kennen die düsteren Hamlet-Wachträume oder Klytämnestras nachtwandlerische Traumfantasien. Oft sind uns Anleihen davon in anderen „Meistersinger“-Inszenierungen zur Ausdeutung des Wahnmonologs begegnet. Hier sehen wir einen anderen Sachs zu Beginn des dritten Aufzugs. Auch bei ihm mischen Tagträume Wahres mit Erlebtem. Ihn umhüllen oszillierende Gedanken, Reflexionen, da er liebt. Das macht ihn verletzbar. Dies ist hörbar in Zeppenfelds Gestaltung des Wahnmonologs, gibt ihm eine qualitätsvolle, emotionale Tiefe. Sachs ist nicht nur ein stiller, bedachter, sondern auch ein cholerisch-aufbrausender Liebender. Vielleicht ein existenzialistisch-philosophisch geprägter Mensch, der beim Blick in die Welt weiß, dass ihm alles zustoßen kann – die Liebe oder die Kunst, am besten beides zugleich. Dann wäre er – und die Welt – gerettet.

Stimmen am Puls der Stadt

Mit Michael Nagy als virilen, humorvollen, sich selbst nicht so ernst nehmenden Sixtus Beckmesser gewinnen diese Meistersinger eine neue, vollkommen menschliche Interpretation des sonst nörgelnden, übergenauen Stadtschreibers. Dass in der Aufführungshistorie der „Meistersinger“ Beckmesser sogar mit Jago oder Mephisto gleichgesetzt wurde, stimmt nachdenklich. Nagys Spielwitz nimmt gefangen. Wenn er mit seiner geliebten Love-Laute zum nächtlichen Singsang anstimmt und einen Tumult auslöst, wirkt er so tragikomisch, dass alle ihn lieben. Er ist die vokale Traumbesetzung des immer als Übeltäter, Regelmeister und Spaßbremse diffamierten, von Liebessehnsucht Geplagten.

Michael Spyres ist ein moderner, zeitgemäßer Stolzing. Ihn umgibt gesanglich das Fluidum einer italienischen Sommernacht, der romantisch und zugleich heldenhaft singen kann. Er ist der verträumte, leichtsinnige und schwer verliebte Lover. Dies ist das einzig Schwere an diesem leuchtenden Stolzing. Unangestrengt erklimmt er tenorale Höhen, Belcanto-gefärbt ist das liebevoll ausgelotete Preislied, das er auf einem schlichten Heuballen auf der Festwiese präsentiert, als stehe er als Romeo unter dem Balkon von Julia. Spyres ist strahlend bei Stimme und ist ein ebenso begnadeter Siegmund in „Die Walküre“ zwei Tage später.

Christina Nilsson singt die jugendlich emanzipierte Eva mit einem süßen, in der Höhe etwas scharfen Wonnesopran. Klarheit und gute Textverständlichkeit zeichnen die vom Vater als „Preiskuh“ angepriesene Braut für den besten Sänger aus. Darstellerisch besticht sie als bestimmende, dickköpfig agierende, sich gegen die herrschende Elite, den Spaßmacher-Männerbund auflehnende Tochter aus gutem Goldschmiedehaus.

Matthias Stier agiert bestens gelaunt als gewitzter, tatenfreudiger Lehrbube David. Sein quirliger, unangestrengter, schöner Tenor macht Freude. Magdalene, Evas Amme, singt die Bayreuth-erfahrene Christa Mayer mit viel Wärme und Würde. Sie ist eine Magdalene von großer Glaubwürdigkeit. Jongmin Park, nicht immer textverständlich tönend, verleiht dem ehrwürdigen Veit Pogner Gewicht und Glanz. Der wundervoll tief raunzig, sonor und klangvoll tönende Nachtwächter wird von Tobias Kehrer gegeben. Das hellwache, agile und nimmermüde singende Meistersinger-Schlaraffia-Ensemble der Meistersinger muss genannt werden: Martin Koch(Kunz Vogelgesang), Werner Van Mechelen(Konrad Nachtigal), Jordan Shanahan
(Fritz Kothner), Daniel Jenz
(Balthasar Zorn), Matthew Newlin (Ulrich Eisslinger) Gideon Poppe (Augustin Moser), Alexander Grassauer (Hermann Ortel), Tijl Faveyts (Hans Schwarz), Patrick Zielke (Hans Foltz).

Bayreuths Meistersinger: Gattis lyrischer Klang

Dirigent Daniele Gatti setzt auf großangelegte, weiche, melodiöse Linien im breiten CinemaScope-Sound, die zu Beginn der fünfstündigen „Meistersinger“-Komödie nicht richtig Fahrt aufzunehmen scheinen. Die Plastizität und fein modellierende Charakterisierung der Leitmotive kommen dadurch zu kurz, unterstützen die schwer zu überbietenden Solisten zu wenig. Eine fast leere Bühne im ersten Aufzug und später kaum widerhallende Wände erschweren die Textverständlichkeit der Sänger im Resonanzraum Bühne. Gatti legt die Partitur hochromantisch aus, ist auf die Italiana des Werks konzentriert und weniger auf die kammermusikalisch sprechenden Parts. Und, so manches Mal, scheint es, als drehe Gatti zu intensiv, zu laut den herrlich tönenden, süffig anmutenden Klang auf. Beim geschlossenen Vorhang, während der in C-Dur getauchten, Italiana atmenden Ouvertüre verheißt Gattis Dirigat hingegen berückend lyrisch schöne Leitmotivfreuden.

Finale mit Fugennarrischkeit

Wagners „Fugennarrischkeit“ ist als Statement an das Ende des zweiten Aufzugs gesetzt. Die Welt Nürnbergs steht Kopf. Wir kennen alle die berühmt-berüchtigte Prügelszene. In Matthias Davids’ quirliger Inszenierung wird dann schnell mal ein Boxring gespannt auf dem Marktplatz der Zuckerbäckerglitzertannen-Meistersingerstadt. Wild wird dann auf den armen, Cowboyboots tragenden und Elektrolaute schlagenden Rocker Beckmesser eingedroschen. Der ewig Gestrige aus den Siebzigern bekommt gehörig was ab von der New Generation und den friedliebenden Nürnberger Bürgern. Verdi lebt seine Fugenliebe im „Falstaff“ mit „Tutto nel mondo è burla…“ – „Alles auf der Welt ist Scherz… wir sind alle betrogen!“ – aus. Wagner fast 30 Jahre vorher. Musiziert und gesungen wird vom Orchester und Chor der Bayreuther Festspiele diese Prügelfuge recht wild, verspielt und übertrieben burlesk. Nicht alles passt da zusammen, ist aber trotz allem ein großer, musikalisch halsbrecherischer Wurf. Fein, anmutig, mit ruhig beseeltem Tonfall singt der Bayreuther Festspielchor den Choral: „Wach auf, es nahet gen den Tag“. Eine so ganz andere, die hinein ins Barock und in die Renaissance weist und Richard Wagner inspirierte und beflügelte, tut sich da auf. (Chorleitung: Thomas Eitler de Lint)

Museumstipp

Im Gehirn spukt nach diesen humorimmanenten „Meistersingern“ beim Herabflanieren vom Hügel La Vache qui rit (Die Kuh, die lacht) umher. War da nicht was? Stimmt: La Wachkyrie eine französische Persiflage auf die Walküre (Valkyrie) und dem leckeren saftigen Käse aufgedrückt, findet nun als schwebende Mega Riesenkuh ihren Bayreuther-Nürnberger Festwiesenplatz. Eine Karikatur sondergleichen. Im Richard-Wagner-Museum ist passend zu den szenisch eingebauten, Purzelbäumen schlagenden Meistersinger-Musical-Slapsticks die Ausstellung „Spot(t)-Light. Richard Wagner in der zeitgenössischen Karikatur“ zu bestaunen. Sie läuft bis zum 5. Oktober 2025.

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Feuilletonscout.com

Das Wesen des Menschen

Interessant ist, wie diese Inszenierung von Matthias Davids das Wesen des Menschen hinterfragt. Er fasst dieses Werk als kolossales Musiktheater auf. Und natürlich kommen die Wagnerschen Selbstporträts bei dieser "Komödie" im zuweilen sogar rustikalen Bühnenbild von Andrew D. Edwards und den bunten Kostümen von Susanne Hubrich nicht zu kurz. (...) Riesenjubel, Ovationen, donnender Schlussapplaus, viele "Bravo"-Rufe!

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DAS WESEN DES MENSCHEN

„Die Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner bei den Bayreuther Festspielen

am 19.8.2025

Von ALEXANDER WALTHER

Interessant ist, wie diese Inszenierung von Matthias Davids das Wesen des Menschen hinterfragt. Er fasst dieses Werk als kolossales Musiktheater auf. Und natürlich kommen die Wagnerschen Selbstporträts bei dieser „Komödie“ im zuweilen sogar rustikalen Bühnenbild von Andrew D. Edwards und den bunten Kostümen von Susanne Hubrich nicht zu kurz. Und obwohl nicht jede Szene gleich gut gelungen ist, fesselt das Gesamtkonzept die Zuschauer durchaus.

Der Konflikt zwischen dem abgeklärten Meister Hans Sachs und dem emotionalen „Zukunftsmusiker“ Walther von Stolzing spitzt sich stellenweise recht geschickt zu. Dazwischen steht dann manchmal ganz unbeholfen der unglückliche Stadtschreiber Sixtus Beckmesser. Und man begreift, warum weder Sachs noch Beckmesser die schöne Eva bekommen, die zuletzt in einem unübersehbaren Blumenmeer thront.

Zunächst sieht man im ersten Akt einen riesigen Treppenaufgang, an dessen Spitze eine kleine Kirche thront, die später kurzerhand explodiert. Und Eva fügt sich dem Willen ihres despotischen Vaters und stellt sich tatsächlich als „Preiskuh“ aus. Die seelischen Wutausbrüche des Hans Sachs kommen am Schluss drastisch zur Wirkung, wenn er Walther von Stolzing zusammenstaucht: „Ehrt eure deutschen Meister!“ Bei seiner Schlussansprache wirkt das „Habt acht!“ keineswegs aufgesetzt oder gar übertrieben. Wie Richard Wagner das Auditorium zum Bühnenbild hin abdunkelte, kommt bei der Aufführung zuweilen recht überzeugend zur Wirkung. Im ersten Aufzug befindet man sich bei dieser Inszenierung sehr deutlich vor einer Kirche. Das Dreieck symbolisiert hier klar das „Gottes-Logo“. Eva, Walther und vielleicht Beckmesser oder Sachs zeigen die seltsame Dreiecksbeziehung. Und die hervorstechende Farbe ist Lila, die mit Luxus und Spiritualität in Verbindung gebracht wird.

Dann beherrscht das Quadrat den zweiten Aufzug. Die strengen Regeln der Gesellschaft führen zu einem Verlust von Mitgefühl, Inspiration und Liebe. Das zeigt das Bühnenbild in elektrisierender Weise, denn plötzlich fliegt das hochgebaute Haus auseinander – und die Prügel-Doppelfuge (mit der geheimen Reminiszenz an Siegfrieds „Kraft-Motiv“) gerät hier wirklich zu einem atemberaubenden Tohuwabohu! Das Quadrat steht aber auch für den „Spießer“, das erklärte Feindbild Walthers. Die runde Handwerkerstube des dritten Aktes ist nicht ganz so überzeugend. Der Kreis und die runde Form scheinen die Protagonisten zu behüten und zu beschützen.

Die riesige Plastik-„Preiskuh“ hängt dann zuletzt wie ein großes Rätsel und Menetekel von der Bühne herab. Und die Szene wird von Musical-Elementen beherrscht. Man hat dabei den Eindruck, dass die Kostüme von der mittelalterlichen Zunft bis zum modernsten Outfit mitsamt roter Zipfelmütze reichen. Das ist ein virtuoses Spiel mit der Zeit. Gelegentlich scheint die Szenerie aus dem Ruder zu laufen.

Musikalisch ist diese Aufführung in jedem Fall hochkarätig und festspielwürdig. Anstelle von Daniele Gatti hat diesmal Axel Kober dirigiert, der zuletzt Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein war. Er hat einen genauen Blick für die thematischen Zusammenhänge und Motive, was auch den Sängerinnen und Sängern zugute kommt. Die frische und marschmäßige Rhythmik und der Zauber des diatonischen Klangcharakters behaupten sich dabei in eindringlicher Weise. Lied und Choral werden als durchaus volksnahe Elemente dargeboten. Und die schwärmerische Gefühlswelt Evas und Walthers erhält in leidenschaftlich anschwellenden Nonenakkorden plastischen Ausdruck. Im Orchestervorspiel des ersten Aktes betont Kober die an Bach geschulte kontrapunktische Ausdrucksweise nie aufdringlich. Die plastische Klarheit der Themen und die kunstvolle Polyphonie des Stimmgewebes treten leuchtkräftig hervor. Lebensfreude sowie kraftvoller Gefühlsüberschwang kennzeichnen außerdem die gesanglichen Leistungen von Michael Volle als glanzvollem Hans Sachs, Michael Spyres als Walther von Stolzing, Michael Nagy als Sixtus Beckmesser sowie Ya-Chung Huang als David.

Das lebhaft vorwärtsdrängende Synkopenmotiv des Vorspiels bleibt ebenso deutlich im Gedächtnis wie die blühende Liebesmelodie von Walthers Preislied. Christina Nilsson als Eva kann vor allem ihrem überströmenden Dank an Hans Sachs eine geradezu überwältigende Emphase verleihen. Diese Emphase überträgt sich auch auf die anderen Sänger Jongmin Park als Veit Pogner, Martin Koch als Kunz Vogelgesang, Werner Van Mechelen als Konrad Nachtigal, Jordan Shanahan als Fritz Kothner, Daniel Jenz als Balthasar Zorn, Matthew Newlin als Ulrich Eisslinger, Gideon Poppe als Augustin Moser, Alexander Grassauer als Hermann Ortel, Tijl Faveyts als Hans Schwarz sowie Patrick Zielke als Hans Foltz. Auch Christa Mayer kann ihrer Rolle als Magdalene ein sehr gutes Profil geben. Hinzu kommen der sonore Nachtwächter von Tobias Kehrer sowie die markanten Lehrbuben Maaike Huppertz, Reba Bernhardt, Lisbeth Rasmussen Juel, Helena Gedda, Seona Kim, Hebe Hamilton, Nadia Steinhardt, Jessica Ouston, Thomas de Bruijn, Paul Skalicki, Tadeusz Slowiak, Chool Seomun, Philipp Fischer, Johannes Lehner, Ruben Olivares und Churchill Qiu.

Der von Thomas Eitler de Lint einstudierte Bayreuther Festspielchor leistet an diesem Abend vor allem bei der Schluss-Szene Großartiges. Sehr heftig weist Walther von Stolzing hier die Meister-Ehre zurück, was bei Hans Sachs zu einem wirklich erheblichen emotionalen Aufruhr führt. Auch das Wahn-Motiv des Hans Sachs gewinnt bei Michael Volle ein geradezu überdimensionales Format, das aber nie aufgesetzt wirkt. Und auch das Unmut-Motiv des Schusterchors zeigt hier große Präsenz. Christina Nilsson als Eva gewinnt außerdem dem Abwärtssprung in die verminderte Quint bei ihrem Gesang im Quintett eine erstaunliche Präsenz ab. Das Traumlied zeigt bei Michael Volle als Hans Sachs eine bemerkenswerte Poesie. Poetisch ist  zudem die nach As-Dur wandernde Antwort des Hans Sachs an Eva, die in ein bewegendes Motiv der Zuneigung mündet. Nach dem festlichen Zwischensatz mit dem Festtags-, Ritter- und Liebesmüh-Motiv jagen die peinlichen Erinnerungen an dem Stadtschreiber Beckmesser in atemloser Rasanz vorüber! Die dem Lautengeklimper nachgeahmten Arpeggien wirken  tatsächlich wie eine äußerst sarkastische Parodie. Und die Gestaltung des Merker-Motivs wirkt dabei besonders spöttisch.

Der geniale Kontrapunktiker Richard Wagner feiert bei Axel Kober einmal mehr Triumphe. Dies gilt nicht nur für das vorwärtstreibende Thema des Spottchors im dritten Akt, sondern natürlich auch für das majestätische C-Dur, das zu einer gewaltigen Steigerung führt, die vom Fanfarenmotiv eingeleitet wird. Riesenjubel, Ovationen, donnender Schlussapplaus, viele „Bravo“-Rufe!

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Theaterkompass

Mein lieber Herr Gesangsverein

Man hätte auch nach Kosky etwas anderes als Davids‘ grandios gemachte Komödie zeigen können. Und doch ist es nur richtig, wenn in Davids‘ Inszenierung Beckmesser auf der Bühne jeder Diskussion wortwörtlich den Stecker zieht. Nach zwei meisterhaften Analysen lenkt die Neuinszenierung von "Die Meistersinger" die Aufmerksamkeit des Publikums zurück zum Kern der Oper. Mit genauer Textkenntnis und großem Interesse an den Figuren zeigt Davids die Meistersinger, die Meister, Walther und Eva, wie sie sind, und ebnet so den Weg für ganz neue, unvoreingenommene Auseinandersetzungen mit dem Werk und all seinen Problematiken. Katharina Wagner hat den richtigen Regisseur ausgewählt, um die Rezeption von "Die Meistersinger" von Nürnberg auf dem Grünen Hügel voranzubringen.

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Mein lieber Herr Gesangsverein

„Die Meistersinger von Nürnberg“ bei den Bayreuther Festspielen

Mit seiner Neuinszenierung von Die Meistersinger von Nürnberg bei den Bayreuther Festspielen 2025 tritt Matthias Davids in große Fußstapfen: Davon abgesehen, dass das Werk bis ins 21. Jahrhundert hinein strikt Familien- und Chefsache war, steht Davids auch vor der Herausforderung, Barrie Koskys meisterhafter Inszenierung von 2017 nachzufolgen. Die Aufgabe bewältigt Davids spielerisch leicht, mit einem Händchen für die Komödie und viel Inspiration aus dem echten Leben. (Rezension der Vorstellung v. 14. August 2025)

Manchmal imitiert die Kunst das Leben, manchmal auch das Leben die Kunst. Wenn im ersten Aufzug von Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ Fritz Kothner die Anwesenheitsliste durchgeht, fehlt einer: Niklas Vogel schweigt bekanntlich, ist krank. In Matthias Davids‘ Neuinszenierung darf die Figur Niklas Vogel zumindest kurz auftreten. Mit Maske steht er am Bühnenrand und macht eine entschuldigende Geste, ehe er von den Meistern und den Lehrbuben weggeschickt wird. Ein anderer schweigender Maskenträger sitzt nur ein paar Meter weiter und darf bleiben: In der Vorstellung am 14. August ist Georg Zeppenfeld, der Sachs dieser Inszenierung, angeschlagen und kann die Partie selbst nicht singen. Er spielt stumm, von der Seite singt Nicholas Brownlee. Wobei „von der Seite“ in Bayreuth ein dehnbarer Begriff ist: Brownlee steht – ob aus akustischen oder visuellen Gründen – gerade so mittig, dass er immer ein bisschen im Weg ist; in einer Szene wird sogar sein Notenpult umgestoßen. Brownlee ist übrigens nicht der einzige Einspringer, auch Matthias Stier als David und Werner van Mechelen als der Meistersinger Konrad Nachtigal fallen aus; für sie springen Ya-Chung Huang und Marek Reichert ein.

So viel zu den chaotischen Voraussetzungen, unter denen Die Meistersinger an diesem Abend gespielt wird. Dabei hat es Davids mit seiner Inszenierung ja schon schwer genug, steht der Musical-erprobte Regisseur doch vor der denkbar undankbaren Aufgabe, Barrie Kosky nachzufolgen, von dessen Meistersinger-Inszenierung Wagnerfans noch heute, acht Jahre nach der Premiere, schwärmen. Zur Erinnerung: Der australische Regisseur ließ im fernen 2017 zahlreiche Doubles von Richard Wagner und dessen Wegbegleiter:innen auftreten und zeichnete auf diese Weise und mit viel bissigem Humor aufs genaueste nach, wie viel Wagner und wie viel von dessen antisemitischem Weltbild in Die Meistersinger stecken. Auf einen so klaren Bezug zum Komponisten verzichtet Davids, von den politischen Implikationen der Meistersinger-Oper scheint er auf den ersten Blick die Finger zu lassen. Er macht alles ganz anders als sein Vorgänger und genau das ist die große Stärke der Inszenierung.

Im luftleeren Raum spielt Davids‘ Meistersinger-Deutung natürlich trotzdem nicht. Sie ist geprägt von liebevollen Referenzen an die Bayreuther Festspiele und deren Publikum. Die Fachwerkfassaden und Lampen im Bühnenbild von Andrew D. Edwards spiegeln die Architektur des Bayreuther Festspielhauses wider. Auch die berüchtigt unbequemen Sitze des Wagnertheaters und die dazugehörigen Sitzkissen sind auf der Bühne zu sehen. Und auf der Festwiese laufen wie selbstverständlich Doubles von Thomas Gottschalk und, natürlich, Wagnerfan und Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel umher. Vor allem aber nimmt Davids die ländliche, deutsche Festkultur aufs Korn. Zur Vorbereitung seiner Inszenierung ist er durch die Dorffeste Süddeutschlands und Österreich getingelt und zieht die Inspiration seiner Meistersinger-Inszenierung so direkt aus dem echten Leben. Das beginnt bei den an den Männerbund Schlaraffia angelehnten, aber auch an Faschingsroben erinnernden „Uniformen“ der Meister (Kostüm: Susanne Hubrich) und der herrlich spießigen Singschul-Deutung, bei der es natürlich ein Buffett samt Mettigel (von Beckmesser, ist eh klar) gibt, und endet bei den auf der Festwiese auftretenden königlichen Hoheiten, darunter die Apfelkönigin, die Brotkönigin, die Festspielkönigin und, für ihren Titel erstaunlich unauffällig, die Dramakönigin.

Neben der Festkultur setzt Davids vor allem auf eins: auf die handwerklich gut gemachte Komödie. Insbesondere im zweiten Aufzug gelingt ihm ein wahres Feuerwerk an Gags. Da ist zum Beispiel Magdalene, souverän dargestellt von Christa Mayer, die eigentlich Beckmessers Ständchen hören soll, sich aber, gelangweilt von der Grundsatzdiskussion auf der Straße, kurzerhand von einem Besenstiel vertreten lässt. Möchtegern-Rockstar Beckmesser ist das herzlich egal; er geht ganz in seiner Performance auf. Vielleicht weiß er auch, dass hier Komödie gespielt wird. Vermutlich wissen es alle, auch Walther, der zwischendurch Beckmessers Laute halten muss (und sich für diesen Auftritt galant und verwirrt gleichermaßen verbeugt) und Eva, die nebenbei in einer Bücherzelle nach einer neuen Bettlektüre sucht und sich gar nicht unauffällig hinter einem Buch versteckt. Der Aufzug gipfelt in der actionreichsten Prügelfuge seit Jahren, in der Matthias Davids Beckmesser und den eifersüchtigen Lehrbuben David zunächst ganz auffällig durch Stunt-Doubles ersetzt und danach eben diese Auffälligkeit parodiert, indem er Darsteller und Stuntdoubles gleichermaßen an einem Boxkampf teilnehmen lässt.

Alle von Davids‘ Regieideen gehen leider nicht auf, dafür sind es am Ende vielleicht doch zu viele. So fragt man sich auch nach der zweiten besuchten Vorstellung noch, warum denn ständig eine Gruppe von Straßenmusikanten durchs Bild läuft oder warum Festspielprominenzen wie Angela Merkel und Thomas Gottschalk auf der Festwiese jeweils doppelt in Erscheinung treten müssen. Auch die ans Musical angelehnten Choreografien von Simon Eichenberger wirken manchmal etwas hölzern, was weniger an den Tänzen an sich liegt, sondern daran, dass Opernsänger:innen, ob solistisch oder im Chor, nicht immer die stärksten Tänzer:innen sind. Gerade in der Schlussszene hätte Davids daher vielleicht eher auf natürliches Spiel als auf Choreografie mit Schlusspose setzen sollen. Trotzdem ist man viereinhalb Stunden lang blendend unterhalten, denn die Inszenierung hat alles, was eine gute Musik-Komödie braucht: Tempo, Witz, Biss – und hochmotiviert spielende Darstellende.

Insbesondere an diesem Abend ist an erster Stelle Georg Zeppenfeld als Hans Sachs zu nennen. Obwohl stumm und durch den Mundschutz in seinen Ausdrucksmöglichkeiten eingeschränkt, ist er hochmotiviert bei der Sache und verleiht seiner Figur durch pointierte Gesten und wohlüberlegte Bewegungen Individualität. Sein Sachs ist nachdenklich, weniger allwissend als andere Sänger die Figur vielleicht anlesen, aber dabei unglaublich verschmitzt. Dass er während Beckmessers Ständchen nicht nur auf Schuhen klopft, sondern spielerisch alle Möglichkeiten auskostet, Störgeräusche zu produzieren, wirkt bei ihm wie das natürlichste der Welt. Mit diesem nuancierten Spiel kann Nicholas Brownlee auf der Seite sängerisch nicht ganz mithalten, doch es sei ihm verziehen: Sein letzter geplanter Sachs ist schon eine Weile her, und auch für einen Bayreuth- und Sachs-erfahrenen Sänger dürfte ein so großer Einspringer mit reichlich Nervosität verbunden sein. Mit schönem, strahlendem Timbre und großer vokaler Präzision zeigt er in jedem Fall eine mehr als respektable Leistung.

Der wichtigste Spielpartner für Sachs ist in Davids‘ Inszenierung der Stadtschreiber Beckmesser – dadurch, dass eine Lesart der Figur als antisemitisch aufgeladen nur allzu leicht möglich ist, das ewige Sorgenkind einer jeden „unpolitischen“ Meistersinger-Inszenierung. Davids achtet sehr genau darauf, wie er mit Beckmesser umgeht, in keiner einzigen Szene verliert die Figur ihre Würde. Nicht in der Prügelei im zweiten Akt, die Davids fernab von Barrie Koskys Pogrom als chaotische Eifersuchts-Szene inszeniert, und auch nicht auf der Festwiese. Bei der Allgemeinheit mag Beckmesser sich keiner großen Beliebtheit erfreuen, aber er hat doch auf der Bühne immer seinen Fanclub – und lässt sich durch seine Niederlage im Preissingen auch nicht entmutigen. Anstatt zu verschwinden, diskutiert er bis zum letzten Ton noch mit Sachs über Walthers Liedtext: Er bleibt ein gleichwertiger Gesprächspartner. An der künstlerischen Begabung Beckmessers lassen Davids und Sänger Michael Nagy aber sowieso keinen Zweifel aufkommen, denn Nagy gestaltet die Partie durchweg stimmschön mit vollem Bariton und mit echter Dramatik, wie sie bei Beckmesser selten zu hören ist. Ein besonderes Highlight ist aber auch Nagys Pantomime in der Schusterstubenszene: Hier liefert er scheinbar mühelos echten, schwierigen Slapstick.

Auch die übrigen, bei Davids sehr individuell gestalteten Meister verdienen großes Lob, aus Platzgründen muss hier leider darauf verzichtet werden, sie alle einzeln zu nennen. Doch es sind diese Meister, welche die Singschulszene wie auch die Festwiese zu einem Erlebnis machen: Denn egal wo man während Fritz Kothners (souverän und nur so vor Spielfreude strotzend: Jordan Shanahan) Ausführungen zur Singkunst guckt, niemals sitzt irgendjemand nur herum. Alle Mitglieder dieses komisch-spießigen Gesangsvereins haben immer etwas zu tun, sind immer ganz in ihrer Rolle.

So liebevoll die einzelnen Meister gestaltet sind, was wäre Die Meistersinger ohne das große Liebespaar? Davids legt einen erfreulich großen Wert auf die Charakterisierung Evas: Sie hat bei ihm so gar keine Lust darauf, als Preis verschachert zu werden und kämpft mit beeindruckender Dickköpfigkeit gegen die Regeln der Meistersingerzunft und ihres Vater an. Am Ende drückt sie Pogner, dem Jongmin Park mit wuchtigem Bass die nötige Autorität verleiht, Walthers Meisterpreis in die Hand und marschiert mit ihrem Liebhaber von der Bühne. Mit ihrem lieblichen, und doch ordentlich dramatischem Sopran hat die Schwedin Christina Nilsson genau die richtige Stimme für diese Charakterisierung der Eva. Michael Spyres debütiert an ihrer Seite als Walther von Stolzing. Der Baritenor hat sich bei der fünften Vorstellung bereits hervorragend in der Partie eingefunden und hat in Bezug auf Phrasierung, aber auch auf das Schauspiel, viele gute und neue Ideen. Dazu imponiert er mit seinem gewaltigen Stimmumfang und -volumen.

Einer scheint das Konzept der Inszenierung allerdings nicht ganz mittragen zu wollen und das ist Dirigent Daniele Gatti. Er dirigiert Die Meistersinger wunderschön und wahrlich tristanesque, arbeitet dabei mit großen Bögen und ungewöhnlichen Tempi, die zum neu Hinhören einladen. Immer wieder liefert er dabei musikalische Höhepunkte, so wie das intensiv wogende Vorspiel zum dritten Akt, doch will sein Ansatz nicht ganz zu Davids‘ turbulenter Inszenierung passen. Insgesamt hapert es bei der Kommunikation zwischen Graben und Bühne, nicht alle kommen bei Gattis abrupten Tempowechseln mit. Zu kämpfen hat der von Thomas Eitler-de Lint einstudierte Chor, aber auch der als David kurzfristig eingesprungene Ya-Chung Huang scheint von Gatti nicht ausreichend geführt zu werden. Huang, der sängerisch an sich eine hervorragende Leistung zeigt, macht das Beste daraus, indem die kleinen Ungereimtheiten kurzerhand in sein Schauspiel einbindet. Die Lacher und den Jubel des Publikums hat er so ganz auf seiner Seite.

Am Ende gibt es langen Jubel für alle Beteiligten. Diese Inszenierung, diese Aufführung, scheint für viele ein neues Festspielhighlight zu sein. Eine grundsätzliche Frage stellt sich trotzdem: Ist das alles nicht zu albern, viel zu seicht für die Bayreuther Festspiele? Das Haus, das mit den Ring-Inszenierungen von Patrice Chéreau und Frank Castorf, Tobias Kratzers Tannhäuser und ja, auch mit Koskys Meistersinger-Inszenierung so oft wegweisendes zur Wagner-Interpretation beigesteuert hat? Die Antwort auf diese Frage ist kurz: Nein. Erstens darf Theater, darf Die Meistersinger auch einfach mal Spaß machen. Gerade weil das Werk doch von Anfang an als komische Oper konzipiert war. Zweitens ist Davids‘ Inszenierung nicht seicht oder unpolitisch, sondern eine wohlüberlegte Antwort auf seine beiden Vorgängerinszenierungen, in denen Die Meistersinger mit allen, nicht zu leugnenden Problemen ganz genau auseinandergenommen worden ist. Da gab es ja nicht nur Koskys meisterhafter Antisemitismus- und Biografie-Studie. Zehn Jahre zuvor war Festspielchefin Katharina Wagner ein grandioser Kommentar auf die Rezeptionsgewohnheiten des Publikums auf und um den Grünen Hügel herum gelungen, garniert mit klaren Verweisen auf die Vereinnahmung des Stücks durch die Nationalsozialisten.

Sicherlich haben Katharina Wagner und Barrie Kosky nicht alles abgedeckt, was an politischen oder gesellschaftlichen Themen aus Die Meistersinger herauszuholen ist. Man hätte auch nach Kosky etwas anderes als Davids‘ grandios gemachte Komödie zeigen können. Und doch ist es nur richtig, wenn in Davids‘ Inszenierung Beckmesser auf der Bühne jeder Diskussion wortwörtlich den Stecker zieht. Nach zwei meisterhaften Analysen lenkt die Neuinszenierung von Die Meistersinger die Aufmerksamkeit des Publikums zurück zum Kern der Oper. Mit genauer Textkenntnis und großem Interesse an den Figuren zeigt Davids Die Meistersinger, die Meister, Walther und Eva wie sie sind und ebnet so den Weg für ganz neue, unvoreingenommene Auseinandersetzungen mit dem Werk und all seinen Problematiken. Katharina Wagner hat den richtigen Regisseur ausgewählt um die Rezeption von Die Meistersinger von Nürnberg auf dem Grünen Hügel voranzubringen.

Rezension von Adele Bernhard / Red. DAS OPERNMAGAZIN

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Das Opernmagazin

Die Doppelfuge sprengt den Rahmen

Die riesige Plastik-„Preiskuh“ hängt zuletzt wie ein großes Rätsel und Menetekel von der Bühne herab. Und die Szene wird von Musical-Elementen beherrscht. Man hat dabei den Eindruck, dass die Kostüme von der mittelalterlichen Zunft bis zum modernsten Outfit mitsamt roter Zipfelmütze reichen. Das ist ein virtuoses Spiel mit der Zeit.

Online-Merker

Ein Abend, der Publikum und Werk neu berührt

Gerade in Bayreuth, wo das Werk mit besonderem Gewicht betrachtet wird, hat diese Aufführung spürbar getroffen. Sie reiht sich als eine jener seltenen Produktionen ein, die gleichermaßen unterhalten, überraschen und berühren – und die Meistersinger von Nürnberg als lebendiges, heutiges Musiktheater erfahrbar machen.

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Bayreuth, Bayreuther Festspiele, DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG – Richard Wagner, IOCO

Matthias Davids zeigt in Bayreuth Wagners Meistersinger als lebendiges Drama zwischen Tradition und Erneuerung. Mit detailreicher Regie, starken Solisten, präzisem Chor und Gattis farbenreichem Orchester entfaltet sich ein Abend, der Publikum und Werk neu berührt.

Die Bayreuther Festspiele sind seit jeher mehr als nur ein Opernfestival – sie sind ein kulturelles Ereignis, ein Ort der Auseinandersetzung mit Richard Wagners Werk und Wirkung. Jahr für Jahr pilgert das Publikum auf den Grünen Hügel, um Musiktheater in jener einzigartigen Atmosphäre zu erleben, die Bayreuth auszeichnet. 2025 steht dabei zum dreizehnten Mal in der Festspielgeschichte Die Meistersinger von Nürnberg in einer Inszenierung von Matthias Davids auf dem Programm.Schon früh interessierte sich Richard Wagner nicht nur für Musik, sondern auch für Literatur und Geschichte. Bereits 1835 stieß er auf die Gestalt des Nürnberger Dichters und Meistersängers Hans Sachs, die ihn seitdem nicht mehr losließ. Als Wagner 1845 in Marienbad die ersten Skizzen zu einer Oper über das Nürnberger Zunftwesen entwarf, griff er diese frühe Faszination wieder auf. Doch das Projekt blieb zunächst liegen. Erst zwei Jahrzehnte später, während der Arbeit am Ring, nahm er den Plan wieder auf – vielleicht auch als bewussten Kontrast zu den mythischen Stoffen, die ihn sonst beschäftigten. Mit den Meistersingern schuf er ein Werk, das mitten im bürgerlichen Leben spielt: Keine Helden und Götter, sondern Menschen mit Schwächen und Idealen, in einer Stadt, die Tradition und Aufbruch zugleich verkörpert. Die Uraufführung 1868 in München wurde sein erster wirklicher Publikumserfolg. Zum ersten Mal war Wagner nicht nur umstritten, sondern wurde begeistert gefeiert. Das Werk sprach die Menschen an, weil es die Frage nach Kunst und Erneuerung in einem verständlichen, manchmal heiteren, immer aber menschennahen Rahmen behandelte.Genau daran knüpft Matthias Davids in Bayreuth an und macht sichtbar, wie sorgfältig Wagner das Spannungsfeld zwischen Tradition und Erneuerung gestaltet hat, und übersetzt dies in eine heutige Sichtweise. Davids zeigt Figuren, die ernst genommen werden, mit ihren Widersprüchen, Abhängigkeiten und Eigenheiten. Dass er sich dabei intensiv mit Partitur und Text auseinandergesetzt hat, ist in jeder Szene spürbar.Die Oper spielt im Nürnberg des 16. Jahrhunderts. Der junge Ritter Walther von Stolzing verliebt sich in Eva, die Tochter des Goldschmieds Veit Pogner. Dieser hat bestimmt, dass Eva den Mann heiraten soll, der beim bevorstehenden Wettgesang der Meistersinger den Sieg davonträgt. Walther will in die Zunft aufgenommen werden, scheitert jedoch bei der Probe, da er die komplizierten Regeln nicht kennt. Der Stadtschreiber Sixtus Beckmesser, selbst ein Bewerber um Evas Hand, bewertet als Merker seinen Vortrag und zeigt sich dabei offen parteiisch. Im zweiten Aufzug spinnt Beckmesser weiter Intrigen, um Eva für sich zu gewinnen. Als er nachts unter ihrem Fenster ein Ständchen singen will, kommt es zum Tumult: DavidMagdalene und schließlich die gesamte Nachbarschaft geraten in Streit, was in der berühmten Prügelfuge eskaliert. Nur Hans Sachs behält den Überblick und sorgt dafür, dass Walther in Sicherheit gelangt.Am Morgen darauf sitzt Sachs nachdenklich in seiner Werkstatt und hält seinen berühmten „Wahnmonolog“. Überzeugt von Walthers Talent, ermutigt er ihn, die Schilderung eines Traumes in ein Lied zu fassen. Gemeinsam gestalten sie daraus ein „Meisterlied“, das zugleich den Regeln der Zunft standhalten sollte. Beim Wettgesang auf der Festwiese versucht Beckmesser, mit jenem Lied zu brillieren, das er in der Schusterstube von Sachs an sich genommen hat, um es als sein eigenes auszugeben – und scheitert kläglich. Walther trägt schließlich sein Preislied vor, überzeugt die Meistersinger und das Publikum und gewinnt Evas Hand. Zum Schluss mahnt Hans Sachs die Nürnberger, ihre Tradition nicht aufzugeben, aber auch das Neue nicht zu verdammen.

Matthias Davids’ Bayreuther Meistersinger setzen weniger auf bloße Effekte als auf eine präzise Figurenzeichnung – bis sich die Festwiese am Ende in ein augenzwinkerndes Spektakel verwandelt. Man spürt in fast jeder Szene, dass sich der Regisseur intensiv mit Wagners Partitur, mit den Charakteren und ihren Beziehungen auseinandergesetzt hat. Anstatt vordergründige Aktualisierungen oder plakative politische Botschaften zu suchen, hat er sich in die Tiefen der Figuren, ihrer Beziehungen und Motivationen begeben. So entsteht ein Abend, der die Komplexität der Meistersinger ernst nimmt, ohne an Leichtigkeit zu verlieren. Besonders augenfällig ist, wie präzise Davids die Figuren miteinander in Beziehung setzt. Sachs und Beckmesser etwa erscheinen nicht nur als Gegenspieler, sondern auch als unfreiwillige Gefährten, die einander brauchen. Immer wieder sucht Davids Momente der Nähe zwischen beiden, die von subtilem Humor getragen sind. Diese Konstellation verleiht Beckmesser eine Menschlichkeit, die über das traditionelle Zerrbild des pedantischen Regelhüters hinausgeht, und hebt zugleich die Ambivalenz von Sachs hervor, der sich zwischen väterlicher Güte, Rivalität und eigenem Verzicht bewegt. Überhaupt lebt die Regie von feinen Zwischentönen, vom liebevollen Nebenspiel bis zu Momenten leiser Komik, die dem Abend eine unerwartete Leichtigkeit verleihen. Auch die Nebenfiguren erfahren ungewöhnliche Aufmerksamkeit. Magdalene und David werden nicht bloß als komisches Liebespaar gezeigt, sondern als ernst zu nehmendes Pendant zu Eva und Walther, das den Kontrast zwischen Jugendlichkeit und Erfahrung noch deutlicher macht. Selbst die Meister, die in vielen Inszenierungen leicht zur anonymen Masse verkommen, erhalten hier individuelle Profile. So entsteht ein Mosaik von Charakteren, das die Zunft lebendig und widersprüchlich zugleich erscheinen lässt. Davids findet zudem immer wieder Mittel, die großen Ensembleszenen in ein sprechendes Bild zu verwandeln. Die Prügelfuge im zweiten Aufzug ist nicht bloß ein Chaos, sondern folgt einer inneren Dramaturgie, die von komischen Momenten ebenso lebt wie von bedrohlicher Intensität. Auf der Festwiese schließlich steigert sich die Regie zu einem grellen Bilderbogen, der den überschäumenden Jubel ironisch bricht, ohne die Feierlichkeit zu zerstören. Die Auftritte von Prominenten wie Angela MerkelThomas GottschalkLoriot oder Milva sind kein Selbstzweck, sondern ein augenzwinkerndes Zeichen dafür, wie sich Tradition und Gegenwart unweigerlich durchdringen.

Das Bühnenbild von Andrew D. Edwards unterstützt die Lesart der Regie auf raffinierte Weise. Im ersten Aufzug erhebt sich die Katharinenkirche, Heimat der Nürnberger Meistersinger, auf einer steilen Treppenkonstruktion. Im Sing- und Versammlungsraum sind die Sitzreihen des Bayreuther Festspielhauses mitsamt ihrer charakteristischen Beleuchtung erkennbar. Damit verschwimmen die Grenzen zwischen Bühne und Zuschauerraum, zwischen Werk und Aufführungsort: Tradition erscheint als etwas, das nicht nur in der Oper, sondern im Festspiel selbst verankert ist. Im zweiten Aufzug schlägt die Bühne ins Surreale um: Die Häuser der Nürnberger Straße sind ineinander verschachtelt, mal zur Seite gekippt, mal auf den Kopf gestellt. Dieses Verwirrspiel von Winkeln und Perspektiven wirkt wie ein Sinnbild für eine Stadt und eine Zunft, deren Regeln im Chaos der Johannisnacht aus den Fugen geraten. Schließlich öffnet sich die Festwiese im dritten Aufzug zu einem grell-bunten Panorama.

Die Kostüme von Susanne Hubrich machen die Figuren deutlich unterscheidbar und unterstreichen ihre Charakterzüge, ohne ins Übersteigerte abzugleiten. Jeder Charakter erhält eine eigene Farb- und Formensprache, die zugleich in das Gesamtbild der Inszenierung eingebettet bleibt. Hubrich gelingt es, historische Anklänge behutsam mit zeitlosen Elementen zu verbinden, sodass die Figuren weder museal noch modernistisch verfremdet wirken. Besonders eindrücklich ist, wie die Kostüme soziale Unterschiede sichtbar machen: von der Würde und Strenge der Zunftmitglieder über die jugendliche Frische Evas bis hin zu den leicht verschrobenen Zügen Beckmessers. So entsteht ein stimmiges Bild, das das Bühnengeschehen unterstützt, ohne sich in reiner Äußerlichkeit zu verlieren.

Die Lichtgestaltung von Fabrice Kebour fügt sich stimmig in dieses Konzept. Sie arbeitet mit klaren Kontrasten, die den Wechsel von Realität und Traum, Ordnung und Verwirrung betonen. Besonders im zweiten Aufzug trägt die Beleuchtung dazu bei, die surreale Verschachtelung der Häuser noch stärker hervortreten zu lassen. Im dritten Aufzug hingegen verstärkt sie das festliche und zugleich überbordende Kolorit der Festwiese. Kebours Licht bleibt unaufdringlich, ist aber stets erzählerisch wirksam.

Ein besonderes Augenmerk verdient die Choreografie von Simon Eichenberger. Gerade im dritten Aufzug, auf der Festwiese, entfaltet sie ihre Wirkung: Bewegungen von Chor, Statisterie und Solisten werden zu einer präzise getakteten Gesamtchoreografie, die das bunte Treiben lebendig macht, ohne ins Beliebige zu zerfallen. So entsteht eine Szene von eindrucksvoller Dichte, die das Auge ständig beschäftigt und den festlichen Überschwang mit klarer Struktur verbindet.

Insgesamt gelingt Davids eine Lesart, die gleichzeitig bunt, intelligent und unterhaltsam ist – eine Aufführung voller Details, die man erst nach und nach bemerkt. Gerade in dieser Genauigkeit liegt ihre Stärke: Die Meistersinger erscheinen hier nicht als steinerne Monumentaloper, sondern als lebendiges, widersprüchliches und durchaus heutiges Stück Theater.

Auch musikalisch bleiben bei den Bayreuther Meistersingern keine Wünsche offen. Georg Zeppenfeld steuert seinem Hans Sachs eine Ruhe und Würde bei, die weit über die reine Stimmsicherheit hinausgehen. Sein tiefes Timbre ist getragen von großer Textverständlichkeit – besonders eindrücklich im Wahnmonolog, wo er die innere Zerrissenheit mit stimmlicher Klarheit vermittelt. Gebaut auf Reserven und großer Maßhaltung, präsentiert er Sachs nicht als didaktischen Patriarchen, sondern als Menschen, der zwischen Tradition, Neugier und Selbstzweifeln steht. Durch den bewussten Verzicht auf stimmliche Effekthascherei zeichnet er ein Bild des Sachs, das von Besonnenheit und Menschlichkeit geprägt ist.

Jongmin Park gibt einen eindrucksvoll geerdeten Veit Pogner. Sein sonorer Bass verleiht der Figur Autorität, ohne ins Monumentale zu kippen. Park verkörpert Pogner als würdigen, beinahe väterlichen Vertreter der Zunft, der fest in der Gemeinschaft verwurzelt ist und doch spüren lässt, dass seine Haltung nicht mehr ganz unangefochten ist. Gerade in den leisen Momenten zeigt er eine große innere Ruhe und eine deutliche Sorgfalt im Umgang mit dem Text. So wirkt seine Interpretation nie nur symbolisch, sondern von einer schlichten, glaubhaften Menschlichkeit getragen.

Michael Nagy, der als Sixtus Beckmesser ein geradezu hinreißendes Porträt zeichnet, verbindet vokale Brillanz mit darstellerischer Vielschichtigkeit. Anstatt den Stadtschreiber zur eindimensionalen Karikatur des pedantischen Nörglers zu verengen, verleiht er ihm eine ungeahnte Bandbreite. Sein Beckmesser ist bemitleidenswert, ja fast tragisch – und zugleich voller feiner, sympathischer Züge, die ihn dem Publikum sehr viel näher bringt, als es in dieser Partie sonst üblich ist. Stimmlich überzeugt Nagy mit klangschönem, differenziert geführtem Bariton, der in keiner Situation ins Groteske kippt, sondern auch in den schwierigen Passagen von größter Musikalität getragen bleibt. Darstellerisch brilliert er mit einem enormen Reichtum an Nuancen: mal verbissen, mal verschmitzt, dann wieder in stiller Verzweiflung, wenn ihm das Gespött der anderen zu schaffen macht. Besonders die Szenen mit Hans Sachs wurden zu Höhepunkten – hier entwickelte sich ein spannungsreiches Spiel zwischen Rivalität und einer fast unfreiwilligen Verbundenheit. Nagy ließ den Zuschauer spüren, dass Beckmesser ohne Sachs ebenso wenig denkbar ist wie Sachs ohne ihn. So gelingt ihm eine Deutung, die den Charakter weit über das übliche Zerrbild hinaushebt und Beckmesser zu einer der menschlichsten Figuren des Abends macht.

Michael Spyres’ Walther von Stolzing verbindet jugendliche Frische mit handwerklicher Perfektion. Sein Tenor schillert warm, bleibt aber stets kontrolliert – besonders im Preislied, das zu einem Höhepunkt des Abends gerät: von überzeugender Leuchtkraft, fast romantisch im Ausdruck und zugleich fest im Kontext der Inszenierung verankert. Spyres gelingt es, die Entwicklung der Figur vom selbstbewussten Außenseiter zum anerkannten Meistersinger plastisch zu gestalten. Sein Gesang trägt mühelos durch die großen Ensembleszenen, ohne an Intimität zu verlieren. Erzählerisch führt er den Abend mit einer Natürlichkeit, die schön und zugleich völlig ungekünstelt wirkt – ein Walther, der berührt, ohne je ins Pathetische zu kippen.

Matthias Stier agiert als David mit lebendiger Präsenz und stimmlicher Leichtigkeit. Die Tongebung ist klar und agil – genau richtig, um die flinke Neugier eines Lehrlings darzustellen. Seine Szenen entwickeln sich nie zum Beiwerk, sondern wirken immer verbunden mit dem inneren Geschehen der Handlung.

Christina Nilsson gestaltet eine Eva, die nicht als bloße Projektionsfläche erscheint, sondern als selbstbewusste junge Frau, die genau weiß, was sie will. Ihre Stimme leuchtet hell und klar, bleibt dabei stets berührend und sicher im Ausdruck. Besonders in den Dialogen mit Sachs und Stolzing entfaltet sie eine emotionale Intensität, die tief bewegt, ohne je ins Sentimentale zu verfallen. Nilsson zeigt eine Figur, die zwischen Entschlossenheit und verletzlicher Scheu oszilliert – eine Gratwanderung, die sie mit großer Glaubwürdigkeit meistert. Auch szenisch prägt sie den Abend entscheidend: Ihr Auftritt wirkt nie dekorativ, sondern immer motiviert aus der Figur heraus. So wird Eva zu einer Persönlichkeit, die ihren Platz in diesem Geflecht aus Regeln, Erwartungen und Gefühlen selbstbewusst behauptet und das Finale der Oper aktiv gestaltet.

Christa Mayer gibt der Magdalene vokale Wärme und komödiantischen Schwung. Ihr Mezzo klingt rund und ausdrucksvoll und vermittelt eine Gelassenheit, die durch kleine humorvolle Akzente immer wieder charmant durchbrochen wird. Darstellerisch bringt sie freundliche Lebendigkeit in die Szenen, ohne ins Überzeichnete zu verfallen. Besonders im Zusammenspiel mit David entfaltet sie eine glaubwürdige Partnerschaft: Ihr Duett trägt den Charme jugendlicher Verliebtheit, ist aber stets klar geführt und fern von Klischees. Mayer macht Magdalene so zu einer Figur, die weit mehr ist als nur eine komische Nebenrolle – sie wirkt als kraftvolle und zugleich warmherzige Begleiterin im Geflecht der Beziehungen.

Tobias Kehrer sticht in der fein abgestimmten Besetzung als Nachtwächter hervor. Mit seinem profund geführten, timbrierten Bass verleiht er der Figur Würde und Gravität, ohne sie zu überzeichnen. Sein Auftritt wirkt wie ein stiller Kontrastpunkt zum bunten Bühnengeschehen – ein Moment von Ruhe und Erdung, der zugleich verschrobenen Charme ausstrahlt. Mit Posaune und Stimme schafft er eine Gestalt, die am Rand der Gesellschaft steht und doch poetisches Gewicht erhält: mal alarmierend, mal beherzt, immer mit subtiler Präsenz.

Die Besetzung der Meister erweist sich als Paradebeispiel für eine eindrucksvoll homogene, zugleich facettenreiche Ensembleleistung. Jeder der Meister trägt mit eigener stimmlicher Kontur zum Gesamtbild bei, sodass auch in den kleineren Rollen eine bemerkenswerte Charaktertiefe entsteht. Martin Koch (Kunz Vogelgesang) lässt einen strahlend geführten Tenor hören, der mit klarer Projektion und sicherer Artikulation überzeugt. Werner van Mechelen verleiht dem Konrad Nachtigall als Bassbariton eine tief grundierte, markante Präsenz mit nobler Färbung, während Jordan Shanahan als Fritz Kothner ein kräftiges, ausgewogenes Profil beisteuert. Hell timbriert und beweglich präsentiert sich Daniel Jenz als Balthasar Zorn, dessen Tenor durch seine Durchschlagskraft in der Höhe besticht. Matthew Newlin (Ulrich Eisslinger) überzeugt mit klar geführter Linie und exzellenter Textverständlichkeit, Gideon Poppe (Augustin Moser) bringt Leichtigkeit und elegante Linienführung ein. Alexander Grassauer (Hermann Ortel) sorgt mit resonantem Bassbariton für verlässliche Tiefe, während Tijl Faveyts (Hans Schwarz) mit dunkel grundierter Wucht beeindruckt. Schließlich setzt Patrick Zielke als Hans Foltz mit mächtiger Ausstrahlung und satter Verankerung einen markanten Schlusspunkt. Zusammen entsteht so ein lebendiges, detailreiches Klangmosaik, das der Zunft ein unverwechselbares Profil verleiht.

Schon in seiner ersten Saison zeigt der neue Chorleiter Thomas Eitler-de Lint, dass er die Bayreuther Chorpraxis mit großer Sensibilität weiterführt. Sein Festspielchor klingt kraftvoll und zugleich klar in der Diktion — ein Ensemble, das selbst in turbulenten Szenen, etwa der Prügelfuge im zweiten Aufzug, gemeinsame Energie und visuellen Schwung bewahrt, ohne an Klarheit zu verlieren. In seiner Klangbalance verbindet der Chor rhythmische Präsenz mit vokaler Feinfühligkeit, was den Szenen zusätzliche Ausdruckskraft verleiht, insbesondere bei Ensemble- und Massenszenen.

Unter Daniele Gatti entfaltet das Bayreuther Festspielorchester eine bemerkenswerte Spannweite zwischen klanglicher Präzision und atmosphärischer Dichte. Die Ouvertüre gerät mit kraftvollem Schwung und klarer Linienführung zum Auftakt, während die lyrischen Passagen – besonders im dritten Aufzug – von feiner Zurücknahme und fast kammermusikalischer Transparenz geprägt sind. In den großen Ensembleszenen des zweiten Aufzugs drängt die orchestrale Fülle mitunter stark in den Vordergrund, doch insgesamt gelingt es Gatti, die Balance zwischen Bühne und Graben zu wahren. Er meidet überzogene Effekte, bevorzugt eine fließende, detailbewusste Lesart und formt so einen Wagner-Klang, der sowohl Wucht als auch poetische Zartheit in sich trägt.

Am Ende dieser langen Wagner-Nacht bleibt der Eindruck einer Aufführung, die mit Genauigkeit, Humor und musikalischer Strahlkraft überzeugt. Matthias Davids gelingt es, Wagners Meistersinger als menschlich durchdrungenes Drama zu zeigen, das ohne bemühte Aktualisierung auskommt und doch von einer spürbaren Gegenwärtigkeit getragen ist. Die Bildwelt von Bühne, Kostüm und Choreografie entfaltet ein Panorama, das Tradition nicht museal verengt, sondern mit spielerischer Fantasie öffnet. Gesanglich präsentiert sich ein Ensemble, das in seiner Homogenität ebenso glänzt wie in individuellen Glanzleistungen, während der Chor unter der Einstudierung von Thomas Eitler-de Lint und das Orchester unter der Leitung Daniele Gattis für ein kraftvolles Fundament sorgen.

Das Bayreuther Publikum reagiert mit anhaltender Begeisterung: Bravo-Rufe, nicht enden wollender Applaus, begleitet von jenem charakteristischen rhythmischen Stampfen, das die Zustimmung der Festspielbesucher auf unverwechselbare Weise hörbar macht, würdigen die Sängerdarbietungen ebenso wie die Regieleistung. Gerade in Bayreuth, wo das Werk mit besonderem Gewicht betrachtet wird, hat diese Aufführung spürbar getroffen. Sie reiht sich als eine jener seltenen Produktionen ein, die gleichermaßen unterhalten, überraschen und berühren – und die Meistersinger von Nürnberg als lebendiges, heutiges Musiktheater erfahrbar machen.

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IOCO - Kultur im Netz

Matthias Davids' new and colourful Meistersinger keeps Wagner fans more than happy

Now Matthias Davids - lovingly remembered too for his outstanding productions at Vienna's Volksoper - delivers a fine, entertaining and amusing production. I feel that Davids' production is just as adventurous as those of his predecessors.

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Matthias Davids‘ new and colourful production of Die Meistersinger von Nürnberg keeps Wagner fans more than happy on the Green Hill

by Tony Cooper

Chorus

One of Wagner’s best-loved works, Die Meistersinger von Nürnberg – a hymn to the supremacy of German art – received its première at the Königliches Hoftheater und Nationaltheater, Munich, on 21 June 1868, conducted by Hans von Bülow with Franz Strauss (father of Richard Strauss) in the pit playing the French horn despite his often-expressed dislike of Wagner who, incidentally, was present at many of the rehearsals frequently interrupting proceedings, thereby making rehearsals a long-winded affair.

Hailed a great success, the production hit the mark and at the end of the performance the audience shouted for Wagner. He duly appeared at the front of the royal box, sharing it with his patron, King Ludwig, grandly making a bow to the audience thus breaking court protocol which dictated that only the monarch should address an audience from the box. However, in common with the opera’s successful Munich première, Matthias Davids‘ overly contemporary production (opening this year’s Bayreuth Festival in a blaze of glory) hit the mark, too.

But taste in opera production nowadays is a fierce and burning issue especially when it comes down to the Wagner canon. Nowadays, directors push the boundaries of productions in search of new ways to interpret not only the works of Wagner but other composers, too, which, I think, is not a bad thing.

Much to the angst of many, Katharina Wagner (great-granddaughter of Richard Wagner and artistic director of the Bayreuth Festival since 2015) replaced the singing competition of her Meistersinger to that of a painting competition whilst setting the action of the opera in the freewheeling and glorious Sixties. For instance, Hans Sachs was portrayed as a mischievousness barefooted struggling poet/artist rather than a proud master shoemaker. The production didn’t score a hit with everyone but, nonetheless, I found it challenging and refreshing to say the least.

Challenging and totally absorbing, too, was Barrie Kosky’s 2017 production which raised a few eyebrows when he dramatically depicted Hans Sachs in the guise of his mentor/creator, Richard Wagner, thus finding himself in the witness-box of a fine detailed set modelled on Courtroom 600 used for the Nüremberg Trials, facing the music over his anti-Semitic stance.

Now artistic director of the Landestheater Linz, Matthias Davids – lovingly remembered too for his outstanding productions at Vienna’s Volksoper, therefore at ease either directing grand opera or musicals/operettas – delivers a fine, entertaining and amusing production of Meistersinger which opened this year’s festival on 25th July with the German Federal Chancellor Friedrich Merz and former chancellor Angela Merkel gracing the performance. Although this festival marks the 113th edition it also marks the 149th anniversary of the founding of the Bayreuth Festival in 1876.

I feel that Davids‘ production is just as adventurous as those of his predecessors. Therefore, if Kosky scored a big hit by having the Guild of Mastersingers arrive in Wahnfried’s elegantly-furnished drawing-room tumbling from a model of Wagner’s Steinway Grand, Davids equals that piece of original staging by announcing their arrival from a steep incline of steps boasting a large model of St Katherine’s steepled church at the top while he humorously places a warning triangular road sign at the bottom highlighting a stick man coming unstuck!

In fact, the sets of Davids‘ light-hearted, witty and stylish production, created by British designer, Andrew D. Edwards – who enjoyed success, by the way, with The Barber of Seville for Santa Fe Opera in 2022 – are paramount to its overall success. In fact, Edwards‘ sets (colourful, spectacular and practical) are carefully designed to capture the correct scale and detail of the opera’s respective scenes. Amusingly, he even made use of a decommissioned telephone booth, repurposed as a mini-library quite common in German cities nowadays – there’s one in Bayreuth – offering a sustainable and community-oriented way of sharing which, I feel, mirrors the spirit of the opera’s scenario.

However, it’s the final act that grabbed the attention of a very attentive and appreciative audience with Edwards‘ ‚over-the-top‘ set coupled with Susanne Hubrich’s wild costumes – eccentric, flamboyant and unconventional to the core – thus creating a fusion of colour, humour and jollity that I bet has never been seen on the Bayreuth stage before especially in a production of Meistersinger.

For a start the meadow hosting the song contest is adorned by an enormous hanging upside-down inflatable pink cow, unusual, unexpected and surreal, recalling to mind Kosky’s production in which he employed an ‚inflatable‘, that of a caricature of a Jew, a copy of such Jewish characters that were regularly published in the Nazi weekly tabloid, Der Stürmer, by Julius Streicher, a prominent Nazi party official.

Creating a lovely festival atmosphere all of its own akin to an ABBA or Rocky Horror night out, it was party time on the meadow punctuated and covered by couples dressed alike such as pretty twin girls reminding me of the ‚twins‘ in Britten’s Peter Grimes, attractive-looking young men in lederhosen and old duffers as gnomes while the Mastersingers are stylishly dressed adorned with Cologne-style carnival hats, the overall scene depicting a circus/burlesque show equating to those that Cologne-based Circus Roncalli produce over the festive season at Berlin’s Tempodrom.

Therefore, if you like this production of Meistersinger, you’ll probably like what Roncalli has to offer. Amusingly, too, there’s a ‚lookalike‘ amidst a sea of ‚lookalikes‘ depicting former chancellor, Angela Merkel, a devotee of the Green Hill. She deserves a bow!

So do the spirited, talented and gifted cast of this fine and entertaining production that has taken the Green Hill by storm. They revelled in their curtain-call – an act all by itself! A strong cast, too, the pivotal role of the young nobleman, Walther von Stolzing, is admirably sung by American tenor, Michael Spyres. And patiently waiting for him is, of course, Eva, the role so well interpreted by Swedish soprano, Christina Nilsson, who’s seen flying paper-folded aeroplanes in his direction as a token of love and friendship while a stage band offers a community and festive feel to the overall act.

Confusion, intrigue and counter plot comes to the fore with Eva’s maid and confidante, Magdalene (Christa Mayer) arranging for her apprentice boyfriend, David (sung by Matthias Stier) to prepare Walther for the contest, since only Mastersingers are eligible to compete. He’s horrified to discover that Walther knows nothing at all about the art of Master-singing and is have singing classes as well as learning the art of shoemaking under Hans Sachs, the greatest of all the Mastersingers.

Undoubtedly, one of the highlights of the opera is the apprentices‘ banner parade punctuating the festivities of Midsummer’s Day (the feast day of St John) thus paving the way for the arrival of their superiors. They sing joyfully about the holiday celebrating with garlands of flowers, ribbons and the like thereby offering a lovely curtain-raiser to the main event – the famous song contest.

Out in force, the townspeople sing an ode of praise to Hans Sachs. He duly thanks them and makes the public announcement of the prize to be awarded by Pogner, Eva’s father, a rich goldsmith and, therefore, a Mastersinger of importance, who decides to offer his daughter’s hand to the winner of the contest.

The first competitor, Beckmesser, makes a hopeless job of Walther’s song, perched on a straw bale. In the face of general derision, he defends himself by claiming that the song is by Sachs who denies this and tells them that the song is beautiful but has been ruined by the performer. To prove his point, he calls on the real composer to step forward to sing the song thus giving Walther a chance to be heard.

With the unfair assistance of a full orchestra and chorus at hand, compared to Beckmesser’s solitary lute, he sings his song, to audience acclaim. Eva crowns him with the victor’s garland and Pogner offers him the chain of a Mastersinger. He angrily rejects it. Reluctantly, Eva returns the chain to her father before she leaves with Walther.

Spicing up the overall scenario, the plot thickens culminating in a riot and punch-up ending Act III. A well-choreographed scene by Simon Eichenberger witnesses David and Beckmesser fighting it out in a makeshift roped-off boxing ring mirroring the boxing match in Bayreuth’s current production of Yuval Sharon’s Lohengrin between Telramund and the Stranger Knight with the townsfolk cheering the winner.

Triggering the riot is down to Beckmesser, the embittered town clerk, serenading Eva to win her hand. In his usual way, Sachs politely interrupts him with his old cobbler’s song while hammering the soles of Eva’s half-made shoes while Korean bass, Jongmin Park, stamped great authority on the demanding role of Veit Pogner, a neighbour to Hans Sachs.

The lone figure of the Nightwatchman (Tobias Kehrer) calling out the hour brought peace and tranquillity to the normally quiet neighbourhood blowing an elongated note on his horn. Another amusing touch conjured up by Davids comes at the end of the show inasmuch that with all the laughter, frivolity and excitement being bantered about, it proves simply too much for the quiet night creature – he blocks his ears to it all and clears off.

There’s so much good stuff in Davids‘ production of Meistersinger none comes better, though, than the ‚Morgentraum‘ (Morning Dream), one of Wagner’s greatest ensemble pieces celebrating the radiance of love and art, opening with the serene phrase: ‚Blessed as the sun.‘ Conjuring up a moment of joy, happiness and so much more, this truly lovely and inspiring piece, sung by the opera’s five main characters namely Eva, Magdalene, Walther, David and, of course, Hans Sachs, offers a truly romantic and spiritual moment.

Another great moment unfolds, though, with Hans Sachs‘ Wahn monologue, sung and handled so handsomely by Georg Zeppenfeld as one would expect. ‚Madness! Madness! Madness everywhere!‘ And there’s a lot of ‚madness‘ in Meistersinger.

In fact, the Monologue – culminating in an ecstatic version of the Meistersinger theme – is known for its musical density and expressiveness with the cobbler/poet, Hans Sachs, reflecting on human folly and the chaos that surrounds him in his workshop and, indeed, in life. He laments the omnipresent ‚madness‘ in the world and in human behaviour, too, therefore the piece initiates the development towards a conciliatory ending while demonstrating Sachs‘ wisdom and his ability to see beyond human weakness.

The man in charge of the pit, Daniele Gatti – one of the few Italian conductors to have set foot in Bayreuth’s hallowed orchestra pit – did a sterling job keeping a good balance between the pit and the stage. In the famous C major overture, Gatti let rip but in the rich and tender opening bars of act three, he reigned in the orchestra enough to capture the essence, richness and beauty of Wagner’s wonderful score. The chorus master, Thomas Eitler-de Lint, did a fine job, too. The Bayreuth Festival Chorus are a force to be reckon with especially in Meistersinger which demands a large chorus.

One last thought: When it came to Beckmesser attempting to sing Walther’s song, he turns up flashily attired with a custom-made rock-style lute highlighted by a pink heart-shaped neon light. As such, it truly stamps Matthias Davids‘ production and speaks volumes why he was a favoured director when working at Volksoper, Vienna. Bravo!

Text © Tony Cooper
Photo © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

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theoperacritic.com

The Laughing Cow

Matthias Davids’ new staging of Die Meistersinger von Nürnberg was packed with visual gags and bright festival colour—most notably the giant inflatable cow that dominated Act III’s finale like a cartoon deity of bucolic joy.

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The Laughing Cow at Die Meistersinger von Nürnberg, Bayreuth Festival

8th August 2025

Matthias Davids’ new staging of Die Meistersinger von Nürnberg was packed with visual gags and bright festival colour—most notably the giant inflatable cow that dominated Act III’s finale like a cartoon deity of bucolic joy. But for all the playful irreverence and delightful designs by Andrew D. Edwards, it was the quality of the singing and the musical direction that gave this performance its real stature.

Georg Zeppenfeld’s Hans Sachs was a measured and introspective portrayal. While his baritone didn’t have the heft traditionally associated with the role, what it occasionally lacked in vocal weight was more than compensated for by his expressive handling of the text. His Sachs was humane, weary at times, but always intellectually engaged—a character shaped more by reflection than declamation. Zeppenfeld’s control in the monologues was especially compelling, and his rapport with the other leads gave the performance emotional weight.

Michael Spyres delivered an effortless and assured Stolzing. His tenor, clear and secure throughout the range, carried an easy lyrical freedom that served him well in the Prize Song and his earlier exchanges with Eva. There was elegance in his phrasing and no sense of strain—a technically impressive performance that also felt dramatically alive.

Christina Nilsson’s Eva was another highlight. Her soprano is rich and full, and she never pushed for effect. Instead, her voice sat comfortably above the orchestra, projecting youthful determination and warmth. She brought sensitivity to her scenes with Sachs, and in the ensemble writing, her sound blended beautifully without ever disappearing.

Matthias Stier gave a spirited performance as David, bright-toned and engaging, with crisp diction and nimble musical delivery. There was charm and technical assurance here, particularly in the long first-act exchanges where David’s musical knowledge is tested at length.

Stealing much of the show was Michael Nagy as Beckmesser. His performance struck that rare balance between comic exaggeration and vocal finesse. Too often Beckmesser can be reduced to caricature, but Nagy sang with real tone and shape—even when the music required grotesquery. His comic timing was razor sharp, particularly in Act III’s song contest disaster, and he remained musically articulate even at his most flustered.

Adding a sonorous gravitas was Jongmin Park as Veir Pogner, the head man of this protective singing group that is idealised by the townspeople.

The glorious Bayreuth chorus, under Thomas Eitler de Lint, played a vital role throughout, and their ensemble singing was impressively unified. Whether accompanying the busy stage action or standing in for the Nuremberg citizenry in full festival mode, they brought energy and precision. Their collective sound, particularly in the final scene, was thrilling.

Daniele Gatti conducted with a sure hand. He drew a refined, balanced sound from the pit, lingering where Wagner invites reflection but never allowing the pace to sag. The score’s big moments—especially the Act I and Act III finales—had weight and clarity, while the more intricate, conversational writing was shaped with care.

Visually, the production went all-in on its contemporary rural setting and comic ideas—from hay bales and floral displays to a stoned Meistersinger and Merkel look-alikes. It was fun, at times verging on pantomime, but it didn’t detract from the musical seriousness of the piece.

Crucially, the final image pulled us back from parody: Sachs left alone, his heavy thoughts unshared, while the young couple quietly declined the mantle of tradition and disappeared into the crowd. It was a thoughtful conclusion to an otherwise light-hearted take—and it worked.

This may have been Hitler’s favourite opera, for obvious reasons, but this bold new take has no problem taking its audience on a riot of colour and fantasy, while other directors have struggled with its nasty baggage.

But in the end, what stayed with the audience was the quality of the music-making. This was Meistersinger delivered with wit and imagination, but underpinned by serious singing, strong musical direction, and a clear sense of Wagner’s grandeur.

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Opera Scene

Compelling Directorial Craftsmanship

The production was a prime example of directorial craftsmanship at its highest level. This verdict is true in the context of all modes of performing arts, no matter whether theatre, musical, operetta, or opera, each with its many possible sub-categories.

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Compelling directorial craftsmanship and musical excellence come together in Bayreuth’s new Die Meistersinger

The new production for 2025 at the Bayreuth Festival was from Matthias Davids. Expectations had been raised by the knowledge that Davids has a well-established name as a director of musicals, in his capacity as artistic manager of the musical section of Landestheater Linz, Austria. The majority of the canon of musicals is indeed on the long list of his production credits. In addition to Linz, he has directed in Dresden, Leipzig, Berlin, Hannover, Graz, and Munich, among others. His forays into opera include productions of La bohèmeThe Cunning Little Vixen and The Magic Flute. In statements ahead of the opening night of Die Meistersinger, he underlined his intention of seeking to bring out and emphasise the comedy in Wagner’s opera.

As the curtain rose in Bayreuth, we saw a narrow and very high staircase to the left, leading up to a miniature church building. Walther von Stolzing, on the floor in front of that staircase, had been folding a considerable number of paper aeroplanes and thrown them up the staircase and presumably had them returned down from it. Eva appeared near the top of the staircase and they engaged in some communication, mainly through gestures because they did not wish to attract too much attention from the others going about their respective businesses, including Magdalene, Eva’s companion. Every time Eva came into Walther’s sight, he got all physically excited, huffed and puffed, rolled his eyes, and then sought to calm himself down intentionally, indicated by the gesture of soothingly lowering his arms, palms parallel to the floor, as if to control hyperventilation. This was incredibly funny, well and meticulously choreographed/directed and expertly executed by Michael Spyres. I found myself giggling in response. Sadly, several people in the row in front turned round and glared at me angrily.

This set of responses, my own laughter at ever so many ingenious ideas and moments in the production, and the sour and stoic display of a certain lack of humour persisted, and only occasionally was the onslaught of funny things to see so intense that the wall of unwillingness to engage with the humour on offer was broken and an audible sound of some – often  polite and retrained – laughter could be heard in the auditorium. Those moments were chiefly related to the character of Beckmesser: in the brawl scene at the end of Act II, the apprentices at some point quickly created a makeshift boxing ring from a number of random ropes. In Beckmesser’s  moments alone in Hans Sachs’s workshop, he clumsily (because of the injuries he sustained in the brawl the night before) stumbled about, sat on a just-mended stool which broke apart underneath him, and he lost the arm sling and sought to get his arm back into it (wonderful slapstick!). In the fairground scene of Act III, fun was made hilariously of the traditions of those country events, with all kinds of queens (such as wine queen), and two chorus members dressed up very strikingly (one of them clearly a man in drag) as Angela Merkel (the former German chancellor and regular spectator in Bayreuth), and another two as famous German TV presenter Thomas Gottschalk. Those four interacted with other characters on the fairground, they interacted amongst and with each other. For them, as for every single one of the numerous characters in that scene, every moment was thoroughly directed and choreographed, nothing was left to improvisation, chance or coincidence.

Thus, the production was a prime example of directorial craftsmanship at its highest level. This verdict is true in the context of all modes of performing arts, no matter whether theatre, musical, operetta, or opera, each with its many possible sub-categories. Daniele Gatti responded to the enormous level of energy of what happened on the stage not only in the fairground scene, but across all of the opera, he responded to the fun that all onstage clearly had, both in crowd scenes and in more intimate momnents between fewer characters, with his approach to the score. His interpretation was rough and ready in the best creative sense, earthy, pithy, robust, direct, down-to-earth, unambiguously signalling the moods of the characters central to a specific scene, or the broader atmospheres and nuances within them.

Georg Zeppenfeld has been a Bayreuth Festival stalwart since his debut there in 2010. In Barrie Kosky’s production of Die Meistersinger he sang the Nightwatchman in 2017 and Pogner in 2021. He now added the role of Hans Sachs to his repertory. His voice was, and continues to be, particularly at ease with the lower registers of his canon of bass roles (such as King Marke, Gurnemanz, Hunding), which have been central to his career so far. In comparison, the role of Hans Sachs is composed for the bass-baritone voice, as is the role of Wotan, for example. Thus, it was particularly impressive how well Zeppenfeld mastered this transition. His voice was agile and flexible, and he was particularly good at bringing across vocally his character’s frequent and very sudden mood swings. Michael Nagy sang Beckmesser with considerable vocal elegance, Jongmin Park characterised Pogner as a dignified and unknowingly narrow-minded father; he sang with a very sonorous, broad voice, which he kept under keen control throughout.

When Michael Spyres as Walther at one point imitated Sachs in conversation with Eva, he gave a brief display of his vocal range, which led to him to be referred to as baritenor, because for that short moment he revealed his baritone register, suggesting he could have sung a baritone role in that or any other opera just as well. His acting was precise and displayed a great sense of comical gestures and timing. His singing was ardent, his intonation accurate, his pronunciation clear. The lower register was of course strong, and the higher range did not sound too baritonal with a ringing top range. There were passages, however, when his voice, despite all those aspects of a beautiful sound, did not sound as free and open as at other times. Christina Nilsson was delightful as Eva. She was a contemporary young woman, with her own ideas and her own mind. She found that way of her own in the midst of the adherence to tradition she was surrounded by. She decided to go along with some of it (or indeed a lot of it, including being bartered off like a prize cow to the winner of the competition), but she knew when that limit had been reached.

At the end of the opera, Walther seemed to have been convinced by Sachs to accept the honour of becoming a mastersinger and thus entering and further perpetuating that aspect of tradition. As a sign of this acceptance, he received again the chain of office from Sachs which he had earlier returned to him. At that moment – and in contravention of the plot as set down by Wagner – Eva now stepped up, took that chain from Walther, calmly walked over to her father, Pogner, and placed it into his hands with a sense of unshakeable determination, rather than resentment or anger. Together with Walther she then left the fairground area. Nilsson’s voice was bright, clear, with exquisite top notes and an impressive art of crescendo.

The production highlighted an often-overlooked problem inherent in the constellation of the characters and their assumed ages: Magdalene is supposed to be Eva’s nurse, suggesting she is older than Eva. David is Sachs’s apprentice, suggesting he is of a similar age as Walther and Eva. Magdalene and David are engaged to be married, so there must be some age gap between them. Matthias Stier contributed a fresh-voiced and young-looking David, again with a good sense of comic acting. Christa Mayer was Magdalene, appropriately cast as the more mature woman, and the difference in their ages between her Magdalene and Stier’s David gave rise to further questions about their relationship with Magdalene displaying some hints of motherly behaviour. Mayer sang with a well-rounded, beautiful mezzo-soprano voice.

The mastersingers were all cast with singers who have excelled in major Wagner roles elsewhere, such as Hans Foltz sung by Patrick Zielke (who was Gurnemanz in Bremen in 2017).

Daniel Meyer-Dinkgräfe   

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Seen and Heard International

Meistersinger feature a Technicolor look - and a twist

In Wagner’s home theater, a twist has been added to the classic opera “Die Meistersinger von Nürnberg.” Instead of Walther joining the guild of master singers and preparing to marry Eva after he wins the song contest, in Bayeuth’s new version she grabs the medal out of the young knight’s hands, returns it to her father, then leads her future husband offstage for a future forsaking the traditions of their family and city.

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Bayreuth’s 2025 production of Wagner’s ‘Meistersinger’ features a Technicolor look — and a twist

 

BAYREUTH, Germany (AP) — In Wagner’s home theater, a twist has been added to the classic opera “Die Meistersinger von Nürnberg.”

Instead of Walther joining the guild of master singers and preparing to marry Eva after he wins the song contest, in Bayeuth’s new version she grabs the medal out of the young knight’s hands, returns it to her father, then leads her future husband offstage for a future forsaking the traditions of their family and city.

“No thank you. Let’s go!” explained soprano Christian Nilsson, who is singing Eva in her role debut. “She is a strong girl.”

Matthias Davids’ production runs through Aug. 22, emphasizing entertainment with a Hollywood Technicolor look highlighted by an upside-down inflatable cow and a tiny St. Catherine’s Church atop 34 steep steps.

Cow image dominates set

Nilsson’s Eva arrives for the Feast of St. John. encased in flowers with additional blossoms in her headdress, carried atop horizontal poles by four men.

“We were always referring to Eva as the prize cow. We said she is sold like a prize cow,” said Davids, a 63-year-old German director known for his work in theater musicals.

That idea led to the huge heifer, manufactured by a company that makes inflatables and covered with flame retardant coating, according to set designer Andrew Edwards.

Sixtus Beckmesser, the petulant town clerk who loses the song contest to Walther, pulls the plug on the cow, which darkens and sags, during the final oration defending the imperative of German art by the cobbler Hans Sachs.

While Sachs runs to restore the connection — reinflating the bovine balloon and restoring light — the young lovers reject him and what he stands for. Townspeople, many wearing conical red caps that give them elf-like looks, shrug their shoulders at the final notes as Sachs and Beckmesser argue upstage.

Wagner’s happy ending not always kept

When “Meistersinger” premiered in 1868, Wagner presented a happy ending in which Walther and Eva joined together and he is admitted to guild. Davids’ ending is less jarring than Kasper Holten’s 2017 Covent Garden staging, set in a men’s club where Eva is horrified Walther would want to join the misogynistic Meistersingers and runs away in tears.

“I saw some productions and I always found them kind of heavy and meaningful,” Davids said.

He read Wagner’s letters about his desire to produce a comedy to earn money and decided to search for lightness and humor while realizing comedy can’t constantly sustain over four hours. Details were worked out during rehearsals, with Davids inspired by the chemistry of Nilsson and tenor Michael Spyres, who also was making his debut as Walther.

Nilsson maintains a beatific beam during Walther’s prize song.

“I really felt like in this production Eva and Walther truly had a fun connection — fun, young, loving connection — and I just leaned into that and listened to Spyres’ beautiful tenor,” Nilsson said.

Bringing levity, and an Angela Merkel look-alike, to the stage

Davids’ contrast was sharp from Barrie Kosky’s 2017 production, set partly in Wagner’s home of Wahnfried and the Nuremberg trials courtroom, with Walther and Sachs portrayed as Wagner of various ages.

This time Georg Zeppenfeld was a grandfatherly Sachs in an argyle button through sweater vest. Beckmesser, played fussily but without histrionics by Michael Nagy, had a shimmering silver sweater below a cream Trachten jacket, mirror sunglasses and lute transformed to resemble a heart-shaped electric guitar outlined by pink light that gave him an Elvis Presley look. Jongmin Park, an imposing Pogner as Eva’s father, was attired in a more flowing robe.

Eva wore a traditional dirndl and Walther, an upstart, a punkish T-shirt. Susanne Hubrich costumed various townspeople to resemble German entertainer Thomas Gottschalk, comedian Loriot, fans of the soccer club Kickers Offenbach and former German Chancellor Angela Merkel.

“Ms. Merkel is a Wagner fan and attends the Bayreuth Festival almost every year,” Hubrich said. “I spoke with her after opening night. She was amused.”

Edwards, the set designer, had orange and yellow spears of light that resemble fairgrounds and included architectural details from the Bayreuth auditorium such as circular lamps in sets of three in the church and seats like the ones the audience was viewing from.

Conductor Daniele Gatti, returning to Bayreuth for the first time since 2011, and the cast were rewarded with a positive reception from a spectators known to make displeasure known after more provocative performances.

“Just looking around the audience, there was a lot more smiles on people’s faces at the end than normally you see at the end of Wagner productions,” Nilsson said.

 

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AP (Ron Blum)

Möge das Fest beginnen!

Der Erfolg dieser Produktion beruht auf der außergewöhnlichen Einfallsfreude des genialen Regisseurs Matthias Davids, der immer weiß, wie weit er „zu weit gehen“ darf, und der im Programm einen Artikel mit dem Titel „Eine kolossale Komödie“ beisteuert. Alles ist gesagt! Alles begeistert hier, nichts ist überflüssig, alles sitzt!

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Les Maîtres Chanteurs à Bayreuth: que la fête commence!

Le 11 août 2025 par Patrick Jézéquel
Bluesky

Aujourd’hui, pour la troisième fois, retentissent à l’intérieur des murs du Festspielhaus Les Maîtres Chanteurs de Nuremberg (1868), sixième des opéras majeurs de Richard Wagner et pendant burlesque de son Tannhäuser. L’occasion pour le metteur en scène Matthias Davids d’en exploiter à fond la veine comique pour cette nouvelle production. Participent génialement à ce feu d’artifice les directions de Daniele Gatti à la baguette et du chef de chœur Thomas Eitler-de Lint.

Longtemps les notes du prélude, plein d’entrain, de vie, de santé, résonneront dans les oreilles des spectateurs. Tous les motifs du drame musical y figurent dans une forme symphonique, avec force répétitions (principe à l’œuvre encore dans la reprise par Walther de l’air qui finalement le fera gagner), et c’est tout l’art du Festspielorchester, dirigé par Daniele Gatti, d’en faire sentir toutes les nuances d’intensité et l’étagement des lignes, bref d’en livrer une interprétation à la fois claire et expressive sans donner l’impression d’un rabâchage.

Le rideau se lève sur un décor (d’Andrew D. Edwards) plutôt sobre (et suffisant) qui se résume à un très long escalier coiffé d’une église. Détail cocasse près de la première marche : le discret panneau de signalisation triangulaire mettant en garde contre les dangers de chute. Le fougueux Walther von Stolzing (formidable Michael Spyres, tantôt emporté, tantôt mesuré) accoste Eva Pogner (admirable Christina Nilsson, les qualificatifs pour la louanger manquent…) à la sortie de la messe. D’emblée, nous sommes plongés dans l’atmosphère d’une comédie et ne pouvons nourrir quelque doute sur son heureuse issue. Cette jovialité, cette légèreté s’expriment avec beaucoup de naturel dans les déplacements primesautiers de ces personnages ainsi que les échanges qu’ils ont entre eux et avec le couple David (Matthias Stier, personnage bouffon irrésistible dans son genre)-Magdalene (Christa Mayer, très belle voix de mezzo-soprano, parfaite dans son rôle complémentaire aux côtés d’Eva et de David). C’est suffisamment rare, sinon unique, chez Wagner pour être souligné. On se croirait chez Molière ou Beaumarchais. Cette dimension véritablement populaire de l’œuvre réjouit et captive à la fois. Le décor va tourner sur lui-même pour s’ouvrir sur le lieu de réunion de la guilde, où apparaissent tous les autres acteurs principaux : Veit Pogner, le père d’Eva (Jongmin Park, très digne orfèvre à l’exceptionnelle présence scénique et dont la voix de basse profonde emplit toute la salle) ; le greffier Sixtus Beckmesser (Michael Nagy, incroyablement facétieux et hilarant) ; Hans Sachs (Georg Zeppenfeld, LE grand rôle du drame) ; le boulanger Fritz Kothner (Jordan Shanahan, secrétaire) ainsi que tous les autres maîtres. La drôlerie atteint son comble quand la réunion vire au chaos et que les maîtres, tous un peu loufoques, ne dialoguent plus, mais semblent parler en aparté et gesticuler dans le vide.

Les costumes (dus à Susanne Hubrich) mêlent de façon très heureuse les tenues contemporaines et traditionnelles. Car, en pleine bouffonnerie, nous sommes bien dans un ouvrage patriotique, et Hans Sachs chantera que l’art reçoit l’âme de la nation. D’où les chapeaux à plume, les gilets, les culottes de peau tyroliennes, les robes à carreaux, les nattes blondes, les enseignes diverses (bretzel, cochon, clé…) signalant les métiers sur les murs de maisons à pans de bois, les sapins, ou encore les pancartes routières recouvertes de noms fantaisistes (« Bellini – Ufer », « Fliederweg », « Schopenhauer Platz »…) écrits en lettres gothiques. Germanisme certes, mais autodérision de Wagner pastichant dans cette partition certains de ses autres opéras. D’ailleurs, le dernier tableau, d’un kitch assumé rappelant le visuel très graphique et coloré du plateau et du fronton d’un flipper, sera surmonté d’une énorme vache gonflable elle-même bariolée et allongée sur le dos ! Allusion à l’affiche (reproduite dans le programme) dessinée à la fin de la Première Guerre mondiale par Benjamin Rabier, montrant une vache hilare, avec pour titre «La Wachkyrie» !

Le succès de cette production repose donc sur l’extraordinaire inventivité du génial metteur en scène Matthias Davids, qui sait toujours jusqu’où « aller trop loin » et qui signe dans le programme un article intitulé : « Eine kolossale Komödie » Tout est dit ! Tout enchante ici, rien n’est jamais gratuit, tout fait mouche ! Ainsi, à l’acte I, de l’énorme banderole que déroule Beckmesser, sur laquelle sont écrits toute une série d’énormes « Nein » signifiant le jugement tranché du « marqueur » sur la tentative de Walther d’accéder à la maîtrise. Ainsi, à l’acte II, de la cabine téléphonique jaune transformée en bibliothèque gratuite et qui servira de refuge à plusieurs personnages à une cadence rappelant l’enchaînement des gags dans les films de Chaplin. Ainsi, à l’acte III, des deux « couples », l’un (un homme et une femme) aux coiffures blondes et aux robes longues pistache – clin d’œil à Angela Merkel et à ses tenues flashy – ; l’autre, deux « jumeaux » aux cheveux peroxydés coiffés en pétard et à la veste brillante, copies conformes du fameux animateur de télévision allemand Thomas Gottschalk. Ainsi encore, aux actes II et III, des prestations désopilantes de Beckmesser en rock star massacrant son air sur une mandoline dont la caisse, transparente, est en forme de cœur !

Le seul personnage « sérieux » est aussi le plus présent, c’est le vieux cordonnier Hans Sachs. Il faut le très grand talent, la technique et la voix infaillible ainsi que l’endurance d’un Georg Zeppenfeld pour être tour à tour l’animateur bienveillant de la guilde, le conseiller attentif de Walther, le moqueur de Beckmesser, le moraliste amer et l’amoureux malheureux d’Eva. Mais, si les solistes sont tous excellents, il faut également insister sur la performance du Festspielchor – rassemblant diverses nationalités (chilienne, canadienne, finlandaise, néozélandaise, sudafricaine, asiatique) et donc des artistes formés à des écoles différentes –, qui chante d’une seule voix, danse et se meut merveilleusement, selon le rythme haletant des comédies américaines. Dans le long entretien qu’il donne à la Bayreuther Festspielzeitung, Thomas Eitler-de Lint, son chef, affirme qu’il a une idée très claire de la manière dont le chœur à Bayreuth doit sonner. Ce son spécial – « Bayreuth-Klang » – se caractérise par des voix corpulentes et solides avec un timbre sombre. Et d’ajouter que trois choses lui importent : une intonation propre, peu de vibrato et une technique solide. Le résultat est probant !

Cette production? Une totale réussite ! Le public ne s’y trompe pas, qui réserve à Christina Nilsson un tonnerre d’applaudissements, de hourras et de battements de pieds sur le plancher de bois. La chanteuse en est tout émue. Mais tout le monde est ovationné et l’acclamation dure un gros quart d’heure.

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ResMusica.com, Patrick Jézéquel

Reines Vergnügen

Die neue Inszenierung von Wagners Komödie ist perfekt durchdacht, gesungen und gespielt. „Kolossale Komödie“ – so sieht der deutsche Regisseur Matthias Davids, der weiß, wovon er spricht, "Die Meistersinger von Nürnberg". Die Oper wird hier zum reinen Vergnügen – aber nicht nur das. Mit einer geschickten Mischung aus intimen Momenten, musikalischer Raffinesse und lärmender Pracht, die bisweilen fast überbordet, hebt sich die Inszenierung durch ihre hybride Form hervor.

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Les « Maîtres chanteurs de Nuremberg » de Richard Wagner, Festival de Bayreuth 2025

Wagner à la foire

Très vivante et colorée, la nouvelle production de la comédie de Wagner est parfaitement réglée, chantée et jouée.

«Kolossale Komödie». C’est ainsi que le metteur en scène allemand Matthias Davids, qui sait de quoi il parle, voit Les Maîtres chanteurs de Nuremberg dont le Festival de Bayreuth a offert cette année une nouvelle production. L’opéra lesté jusqu’à présent d’un lourd passif politique, y devient l’objet d’un pur divertissement, mais pas que. Avec un savant dosage de moments d’intimité, de raffinement musical et d’éclats tapageurs orchestrant un déploiement de moyens, de formes et de couleurs allant parfois jusqu’à l’overdose, cette nouvelle production se distingue par sa forme hybride. Sans toutefois recourir aux artifices des nouvelles technologies ni aux facilités de la vidéo.

Alternant moments de grâce enfantine et charivaris incroyablement kitsch, le spectacle parfaitement rôdé se poursuit de manière très fluide pendant plus de six heures (dont deux entractes) sans aucune anicroche, requérant le concours d’une foule d’artistes sur scène et dans la fosse (invisible comme on sait) du Festspielhaus. Bref, la production est estampillée « Bayreuthe Qualität », perfection que l’on ne retrouve nulle part ailleurs et qui, contre vents polémiques et marées budgétaires, maintient son cap.

Selon la tradition, la production qui a remporté cet été un immense succès, sera reprise en principe telle quelle pendant les trois prochaines éditions du Festival bavarois avant de laisser placer à une nouvelle version. Les sur-titres étant toujours bannis à Bayreuth afin ne pas distraire le public (malgré les innovations techniques importantes apportées depuis l’époque de Wagner, comme le Parsifal avec lunettes de réalité augmentée il y a deux ans), il est fortement recommandé aux non germanophones de lire très attentivement le synopsis de l’œuvre avant le spectacle afin de pouvoir suivre les nombreuses scènes de dialogues chantés propres à Wagner.

Déjà un fleuve

Achevés en 1868 au terme d’une longue gestation commencée vingt ans plus tôt, Les Maîtres chanteurs sont en effet la seule comédie composée par Richard Wagner – hormis un ouvrage de jeunesse aujourd’hui oublié, La Défense d’aimer (1836). Opéra fleuve, le plus long de tous ceux du compositeur (avec un troisième et dernier acte tenant le record de l’histoire du théâtre lyrique), l’œuvre créée à Munich se voulait populaire et devait permettre au compositeur de se refaire une santé financière mise à mal par les échecs précédents et le colossal projet du Ring.

Le livret (comme toujours signé par Wagner lui-même) ne baigne ni dans le légendaire ni dans le mythique, mais exalte la période historique du XVIe siècle dans la ville impériale de Nuremberg à son apogée. Un temps béni selon Wagner, où les guildes d’artisans favorisaient des concours de chant entre des artistes qui, tout en se conformant à certaines règles de composition, devaient faire preuve d’invention. Et, exceptionnelle dans l’œuvre de Wagner, une histoire d’amour heureux (mais pas très crédible) entre Walther et Eva, frappés d’un coup de foudre réciproque dès la première scène.

Cette innovation thématique s’accompagne bien sûr d’une volonté de régénérer l’art musical. En ligne de mire : une renaissance de l’art allemand à partir des sources du passé. L’opéra s’ouvre sur un choral majestueux évoquant le baptême de saint Jean-Baptiste dans les eaux du Jourdain, et le chevalier chanteur Walther apparaît comme la préfiguration d’un nouveau génie façonné par le maître cordonnier Hans Sachs. À son école, Walther va devenir la forme accomplie de l’artiste poète musicien qui met son inspiration au service de la tradition des Maîtres chanteurs tout en élargissant sa palette musicale de nouvelles couleurs.

Tout feu tout flamme

À cet égard, les deux personnages principaux apparaissent à des titres divers comme des doubles de Wagner : l’un imaginaire, le jeune chevalier Walther von Stolzing, aristocrate doué mais tout feu tout flamme, rétif aux règles ; l’autre, figure historique qui a réellement existé au XVIe siècle, le maître cordonnier Hans Sachs qui tente de discipliner le premier tout en favorisant l’éclosion de son génie créateur. S’il ne comporte aucun enjeu dramatique à proprement parler, l’opéra met en place une joute finale entre Walther et son unique concurrent, le greffier de la ville, Sixtus Beckmesser, être ambitieux mais obtus, dépourvu de talent. Le prix en est la main de la jeune Eva, la fille du maître orfèvre Veit Pogner, figure tutélaire respectée de la confrérie.

Alors qu’elle n’a qu’une visée purement esthétique, l’œuvre a été accaparée par les nazis qui y ont vu une exaltation du génie proprement allemand (Les Maitres chanteurs était l’opéra favori d’Hitler). Depuis lors, ses représentations sont toujours accueillies avec des pincettes à Bayreuth. La dernière version que nous y avons vue remonte à 2017, où le metteur en scène australien Barrie Kosky fournissait une vision pleine d’invention mais n’hésitait pas à traîner Wagner lui-même à la barre du Procès de Nuremberg. Rien de politique, encore moins de polémique, dans la version proposée aujourd’hui, mais un joyeux barnum, mélange d’anachronismes et de burlesque où les scènes s’enchaînent avec la vivacité d’un théâtre de foire ou d’un conte d’enfants.

Angela Merkel parmi les choristes

Très imaginatifs, les décors de Andrew D. Edwards résument la ville de Nuremberg et ses maisons à colombages : au premier acte à une église perchée au sommet d’un abrupt et immense escalier de conte de fée, au deuxième à un pittoresque village à découper dans un livre d’enfants, au troisième à un théâtre de fête foraine ou à un plateau de divertissement télé, genre Eurovision.

Les costumes quant à eux juxtaposent allégrement jeans, sweat-shirts contemporains et magnifiques tenues traditionnelles bavaroises, Lederhosen (culottes de peau) et gilets brodés pour les hommes, Dirndl (robes colorées) pour les dames. Eva, quant à elle, se retrouve pour le concours final enfouie dans une énorme pyramide de fleurs, un peu comme le chien de Jeff Koons à Bilbao. Si la silhouette familière et la robe vert pomme d’Angela Merkel, fidèle spectatrice du Festival, dont le sosie est immergé parmi les choristes, nous est reconnaissable, beaucoup de citations visuelles nous restent hermétiques. Comme ces pièces de rébus brandies au premier acte par les jeunes choristes (inconnues aussi aux spectateurs allemands interrogés à l’entracte qui n’ont, il est vrai, ni l’âge ni l’intérêt pour ce genre de spectacle télévisé !).

Cette débauche visuelle criarde serait insupportable si elle n’était contrebalancée par des séquences d’intimité recueillie. Comme la rencontre entre Eva et Walther au pied de l’église, au premier acte, ou encore l’atelier de Hans Sachs, au début du troisième, sorte de barque à fond plat, bulle ou cocon propice à la réflexion et à la création où, dans une scène magnifique de sobriété, le maître cordonnier réfléchit aux conditions de la composition musicale.

Fluidité sans pareille

Dès le prélude qui retentit avec majesté, tous rideaux fermés, la réussite du spectacle apparaît clairement liée à la qualité de la direction musicale de Daniele Gatti. Fin connaisseur d’une œuvre qu’il a déjà dirigée, le chef italien maintient tout au long du spectacle une fluidité sans pareille et les quelques longueurs qui se manifestent au fil des scènes ne sont pas de son fait mais de l’interprétation scénique parfois lourdingue. L’ampleur orchestrale et chorale des énormes masses mise en jeu n’hypothèque jamais le phrasé des solistes, comme on le voit notamment dans l’admirable quintette amoureux du troisième acte. Sous sa baguette invisible, l’Orchestre du Festival de Bayreuth fait preuve d’une énergie communicative qui ne faiblit jamais jusqu’au finale en apothéose. Quant au chœur de Bayreuth, il montre sa force et sa subtilité dans le fameux « Wach auf… », choral composé par le véritable Hans Sachs et repris par Wagner.

Ce même Hans Sachs est le véritable héros de la soirée, incarné par le baryton-basse Georg Zeppenfeld en grande forme, d’une élégance scénique et d’une stature vocale impressionnantes, tour à tour figure de pédagogue paternel et d’autorité tonnante, il teinte de couleurs personnelles son interprétation de l’artisan-poète-musicien, sorte d’idéal humaniste réalisé.

Malgré un physique pas précisément avantageux, le ténor américain Michael Spyres incarne un Walther plein de charme avec une diction en allemand irréprochable. Moins flamboyant que d’autres ténors dans ce rôle, il tient la distance dans la nuance et la retenue, séduisant dans son fameux air esquissé dès le premiers acte et développé et amendé tout au long des actes suivants « Am Stillem Herd… ». Révélation du festival, la soprano Christina Nilsson, qui lui donne la réplique, campe une Eva déterminée, d’une grande puissance vocale dans les aigus, s’imposant dans les duos comme dans les ensembles.

Véritable clown, le baryton Michael Nagy en Beckmesser punk parvient à chanter faux avec un art consommé, digne des plus grands routiers de la scène. Parmi les second rôles, se distingue le Pogner du coréen Jongmin Park, stature de commandeur et voix de basse rayonnante. Révélation de la soirée, le ténor taïwanais Ya-Chung Huang qui remplaçait au pied levé Matthias Stier, a montré en David, apprenti de Hans Sachs, une personnalité pleine de vivacité scénique et de charme vocal.

Cette production des Maitres chanteurs de Nuremberg sera reprise à partir de l’édition 2027 du Festival de Bayreuth.

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webtheatre.fr

Endlich hat Bayreuth gelacht

Matthias Davids gelang es, eine helle und attraktive Bühne mit reicher und abwechslungsreicher Personenführung zu schaffen, die nicht nur die siebzehn Solisten des riesigen Ensembles einbezog, sondern auch jedes einzelne der rund hundert Chormitglieder. Alle wurden individuell in Szene gesetzt und choreografiert, so dass lebendige und amüsante Bilder entstanden, die das sachkundige Bayreuther Publikum – nicht gerade bekannt für spontane Heiterkeit – zu mehreren hörbaren Lachern hinrissen.

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Por fin se rió Bayreuth

(Deutsche Übersetzung unten!)

Actualizado: h
Festival de Bayreuth. Festspielhaus. 25-VII / 22 VIII de 2025. Richard Wagner: Los maestros cantores de Núremberg. Reparto: Georg Zeppenfeld (Hans Sachs), Michail Nagy (Sixtus Beckmesser), Jongmin Park (Veit Pogner¬), Michael Spyres (Walther), Matthias Stier (David), Christina Nilsson (Eva), Christa Mayer (Magdalene), etcétera. Dirección de escena: Matthias Davids. Escenografía: Andrew D. Edwards. Vestuario: Susanne Hubrich. Iluminación: Fabrice Kebour. Coro y Orquesta titulares del Festival de Bayreuth. Dirección de coro: Thomas Eitler de Lint. Dirección musical: Daniele Gatti.

Este verano está teniendo lugar la 149º edición del Festival de Bayreuth que se abrió, como es costumbre, el pasado 25 de julio con siete funciones –todas ellas vendidas– de Die Meistersinger von Nürnberg que terminaron el pasado viernes, 22 de agosto, con la ocurrente nueva producción del director alemán Matthias Davids (1962) y dirección musical de Daniele Gatti.

La poderosa imagen totalmente kirsch de una inmensa vaca hinchable de colores chillones, situada boca bajo sobre la luminosa escena de la pradera del tercer acto, ha dado la vuelta al mundo convirtiéndose en la foto reclamo de la actual edición del festival que concluirá mañana con Parsifal, dirigida musicalmente por tercer año consecutivo por Pablo Heras-Casado. La escenografía, diseñada por Andrew D. Edwards, tuvo su punto culminante en el tercer acto conclusivo de la ópera, que fue de una mucha vistosidad y estaba presidida por una gran estrella luminosa formada por decenas de bombillas parpadeantes situada en el fondo del escenario que nos recordaba la final de un Concurso de Eurovisión de los años noventa. En el centro Eva, la protagonista femenina de la ópera, envuelta con un enrome mazo de flores, como si fuera la Pilarica. Ella era el premio que Pogner, su padre y maestro cantor, ofrecía al vencedor del concurso de canto. Fue sin duda el acto más impactante de una producción brillante y divertida, que no ha gustado a más de un wagneriano obstinado, a pesar de que estamos ante la única ópera cómica que compuso el trascendente Richard Wagner.

Matthias Davids fue capaz de crear una luminosa y atractiva escena con un movimiento escénico rico y variado, que consiguió no solo con los diecisiete solistas del inmenso reparto vocal sino también con todos y cada uno del centenar de miembros del coro, perfectamente individualizados y coreografiados creándoles divertidas y bulliciosas escenas que deleitaron (y mucho) al conocedor público del festival wagneriano que en estas representaciones llegó a exteriorizar más de una sonora carcajada.

La monumentalidad de la segunda escena del tercer acto contrastó poderosamente con la sencillez y economía de medios con la que Davids y su escenógrafo Edwards concibieron el intimo taller del zapatero Hans Sachs. Ubicado en el tercio central del inmenso escenario del Festspielhaus de Bayreuth. Además consiguió un eficaz y radical cambio de escenario, totalmente a vistas, para crear en poco menos de dos minutos la bulliciosa escena de la pradera del tercer acto con el concluye la octava ópera de Richard Wagner. De las trece obras líricas que compuso el genial compositor alemán, Los maestros cantores es una de las óperas más largas de la historia del género lírico, alrededor de cuatro horas y media solo de música, que en Bayreuth puede llegar a durar más de seis horas y media debido a sus largos descansos.

Daniele Gatti (Milán, 1961) no aparecía por Bayreuth desde aquel magnífico Parsifal producido escénicamente por Stefan Herheim (2008), ya que tuvo que renunciar al año siguiente a la nueva Tetralogía por las infundadas acusaciones del “Me too”, que luego quedaron en nada. Su dirección de los Maestros, en consonancia con la vitalidad y ligereza de la producción escénica de Matthias Davids, fue muy detallista, con tiempos vivos y una cuidada claridad de texturas, sacando de la magnífica orquesta del festival un sonido elegante y refinado. Por supuesto, en las antípodas de otras lecturas (igualmente válidas) de intensidad y densidad sonora mucho más ampulosas de otros grandes directores wagnerianos como Daniel Barenboim o Christian Thielemann.

El reparto estuvo encabezado por el gran bajo wagneriano Georg Zeppenfeld, como el zapatero Hans Sachs, que interpretó esta exigente parte como si se tratara de un enorme Lied. Realmente emocionante su actuación, Zeppenfeld lució una dicción inmaculada y un canto sosegado y firme sin llegar caer nunca, como tantos otros colegas suyos, en un inapropiado sprechgesang. El personaje del malévolo administrador municipal y maestro cantor Sxtus Beckmesser, el contra-Sachs, es la otra gran parte vocal de la partitura y estuvo encarnada por el barítono alemán Michael Nagy, que bordó la parte con una actuación realmente cómica, y divertida aportando al personaje lirismo y frescura vocal, además de una actuación escénica intachable.

Walther, el papel menos wagneriano de la ópera, lo interpretó el tenor estadounidense Michael Spyres, ahora tan de moda, cantó como demanda el personaje, con buen gusto y una emisión muy musical y clara, luciéndose especialmente en la “canción del premio”. El otro tenor Matthias Stier, como David, fue el cantante más flojo del reparto con algunos problemas en la octava aguda y una timbre vocal no demasiado atractivo. La adolescente y encantadora Eva, hija del maestro Pogner, estuvo muy bien servida por la soprano sueca Christina Nilsson, de excelente línea y poseedora de una voz atractiva de lírica pura de indudable atractivo. El resto del elenco tuvo un buen tono general e incluía al resto de los Maestros y al Sereno, un auténtico lujo en estas representaciones al contar con la estupenda voz del bajo Tobias Kehrer, un habitual de Bayreuth. Formidable el coro del festival, dirigido desde este verano por Thomas Eitler de Lint, que bordó el último acto.

En definitiva, una velada muy divertida escénicamente y bien resuelta en la parte musical, gracias a un excelente reparto y un sólido maestro, felizmente recuperado en el mítico foso del Palacio de Festivales de Bayreuth.

ÜBERSETZUNG (ChatGPT)

Endlich hat Bayreuth gelacht

Antonio Moral
Aktualisiert: 25/08/2025 – 13:51 Uhr

Bayreuther Festspiele. Festspielhaus. 25. Juli – 22. August 2025. Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg. Besetzung: Georg Zeppenfeld (Hans Sachs), Michail Nagy (Sixtus Beckmesser), Jongmin Park (Veit Pogner), Michael Spyres (Walther), Matthias Stier (David), Christina Nilsson (Eva), Christa Mayer (Magdalene), etc. Regie: Matthias Davids. Bühnenbild: Andrew D. Edwards. Kostüme: Susanne Hubrich. Licht: Fabrice Kebour. Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele. Einstudierung Chor: Thomas Eitler de Lint. Musikalische Leitung: Daniele Gatti.

In diesem Sommer findet die 149. Ausgabe der Bayreuther Festspiele statt, die wie gewohnt am 25. Juli eröffnet wurden – diesmal mit sieben Vorstellungen von Die Meistersinger von Nürnberg, allesamt ausverkauft, die am vergangenen Freitag, dem 22. August, mit der originellen neuen Inszenierung des deutschen Regisseurs Matthias Davids (1962) und unter der musikalischen Leitung von Daniele Gatti endeten.

Das mächtige, völlig kitschige Bild einer riesigen, knallbunten aufblasbaren Kuh, die kopfüber über der hell erleuchteten Wiesen-Szene des dritten Akts schwebte, ging um die Welt und wurde zum Symbolfoto der diesjährigen Festspiele, die morgen mit Parsifal enden, musikalisch bereits zum dritten Mal in Folge dirigiert von Pablo Heras-Casado. Das Bühnenbild von Andrew D. Edwards erreichte seinen Höhepunkt im finalen dritten Akt der Oper, der durch große Farbigkeit bestach und von einem riesigen, aus dutzenden blinkenden Glühbirnen geformten Stern dominiert wurde – eine Szenerie, die an das Finale eines Eurovision Song Contest der 1990er Jahre erinnerte. Im Mittelpunkt stand Eva, die weibliche Hauptfigur der Oper, umgeben von einem gewaltigen Blumenstrauß, fast wie eine „Pilarica“. Sie war der Preis, den Pogner, ihr Vater und Meistersinger, dem Sieger des Gesangswettbewerbs versprach. Ohne Zweifel der eindrucksvollste Akt einer brillanten und vergnüglichen Produktion, die manchem starrsinnigen Wagnerianer missfiel – obwohl es sich hier um die einzige komische Oper des so tiefgründigen Richard Wagner handelt.

Matthias Davids gelang es, eine helle und attraktive Bühne mit reicher und abwechslungsreicher Personenführung zu schaffen, die nicht nur die siebzehn Solisten des riesigen Ensembles einbezog, sondern auch jedes einzelne der rund hundert Chormitglieder. Alle wurden individuell in Szene gesetzt und choreografiert, so dass lebendige und amüsante Bilder entstanden, die das sachkundige Bayreuther Publikum – nicht gerade bekannt für spontane Heiterkeit – zu mehreren hörbaren Lachern hinrissen.

Die Monumentalität der zweiten Szene des dritten Akts stand in starkem Kontrast zur Schlichtheit und sparsamen Mitteln, mit denen Davids und Bühnenbildner Edwards die intime Werkstatt des Schusters Hans Sachs gestaltet hatten – platziert im mittleren Drittel der riesigen Bayreuther Bühne. Zudem gelang ihnen ein effektvoller und radikaler Szenenwechsel, völlig sichtbar für das Publikum, bei dem in kaum zwei Minuten aus dieser Werkstatt die festliche Wiesen-Szene des dritten Akts wurde, die Wagners achte Oper beschließt. Die Meistersinger zählt zu den längsten Opern der Musikgeschichte – rund viereinhalb Stunden Musik, die in Bayreuth aufgrund langer Pausen leicht über sechseinhalb Stunden dauern können.

Daniele Gatti (Mailand, 1961) war seit jenem großartigen Parsifal in der legendären Inszenierung von Stefan Herheim (2008) nicht mehr in Bayreuth erschienen, da er im Folgejahr wegen unbegründeter „Me too“-Vorwürfe die neue Ring-Produktion aufgeben musste – Anschuldigungen, die später ins Leere liefen. Seine Lesart der Meistersinger, im Einklang mit der Vitalität und Leichtigkeit von Davids’ Inszenierung, war detailreich, mit lebhaften Tempi und klar durchhörbarer Textur. Er entlockte dem Festspielorchester einen eleganten, feinen Klang – ganz im Gegensatz zu den (ebenfalls gültigen) monumentalen und klangmächtigen Deutungen anderer großer Wagner-Dirigenten wie Daniel Barenboim oder Christian Thielemann.

Das Ensemble wurde angeführt vom großen Wagner-Bass Georg Zeppenfeld als Schuster Hans Sachs, der diese anspruchsvolle Partie wie ein gewaltiges Lied gestaltete. Seine Darbietung war wirklich bewegend: makellose Diktion, ein ruhiger und fester Gesang, ohne jemals – wie so viele andere Kollegen – in ein unangemessenes Sprechgesanghaftes abzugleiten. Die zweite große Rolle, die des bösartigen Stadtschreibers und Gegenspielers Beckmesser, wurde vom deutschen Bariton Michael Nagy verkörpert, der die Partie mit viel Komik und Witz gestaltete und der Figur zugleich Lyrismus und vokale Frische verlieh – szenisch tadellos.

Walther, die wohl „un-wagnerischste“ Partie der Oper, sang der derzeit hochgehandelte amerikanische Tenor Michael Spyres. Er gestaltete sie geschmackvoll, mit klarem, musikalischem Vortrag und glänzte besonders im „Preislied“. Der zweite Tenor, Matthias Stier als David, war das schwächste Glied des Ensembles, mit Problemen in der Höhe und nicht allzu attraktivem Timbre. Die junge und bezaubernde Eva, Tochter des Meisters Pogner, war bei der schwedischen Sopranistin Christina Nilsson in besten Händen: eine schöne Linie, eine edle lyrische Stimme von unbestreitbarem Reiz. Das übrige Ensemble hielt ein gutes Niveau, mit allen weiteren Meistersinger-Rollen und dem Nachtwächter – ein wahrer Luxus in dieser Produktion, da er mit der prächtigen Stimme des Bassisten Tobias Kehrer, einem Bayreuth-Stammgast, besetzt war. Hervorragend auch der Festivalchor, seit diesem Sommer von Thomas Eitler de Lint geleitet, der den letzten Akt meisterlich gestaltete.

Alles in allem ein szenisch sehr vergnüglicher und musikalisch überzeugender Abend – dank eines ausgezeichneten Ensembles und eines starken Dirigenten, der glücklich ins legendäre Festspielhaus zurückgekehrt ist.

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Articulo 14

Termine

25. Juli 2025, 16:00 Uhr
Bayreuther Festspielhaus

02. August 2025, 16:00 Uhr
Bayreuther Festspielhaus

05. August 2025, 16:00 Uhr
Bayreuther Festspielhaus

11. August 2025, 16:00 Uhr
Bayreuther Festspielhaus

14. August 2025, 16:00 Uhr
Bayreuther Festspielhaus

19. August 2025, 16:00 Uhr
Bayreuther Festspielhaus

22. August 2025, 16:00 Uhr
Bayreuther Festspielhaus